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Video: rbb|24 | 09.12.2021 | Material: Abendschau | Quelle: dpa/Matthias Tödt

Corona-Kontrollen

Was die 3G-Regel auf Bahnsteigen für Obdachlose bedeutet

Seit Mittwoch gilt die 3G-Regel im Berliner Nahverkehr auch auf Bahnsteigen. Die Regel betrifft damit nicht nur Fahrgäste, sondern auch Menschen ohne Obdach, die in Bahnhöfen Schutz vor Kälte und Nässe suchen. Von Katharina Kuhnert

Am Bahnhof Zoo, am Alexanderplatz und an allen anderen kleinen und großen Berliner Bahnhöfen gilt jetzt 3G auf den Bahnsteigen. Für die zahlreichen Fahrgäste der BVG und S-Bahn, die den Berliner Nahverkehr nutzen und am Bahnsteig auf ihren Zug warten oder jemanden zum Zug begleiten. Aber auch für diejenigen, die dort Schutz vor Kälte und Nässe suchen - Menschen ohne Obdach.

Davon gibt es einige, gerade jetzt, wo die Temperaturen auch tagsüber um den Gefrierpunkt liegen und es schneit, sind sie auf trockene und wärmere Orte angewiesen. Die Berliner Stadtmission habe dennoch Verständnis, dass es keine Ausnahme für Menschen ohne Obdach im Gesetz gibt und versuche, Lösungen anzubieten.

Für Ungeimpfte, Weihnachtsmärkte und Clubs

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2G plus Maske auf allen Weihnachtsmärkten, starke Kontaktbeschränkungen für Treffen mit Ungeimpften und höchstens 5.000 Personen bei Großveranstaltungen im Freien: Diese und weitere Corona-Regeln müssen die Menschen in Berlin ab Mittwoch beachten.

Problematisch ist es vor allem tagsüber

"Was für uns alle gilt, gilt eben auch für obdachlose Menschen, da kann man schwer um eine Ausnahme bitten", äußerte sich Barbara Breuer von der Berliner Stadtmission zu den neuen 3G-Regeln auf Bahnsteigen. Dennoch sei die Regelverschärfung gerade jetzt problematisch: "Obdachlose Menschen haben es seit Beginn der Pandemie schwerer, ihr Leben so weiter zu leben, wie sie es vorher gemacht haben. Jetzt kommt der Winter, im Winter ist es kalt, das heißt: Warme Aufenthaltsorte sind Mangelware. Von Abends 20 Uhr bis Morgens sind die Notunterkünfte geöffnet, tagsüber müssen sich die Menschen einen Ort suchen."

Die BVG teilte dem rbb auf Anfrage mit: "Ausnahmen für Menschen ohne Obdach sind in den Gesetzen nicht vorgesehen." Allerdings soll es Angebote geben: "Selbstverständlich sind wir im Umgang mit unseren besonders schutzbedürftigen Mitmenschen auch und gerade in der jetzigen Situation äußerst behutsam, verweisen auf Anlaufstellen, rufen gegebenenfalls Hilfe und schicken niemanden allein in die Kälte."

Kontrolleure sollen Hilfe bieten

Die Zusammenarbeit mit dem Sicherheitspersonal der Berliner S-Bahn lobt Barbara Breuer, es gehe bei der Kooperation vor allem darum, schnell Hilfe leisten zu können, wenn sich ein Mensch ohne Obdach, der weder einen Impf- noch einen Testnachweis dabei hat, auf einem Bahnsteig aufhält. Die Kontrolleure sollen dann Hinweise geben, wo die nächste Notunterkunft ist oder die mobilen Helfer der Berliner Stadtmission kontaktieren, statt nur einen Platzverweis zu erteilen.

Auch einige der Menschen ohne Obdach zeigen gegenüber dem rbb Verständnis für die neue Verordnung. "Ich weiß gar nicht, was man dazu sagen soll: Das ist gegeben, eine Regel an die man sich hält", sagt Rolf dem rbb-Kamerateam, er selbst sei ohnehin geimpft. Ein anderer, Karl-Peter, gibt an, sich zwei Mal die Woche testen zu lassen und findet, das müsse "aber auch reichen."

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CDU kritisiert, Senat verweist auf Impf- und Testangebote

Die Berliner CDU kritisierte in einer Mitteilung am Donnerstag die rot-rot-grüne Regierung dafür, dass die neue 3G-Regel auf Bahnsteigen auch für Menschen ohne Obdach gilt. Der Fraktionsvorsitzende Kai Wegner nannte es "ein Zeichen maximaler sozialer Kälte." Als Maßnahmen fordert die Oppositionspartei Kältebusse und Impfangebote an "hochfrequentierten Bahnhöfen und Brennpunkten", sowie "schnelle, unbürokratische und praktikable Lösungen."

Die zuständige Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales verweist auf bestehende Impf- und Testangebote: "Wir unternehmen alles, um Obdachlosen eine Impfung zu ermöglichen. Das Testangebot speziell für obdachlose Personen haben wir erheblich ausgeweitet. Wir stellen Tests auch für Tagesangebote zur Verfügung, so dass Obdachlose die 3G-Bedingung erfüllen", heißt es auf Anfrage des rbb.

Die Berliner Stadtmission gibt an, dass in ihren Wohnheim 50 bis 60 Prozent der Menschen das Impfangebot wahrgenommen hätten. Das ist zwar ein Stück unter der Gesamtbevölkerung in Berlin, zeige aber: "Auch die Menschen ohne Obdach verstehen, dass sie sich am besten damit schützen können", sagt Barbara Breuer. Und zumindest bei der Berliner Stadtmission reichen zur Zeit auch die Tests noch aus - trotz hoher Nachfrage und der neuen Regeln.

Sendung: rbb24, 08.12.2021, 21:45 Uhr

Beitrag von Katharina Kuhnert

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