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Audio: Inforadio | 30.03.2021 | Bundeskanzlerin Angela Merkel | Quelle: dpa/Johan Nilsson

Neue Stiko-Empfehlung

Bund und Länder geben Astrazeneca vornehmlich für über 60-Jährige frei

Berlin und Brandenburg verhängten schon am Mittag einen Impfstopp mit Astrazeneca bei jüngeren Menschen. Nun haben auch Bund und Länder beschlossen, den Impfstoff nur an über 60-Jährige zu verimpfen. Ausnahmen gibt es trotzdem.

Bei den Corona-Impfungen in Deutschland kommt eine neue vorsorgliche Altersbeschränkung für das Mittel von Astrazeneca. Der Impfstoff soll nach einem Beschluss der Gesundheitsminister von Bund und Ländern ab Mittwoch nur noch für Personen ab 60 Jahren eingesetzt werden. Unter 60-Jährige sollen sich "nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung" weiterhin damit impfen lassen können, wie aus dem Beschluss von Dienstagabend hervorgeht.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betonte, diese Einschränkung sei einerseits "ohne Frage ein Rückschlag" für die Impfkampagne in Deutschland. Aber die über 60-Jährigen könnten nun schneller geimpft werden, sagte Spahn bei einer Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstagabend. "Die Älteren in dieser wachsenden dritten Welle zu schützen, ist wichtig." Er bitte daher die über 60-Jährigen darum, Impfangebote mit Astrazeneca anzunehmen. Der Impfstoff von Astrazeneca sei "sehr wirksam, gerade auch bei den Älteren", sagt Spahn.

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Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte am Dienstagnachmittag vorläufig empfohlen, das Mittel nur noch bei über 60-Jährigen einzusetzen. Die bisherige Empfehlung sei "auf Basis der derzeit verfügbaren Daten zum Auftreten seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen" bei jüngeren Geimpften geändert worden, hieß es. Zur Verabreichung der zweiten Impfstoffdosis für Menschen unter 60 Jahren, die bereits eine erste Dosis des Astrazeneca-Impfstoffs erhalten haben, will die Stiko bis Ende April eine ergänzende Empfehlung abgeben.

Bereits am Dienstagmittag hatte die Berliner Gesundheitssenatorin, Dilek Kalayci (SPD), angesichts der neuen Erkenntnisse einen Impfstopp mit Astrazeneca für unter 60-Jährige verkündet und diesen Schritt mit schweren Nebenwirkungen bei jüngeren Männern und Frauen begründet. In Deutschland sind bisher 31 Fälle solcher Blutgerinnsel nach Impfungen mit Astrazeneca bekannt, wie das Paul-Ehrlich-Institut am Dienstag berichtete.

Auch Brandenburg setzte Astrazenca-Impfungen für Jüngere daraufhin aus.

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Stiko-Empfehlung zur Zweitimpfung voraussichtlich bis Ende April

Jüngere Menschen unter 60, die schon die erste Dosis Astrazeneca erhalten haben, haben laut dem Beschluss zwei Möglichkeiten: Sie können auch die Zweitimpfung von Astrazeneca bekommen, nach Rücksprache mit dem Arzt, "sorgfältiger Aufklärung" und "individueller Risikoanalyse". Zweite Option: Die Betroffenen warten auf eine Stiko-Empfehlung zur Zweitimpfung, die voraussichtlich bis Ende April vorlegen soll.

Die ersten Zweitimpfungen mit Astrazeneca sind laut Stiko nach der empfohlenen Wartezeit von zwölf Wochen und dem Impfstart des Vakzins im Februar für Anfang Mai vorgesehen. Laut Gesundheitsministerkonferenz prüft die Kommission, ob eine weitere Impfung mit einem anderen Impfstoff eine mögliche Option ist. In jedem Fall werde sichergestellt, dass alle Zugang "zu einem Impfschema mit in der EU zugelassenen Impfstoffen haben werden, um eine volle Schutzwirkung zu erreichen". Wenn Menschen unter 60 sich gemeinsam mit einem impfenden Mediziner für Astrazeneca entscheiden, sollen diese Impfungen grundsätzlich in den Praxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte erfolgen, heißt es im Beschluss der Gesundheitsminister weiter.

Die Stiko erklärte, der Beschlussentwurf für die neue Empfehlung zu Astrazeneca befinde sich aktuell noch im "Stellungnahmeverfahren" mit den Bundesländern und den betroffenen Fachkreisen. Die Verabschiedung des Beschlusses werde nach Prüfung der Rückläufe und erneuter Beratung der Stiko am Donnerstag erfolgen. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass sich nach dem Stellungnahmeverfahren noch Änderungen an dem Empfehlungsentwurf ergeben.

Auswirkungen auf das Impftempo kaum absehbar

Die Impfungen mit Astrazeneca waren bereits Mitte März wegen im Gehirn aufgetretener Blutgerinnsel, sogenannter Sinusvenenthrombosen, zwischenzeitlich ausgesetzt worden. Nach einer Prüfung auch auf europäischer Ebene wurden die Impfungen aber wieder aufgenommen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hatte die Sicherheit des Vakzins bekräftigt, auch die Stiko hatte sich für eine weiteren Einsatz den Mittels ausgesprochen. Anfangs war der Impfstoff in Deutschland nur für 18- bis 64-Jährige empfohlen worden, da für Ältere nicht genügend Studiendaten verfügbar waren.

Wie sehr sich die Entscheidung auf das Impftempo insgesamt auswirkt, ist offen. Im zweiten Quartal werden insgesamt deutlich größere Impfstoffmengen erwartet. Die Hersteller haben laut einer Übersicht des Bundesgesundheitsministeriums vom 22. März rund 70 Millionen Dosen in ihren Prognosen zugesagt: 40,2 Millionen sollen demnach von Biontech/Pfizer kommen, 12 bis 15 Millionen von Astrazeneca, 6,4 Millionen von Moderna und rund 10 Millionen von Johnson Johnson.

Sendung: Abendschau, 30.03.2021, 19.30 Uhr

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