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Audio: Inforadio | 31.05.2021 | Martin Stürmer | Quelle: dpa/Laci Perenyi

Testen als Alternative?

Corona-Impfungen bei Kindern bleiben umstritten

Ab nächster Woche soll in Deutschland eine Corona-Impfung für Kinder ab zwölf Jahren möglich sein. Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer sieht das Thema ambivalent - und rät Eltern abzuwägen.

Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) möchte, dass sich vorerkrankte Jugendliche ab zwölf Jahren bis zum Beginn des neuen Schuljahres gegen Corona impfen lassen können. Es würde dieser Gruppe sehr dienen, wenn die Ständige Impfkommission (Stiko) eine entsprechende Empfehlung geben würde, sagte die Ministerin dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" am Sonntag. Damit könne diesen Kindern der Schulalltag nach den Sommerferien erleichtert werden. Aber die Impfungen blieben freiwillig, betonte sie.

Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schätzt, dann Deutschland das Impfziel von 80 Prozent nur erreichen kann, wenn auch konsequent Kinder und Jugendliche von zwölf bis 18 Jahren geimpft würden. "Wir sollten bei den Jugendlichen eine Impfquote von 65 Prozent anstreben", sagte er der "Bild am Sonntag".

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Dünne Datenlage bei Impfungen von Kindern

Der Virologe Martin Stürmer, Leiter im IMD Labor Frankfurt (Oder), erklärte im Gespräch mit Inforadio vom rbb indes, er sehe das Thema ambivalent. "Aus virologischer Sicht wäre es natürlich schön, wenn wir möglichst viele Kinder impfen würden." Allerdings sei die Datenlage zu Impfungen bei Kindern noch relativ dünn. "Gerade bei Jugendlichen, wo das Immunsystem noch ausreift, fehlen Erkenntnisse zur Langzeitverträglichkeit", so Stürmer. Es gebe bislang Daten von etwas über 1.000 Kindern und Kenntnisse aus den USA, wo Kindern bereits geimpft würden.

Zwar sei es nach wie vor so, dass an Covid erkrankte Kinder selten auf die Intensivstation kommen oder gar versterben, sagte Stürmer. Aber es gebe Spätfolgen und schwerwiegende Verläufe, wenngleich das Risiko deutlich geringer als bei Menschen über 60 Jahren sei.

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Virologe: Teststrategie in Schulen verbessern

Bezüglich Impfungen bei Kindern sagte Stürmer: "Wenn ein Risiko für einen schweren Verlauf besteht, sollten Eltern auf jeden Fall die Impfung in Betracht ziehen." Der Virologe sieht aber auch Alternativen. Zum Beispiel könne die Teststrategie in den Schulen noch deutlich verbessert werden und so Infektionsketten frühzeitig erkannt und durchbrochen werden, sagte er. "Es muss nicht unbedingt das Impfen sein", so Stürmer im rbb-Gespräch. Eventuell solle besser bis zum Herbst mit dem Impfen von Kindern gewartet werden. "Bis man mehr weiß über den Impfstoff bei Kindern."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder haben sich darauf verständigt, dass sich Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren mit Ablauf der Priorisierung ab 7. Juni impfen lassen können. Die Europäische Arzneimittelagentur hat den Impfstoff inzwischen auch für Kinder ab zwölf Jahren freigegeben. Allerdings hat die Ständige Impfkommission in Deutschland (Stiko) noch keine Empfehlung abgegeben.

Sendung: Inforadio, 31.05.2021, 6 Uhr

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