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Video: Abendschau | 30.07.2021 | Tobias Schmutzler | Studiogespräch mit Michael Müller | Quelle: dpa/Jens Kalaene

Ab Sonntag

Bundesregierung beschließt Testpflicht für ungeimpfte Reiserückkehrer

Ab Sonntag müssen sich ungeimpfte Urlaubsrückkehrer auf Corona testen lassen, bevor sie nach Deutschland einreisen. Das hat die Bundesregierung am Freitag beschlossen. Berlins Regierender Bürgermeister hält Kontrollen als Stichproben für möglich.

Der Weg für neue Corona-Testpflichten bei Einreisen nach Deutschland ab diesem Sonntag ist frei. Das Bundeskabinett beschloss am Freitag eine entsprechende Verordnung von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Umlaufverfahren, wie die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer mitteilte. Die Neuregelung diene dazu, die Eintragung zusätzlicher Infektionen nach Deutschland möglichst gering zu halten.

Ab diesem Sonntag müssen damit alle Menschen ab zwölf Jahren bei ihrer Einreise nachweisen können, dass bei ihnen das Übertragungsrisiko verringert ist: mit dem Nachweis einer Impfung, einem Nachweis als Genesener oder einem negativen Testergebnis. Eine solche Vorgabe gibt es bisher schon für alle Flugpassagiere. Künftig gilt dies für alle Verkehrsmittel, also auch bei Einreisen per Auto oder Bahn.

Außerdem soll es nur noch zwei statt drei Kategorien für weltweite Gebiete mit höheren Infektionsrisiken geben: Hochrisikogebiete und Gebiete, in denen neue, besorgniserregende Virusvarianten kursieren.

Hohe Inzidenzen in Urlaubsländern

Müller will flächendeckende Tests für Reiserückkehrer

Viele Urlauber bringen nicht nur Souvenirs von ihrer Reise mit - Virologen machen Reiserückkehrer auch für die wieder steigenden Infektionszahlen mitverantwortlich. Berlins Regierender Bürgermeister Müller fordert zügige Regeln für Reiserückkehrer.

Stichproben-Kontrollen wohl ab Sonntag

Generell sollen die Nachweise bei der Einreise mitzuführen und bei "stichprobenhaften" Überprüfungen durch die Behörden vorzulegen sein, wie es im Entwurf heißt. Kontrollen aller Einreisenden direkt an den Grenzen sind nicht vorgesehen. Reist man mit einem Beförderungsunternehmen wie einer Fluggesellschaft, sollen die Nachweise vor dem Start auf Anforderung vorgelegt werden müssen - so ist es für Flugpassagiere schon bisher. Im grenzüberschreitenden Bahnverkehr soll dies auch während der Fahrt möglich sein.

Der Vorsitzende der Bundespolizei in der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf, warnte in einem Interview mit Radioeins vom rbb am Freitagmorgen vor einem enormen logistischen Aufwand - vor allem personell. Bei über 3.800 Kilometern Landgrenze sei das eine große Herausforderung. "Ich rechne mit Stichproben-Kontrollen ab Sonntag", sagte er. Auch an den Bahnhöfen hinter der Grenze oder in Zügen, die die Grenze überqueren, sei mit Kontrollen zu rechnen. Ausweis und Reisepass in Zusammenhang mit dem Nachweis über Test, Impfung oder Genesung seien der Polizei vorzuzeigen - "damit wir sehen, dass auch beides auf denselben Namen ausgestellt ist".

Knapp 20 Prozent der Neuansteckungen aus dem Ausland

Auch der Berliner Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) geht davon aus, dass die Corona-Tests von Reiserückkehrern nicht flächendeckend überprüft werden können. Das erklärte er am Donnerstag im rbb. So sei es einfach, diejenigen zu kontrollieren, die mit dem Flugzeug zurück nach Berlin kommen, sagte Müller in der rbb-Abendschau.

Corona-Ansteckungen, die wahrscheinlich auf Reisen passiert sind, spielen dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge eine zunehmende Rolle beim Infektionsgeschehen in Deutschland. Das schreibt das RKI in seinem am Donnerstagabend vorgelegten wöchentlichen Lagebericht. Als wahrscheinliche Infektionsländer in den vier betrachteten Wochen vom 28. Juni bis 25. Juli wurden Spanien, die Türkei und die Niederlande am häufigsten genannt, vor Kroatien und Griechenland. Der überwiegende Anteil der Corona-Übertragungen finde allerdings weiterhin innerhalb Deutschlands statt - die Rede ist von mindestens 81 Prozent.

Delta-Variante

Berliner Gesundheitsämter sollen Reiserückkehrer stärker kontrollieren

Zuletzt wurden Forderungen nach strengeren Kontrollen von Reiserückkehrern immer lauter. Nun sollen die Berliner Gesundheitsämter in die Pflicht genommen werden - unklar ist allerdings noch wie. Die Ämter sehen sich nicht als "Quarantäne-Polizei".

Müller bei Lanz mit falschen Aussagen zu Quarantäne-Regeln

In der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" [zdf.de] konfrontierte der Moderator den Regierenden Bürgermeister Müller am Donnerstagabend mit der Frage, ob Kinder, die am 8. August aus dem Urlaub zurückkommen, deren Unterricht aber am 9. August startet, in Quarantäne müssen. Bei der Antwort geriet Berlins Regierender ins Schlingern: "Bei den Virusvariantenländern bin ich unsicher, ob es für die gesamte Familie gilt. Bei den Hochinzidenzländern würden die Kinder ohne Quarantäne in die Schule gehen."

Dem widersprach ein weiterer Gast der Sendung, die Wissenschaftsredakteurin der Süddeutschen Zeitung Christina Berndt: "Wer aus einem Risikogebiet zurückkehrt, kann sich auch als Kind sofort freitesten, aber bei einem Hochrisikogebiet erst nach fünf Tagen. Es ist schon so, dass die Kinder in Quarantäne müssen." Es sei nicht so, dass man am 8. August aus dem Urlaub in Spanien oder einem anderen Hochinzidenzgebiet zurückkehren und sicher sein könne, am 9. August in die Schule gehen zu dürfen, so die Journalistin. Müller gestand seinen Fehler ein.

Quarantäne für Ungeimpfte bei Rückkehr aus Hochinzidenzgebieten

Für Hochinzidenzgebiete sieht der neue Gesetzesentwurf vor, dass nicht Geimpfte und nicht Genesene direkt nach der Rückkehr zehn Tage in Quarantäne müssen, die frühestens ab dem fünften Tag mit einem negativen PCR-Testnachweis beendet werden kann. Für Kinder unter zwölf Jahren soll die Quarantäne nach dem fünften Tag nach Einreise enden. Bei der Rückkehr aus Virusvariantengebieten sind weiterhin 14 Tage häusliche Quarantäne vorgesehen. In diese Kategorie zählen laut RKI derzeit elf Staaten darunter Brasilien und Südafrika, aber keine europäischen Länder [rki.de].

In der rbb Abendschau betonte der Regierende zuvor, er sehe Berlin gut auf den Schulstart vorbereitet. So stünden inzwischen 11.000 Luftfilter zur Verfügung, also für jeden zweiten Klassenraum. Müller zeigte sich zudem auf offen für den Einsatz sogenannter Lolli-Corona-Tests an den Schulen und verwies auf einen Modellversuch dazu an 60 Schulen. Da sei Berlin auf der Höhe der Zeit, so der Regierende Bürgermeister. Unterrichtsstart nach den Sommerferien ist in Berlin am 9. August.

Sendung: Abendschau, 29.07.2021, 19.30 Uhr

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