rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Quelle: imago images/E. Contini

Probleme mit der IT

Bericht zu Wahl-Problemen 2017 bringt Geisel neu unter Druck

Nicht nur die Berliner Wahlen im Jahr 2021 waren pannenbehaftet, auch 2017 gab es schon Probleme, die nach der Wahl auch untersucht wurden. Damals ging es allerdings um die Technik. Dennoch steht Geisel nun wieder in der Kritik.

Wegen der Pannen bei den letzten Wahlen wächst der Druck auf den damaligen Innensenator Andreas Geisel (SPD). Der "Tagesspiegel" [Bezahlschranke] berichtete am Samstag über einen internen Behördenbericht aus dem Jahr 2017 - und der Zeitung zufolge hätte Geisel durch diesen Bericht um die Defizite bei der Wahlorganisation wissen müssen. Damals ging es allerdings noch um andere Probleme als bei der jüngsten Pannenwahl.

Nach Informationen des rbb handelt es sich bei dem Bericht aus dem Jahr 2017 um ein Dokument, dass mit "Vertraulich - nur für den Dienstgebrauch" gekennzeichnet ist. Auftraggeberin seinerzeit war dem Vernehmen nach die damalige IT-Staatssekretärin Sabine Smentek (SPD). Smentek war auch fachlich zuständig, weil es um die Aufarbeitung der Bundestagswahl 2017 ging. Bei dieser Wahl hatte sich die technische Infrastruktur der Ämter als Achillesferse erwiesen.

Trotz ausstehendem Urteil

Landeswahlleiter Bröchler bereitet Wahlwiederholung vor

Technische Probleme

So konnten am Abend der Bundestagswahl am 24. September 2017 über eine Stunde lang keine Ergebnisse aus den Wahlkreisen an die Wahlleitung übermittelt werden. Während alle anderen Bundesländer längst ihre vorläufigen amtlichen Endergebnisse gemeldet hatten, wurde in Berlin noch rotiert. Als letzter Bezirk konnte Pankow erst in den frühen Morgenstunden die Ergebnisse übertragen. Verursacht wurden die Pannen seinerzeit durch Server- und Softwareprobleme.

Diese Probleme wurden anschließend unter die Lupe genommen. Ein Insider berichtet dem rbb, dass es in dem beauftragten Untersuchungsbericht darum ging, wie die IT des Landes ertüchtigt werden kann, damit sie der Belastung bei Wahlen standhält und die Datenübermittlung funktioniert. Analysiert wurden auch die Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure, darunter die Innenverwaltung, das Amt für Statistik, die Landeswahlleitung und der Landes-IT-Dienstleister ITDZ.

Die Quelle betont, dass es bei der Aufarbeitung der Bundestagswahl 2017 um technische Schwierigkeiten ging. Diese seien mit den Vorgängen bei der Wahl 2021 - lange Schlangen, nach 18 Uhr geöffnete Wahllokale, fehlende Stimmzettel, falsche Stimmzettel - nicht vergleichbar. Im Übrigen seien die Defizite der IT behoben worden, so dass die Systeme bei der Europawahl 2019 funktioniert hätten.

Wahlchaos in Berlin

Gericht entscheidet möglicherweise erst im Dezember über Neuwahl

Die Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofs zu möglichen Neuwahlen in Berlin fällt möglicherweise später als zunächst erwartet. Unter anderem, weil die Landeswahlleitung eine neue Tabelle zu Fehlern bei der Wahl vorgelegt hat.

Dennoch bringen die neuen Informationen den jetzigen Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) noch stärker unter Druck. Er war bei der Wahl 2017 Innensenator. Die Aufsicht über die Organisation von Wahlen liegt bei der Innenverwaltung. Gegen Geisel waren in den vergangenen Tagen wegen der Wahlpannen 2021 und der gerichtlichen Einschätzung, dass eine Wahlwiederholung wahrscheinlich ist, Rücktrittsforderungen erhoben worden.

"Innenverwaltung hat gehandelt"

Der Sprecher Geisels, Martin Pallgen, betonte gegenüber dem rbb am Samstag, dass die Empfehlungen aus dem IT-Untersuchungsbericht zur Wahl 2017 umgesetzt worden seien. "Hier hat die Innenverwaltung gehandelt und zwar über Jahre hinweg bis zu den Wahlen 2021, zuletzt mit Lasttest für die IT, bis diese erfolgreich liefen." Pallgen legte Wert darauf, dass in dem alten Bericht nach Antworten auf technische Fragen gesucht wurde: "Es ging nicht um allgemeine Empfehlungen der Wahlorganisation."

Für die oppositionelle CDU ist der Bericht dennoch Anlass, den politischen Druck weiter zu erhöhen. Generalsekretär Stefan Evers twitterte: "Wenn Senator Geisel nach dieser Enthüllung weiter an seinem Stuhl klebt, muss Franziska Giffey ihn entlassen." Die Koalitionspartner der SPD, Grüne und Linke, waren in den vergangenen Tagen merklich auf Distanz zu Geisel gegangen, ohne allerdings dessen Rücktritt öffentlich zu fordern.

In der SPD wird die anhaltende Kritik am Stadtentwicklungssenator mit Sorge betrachtet. Geisel hat als Senator den Ruf eines versierten Machers, der das Vertrauen der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey genießt. Für sie soll er ihr wichtigstes Vorhaben, den Wohnungsbau, voranbringen. Vor dem Hintergrund der wahrscheinlichen Wiederholungswahl und eines bevorstehenden Wahlkampfs steht die Spitze der Berliner SPD vor der schwierigen Frage, ob sie an Geisel als Senator festhält oder ihn fallen lässt.

Sendung: rbb24, 01.10.2022, 14:00 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen