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Audio: Inforadio | 08.11.2021 | Wolf Siebert | Quelle: dpa/Julian Stratenschulte

Maske, Tests und 3G

So läuft der Präsenzbetrieb an Berliner Hochschulen

Seit gut einem Monat läuft an Berliner Hochschulen das Wintersemester - nach drei Semstern an heimischen Rechnern erstmalig wieder in Präsenz. Dabei gelten aber weiter die Corona-Regeln. Funktioniert das gut? Von Wolf Siebert

Kommilitonen hasten durch die Tür des Haupteingangs, und hinter einer bodentiefen Scheibe übt eine Studentin am Flügel. In diesem Wintersemester gibt es in der Universität der Künste wieder echtes analoges Leben: Je nach Fachbereich werden zwischen 85 und 90 Prozent der Lehrveranstaltungen in Präsenz angeboten. Rund 200 Professuren für 4.500 Studenten – dieser gute Personalschlüssel macht an Deutschlands größter künstlerischer Universität Unterricht in Kleingruppen möglich.

In den Werkstätten, den Seminaren und auf den Bühnenbrettern haben also Lehrende und Studierende wieder direkten Kontakt. Uni-Präsident Norbert Palz fällt ein Stein vom Herzen, denn beim Digitalunterricht sei viel auf der Strecke geblieben: "Es geht natürlich eine Kernsubstanz künstlerischer Arbeit in dieser Interaktion von Material, Mensch und Raum verloren. Das war schon ein schwerer Einschnitt für uns, weil ein großer Teil der Intensität darauf beruht, künstlerische Ausbildung in dieser engen Form zwischen Studierenden und Lehrenden durchführen zu können."

Wenn es eng wird: erneut digitales statt Präsenz-Studium

An den Eingängen der Universität wird der 3G-Status stichprobenartig überprüft, in den Seminaren grundsätzlich. Ungeimpfte müssen sich in einem der Berliner Testzentren testen lassen – kostenpflichtig. Für bestimmte Gruppen, zum Beispiel für Bafög-Empfänger, ist der Test nach wie vor kostenlos. Durch die Ungeimpften gibt es aber ein Problem: Sind sie im Raum, gilt Maskenpflicht, die Anzahl der Teilnehmer pro Raum verringert sich. Dann muss die Dozentin entscheiden, ob sie hybrid oder komplett digital unterrichtet.

Studentin Lea ist eine von denen, die unter dieser Regelung leiden. In diesem Wintersemester sitzt sie nun wieder überwiegend zuhause vor dem Rechner und ist frustriert. Da bald ihr Abschlussjahr beginnt, hatte sie sich auf den direkten Kontakt gefreut, vor allem mit den Kommilitonen. "Wir haben Fußballstadien geöffnet, es haben große politische Veranstaltungen stattgefunden, Menschen konnten ihr Leben wieder halbwegs normal leben, aber die Lehre ist in vielen Teilen dieses Landes nicht komplett zurück eingezogen, sondern wir sitzen immer noch zuhause vor unseren Rechnern und bestreiten da Seminare und Vorlesungen."

Und wenn schon digital, dann sollte der Unterricht kreativer sein als in den vergangenen Semestern. Studierende hätten gute Ideen, wie es besser laufen könnte.

Ganz anders erlebt es ihr WG-Mitbewohner Cristiano. Er studiert an der Universität der Künste Produkt-Design, ein Fach mit vielen praktischen Inhalten. Und die erlebt er bislang ganz praktisch in der Universität. Nur eine einzige Veranstaltung ist digital.

Alle ziehen mit, die Disziplin ist hoch

Auch vor der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) strömen die Studierenden wieder aus der Straßenbahn, hasten durch den Regen in die Seminarräume. 70 Prozent der Veranstaltungen finden auf dem Gelände statt. Anders als an Massenuniversitäten kann hier viel in kleinen Gruppen unterrichtet werden. Hochschulpräsident Carsten Busch zieht nach dem ersten Monat des Wintersemesters eine positive Bilanz: "Wir sind sehr zufrieden mit unserem System, weil wir mehreren Tausend Studierenden täglich die Präsenz im Campus ermöglichen und gleichzeitig ein hohes Maß an Sicherheit und an Freiheit gewährleisten können."

Wachsam bleiben, denn Infektionszahlen steigen auch in Berlin wieder

Trotz aller Vorsicht: An beiden Hochschulen gab es in diesem ersten Monat des Wintersemesters Infektionsfälle, aber ein Superspreader ist nicht daraus geworden. Sowohl an der Universität der Künste als auch an der Hochschule für Technik und Wirtschaft sagt man aber: "Wir müssen wachsam bleiben". Norbert Palz von der Universität der Künste meint dazu: "Es gab ja auch Hochschulen in Berlin die gesagt haben: Wir kontrollieren den 3G-Status nicht, wir setzen auf die Eigenverantwortung der Studierenden. Wir haben das nicht gemacht, wir haben immer noch die Hand an der Bremse."

Palz macht sich aber Gedanken, wie lange man die Motivation noch aufrechterhalten kann, die geltenden Einschränkungen mitzumachen. Dabei ist der Normalzustand an den Hochschulen noch lange nicht erreicht, angesichts steigender Infektionszahlen in Berlin ist eine Rückkehr zur rein digitalen Lehre nicht ausgeschlossen.

Sendung: Inforadio, 08.11.2021, 10:20 Uhr

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