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Quelle: dpa/Daniel Bockwoldt

Neues Infektionsschutzgesetz

Virologe Schmidt-Chanasit befürwortet Ende der meisten Corona-Maßnahmen

Bundestag und Bundesrat haben das Auslaufen der meisten Corona-Maßnahmen beschlossen. Unter Politikern ist das angesichts der hohen Infektionszahlen umstritten. Richtig findet das Vorhaben dagegen der Virologe Schmidt-Chanasit.

Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit hält das Auslaufen der meisten Corona-Maßnahmen ab Anfang April für richtig und vertretbar. "Wir haben mit Omikron eine grundlegend andere Situation als mit Delta, es gibt keine Überlastung des Gesundheitssystems", sagte er am Freitagmorgen im Inforadio des rbb. Die Impfquote spiele dabei eine "ganz wichtige Rolle", sie sei hoch genug, um weitgehende Lockerungsschritte einleiten zu können.

Auch Deutschlands Nachbarländer schafften die meisten Maßnahmen ab, "warum soll Deutschland da einen anderen Weg gehen?", so der Virologe. In Ländern wie Österreich, den Niederlanden und Dänemark sei die Impfquote ähnlich hoch oder auch niedriger als in Deutschland, gleichzeitig lägen dort die Inzidenzen auf höherem Niveau.

Ministerpräsidentenkonferenz

Länder mit Corona-Politik des Bundes unzufrieden

Bei der Bund-Länder-Runde am Donnerstag hat es Schelte der Bundesländer am Entwurf der Bundesregierung für das neue Infektionsschutzgesetz gegeben. Auch die Berliner Regierende Bürgermeisterin Giffey sieht viele Fragen ungeklärt.

Schmidt-Chanasit fordert bessere Datenlage

In Deutschland sterben nach wie vor täglich mehr als 200 Menschen in Zusammenhang mit dem Coronavirus. Allerdings sei dies kein Faktor, der grundsätzlich gegen die Aufhebung der meisten Corona-Maßnahmen spreche, so Schmidt-Chanasit.

"Es ist eben in Deutschland nach wie vor unklar, wer an und mit Corona stirbt. Es gibt sehr viele Zufallsbefunde in den Krankenhäusern. Wenn man mit einem Herzinfarkt oder durch einen Unfall ins Krankenhaus kommt und dabei zufällig Corona festgestellt wird, zählt das mit rein. An diesem Punkt müssen wir die Datenlage verbessern, um einen besseren Überblick zu bekommen und zielgerichteter reagieren zu können", so der Virologe. Verpflichtende Maßnahmen in bestimmten kritischen Bereichen wie in Krankenhäusern und Pflegeheimen seien aber weiterhin richtig. Und die seien im Rahmen des Basisschutzes ja auch vorgesehen.

Nach kurzer Verlängerung

Berliner Senat will fast alle Corona-Maßnahmen ab 1. April aufheben

Ein "Freedom Day" ist in Berlin noch nicht in Sicht, gleichwohl werden ab April die meisten Corona-Maßnahmen aufgehoben. Dann soll etwa Einkaufen ohne Maske wieder möglich sein. Bis dahin werden allerdings die bestehenden Regelungen verlängert.

"Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein"

Zur Maskenpflicht in Innenräumen bemerkte der Virologe, bei solchen Maßnahmen gehe es um Effizienz: "Niemand weiß, wie viele Ansteckungen verhindert werden, wenn Sie alleine im Supermarkt eine Maske tragen. Solche Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein und sich an die jeweilige Krankheitslast anpassen", so Schmidt-Chanasit. Und die sei bei der Omikron-Variante eben geringer.

Dass durch eine weitere Ausbreitung des Coronavirus neue Chancen für Mutationen entstehen, sieht der Hamburger Virologe nicht: "Gerade bei dreifach Geimpften wird eine Infektion wie ein Booster wirken, das heißt eine viel bessere Schleimhautimmunität hervorrufen und damit für eine breitere Immunität sorgen. Fast jeder wird in den nächsten Wochen oder Jahren Kontakt mit den Viren haben, und das wird in der Zukunft letztlich der Booster sein. Es wird aber auch immer Menschen geben, die keinen Kontakt mit dem Virus haben dürfen. Die müssen auch weiterhin besonders geschützt werden."

Ob im Herbst so wie von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erwartet eine nächste Corona-Welle drohe, müsse man abwarten: "Ich sehe das nicht so, denn die Situation ist aufgrund der hohen Impfquote gerade bei den über 60-Jährigen besser", so Schmidt-Chanasit.

Corona-Regeln bis zum 2. April verlängert

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Die Infektionszahlen sind in Brandenburg weiter hoch. Daher wurde nun entschieden, den Großteil der Corona-Regeln bis zum 2. April zu verlängern. Es wurde lange gerungen. Einen Kompromiss gibt es nun für Hotels und Friseure.

Berlin und Brandenburg streichen Anfang April die meisten Regeln

Das umstrittene Gesetz der Ampel-Koalition für die künftigen Corona-Schutzregeln in Deutschland passierte am Freitag Bundestag und Bundesrat. Im Bundestag stimmten 388 Abgeordnete mit Ja, 277 waren dagegen, es gab zwei Enthaltungen.

Im Bundesrat gab es keine Abstimmung, die Länderkammer verzichtete nur darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen - in diesem Fall hätte ab Sonntag keine Rechtsbasis mehr bestanden.

Das Gesetz beinhaltet nur noch wenige allgemeine Vorgaben zu Masken und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen. In Bussen und Bahnen soll weiterhin Maskenpflicht gelten können. Für regionale "Hotspots" kann es jedoch weitergehende Beschränkungen geben, wenn das Landesparlament für diese eine besonders kritische Corona-Lage feststellt.

Die neue Rechtsgrundlage soll von diesem Sonntag an gelten, da die jetzige am Samstag endet. Zahlreiche Bundesländer wollen aber noch eine vorgesehene Übergangsfrist nutzen und aktuell geltende Schutzregeln bis Anfang April aufrechterhalten. In Berlin werden ab dem 1. April und in Brandenburg ab dem 2. April die meisten Corona-Maßnahmen gestrichen.

Sendung: Inforadio, 18. März 2022, 7:48 Uhr

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