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Audio: Inforadio | 20.01.2022 | S. Schöbel | Quelle: dpa/N. Armer

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Berliner Auftrag für Corona-Teststellen an 21DX für rechtswidrig erklärt

Die Vergabe des Großauftrags zum Betrieb der 12 landeseigenen Corona-Teststellen in Berlin ist unzulässig. Nur ein Unternehmen wurde angefragt. Das Verfahren muss nun laut Vergabekammer wiederholt werden.Von Sebastian Schöbel

Für die ehemalige Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci von der SPD ist es nachträglich eine schwere Schlappe - und für Kalaycis Nachfolgerin, Ulrike Gote von den Grünen, eine unerfreuliche Hypothek: Der Großauftrag für den Betrieb der landeseigenen Corona-Teststellen ist rechtswidrig abgelaufen. Nach rbb-Informationen geht es um ein Vertragsvolumen von rund 13,4 Millionen Euro.

Erhalten hatte den Zuschlag die Münchner Firma 21DX, und zwar zum ersten Mal im März 2021. Damals wollte der Senat schnell die landeseigenen Corona-Testkapazitäten ausbauen. Privatwirtschaftliche Anbieter gab es zu dem Zeitpunkt allerdings schon eine ganze Menge: In ganz Deutschland und auch Berlin waren in Windeseile Firmen gegründet worden, die die Nasen- oder Rachenabstriche anboten - als Antigenschnelltest oder als PCR-Test. Entsprechend groß war das Interesse am millionenschweren Auftrag des Senats.

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Vergabekammer stoppte Auftragsvergabe

Dass ausgerechnet 21DX zum Zug kam, hatte schon im März für Kritik gesorgt: So waren mehrere Anbieter abgelehnt worden, weil sie aus Sicht der Gesundheitsverwaltung nicht die nötigen Referenzen hatten. Allerdings war 21DX selbst zuvor bereits mit einem Datenleck negativ aufgefallen, tausende Testergebnisse inklusive der Kundendaten waren frei im Netz einsehbar.

Durch Recherchen des rbb kam außerdem heraus, dass 21DX wichtige Dokumente für die Auftragsvergabe frühzeitig einsehen und zum teil sogar selbst verfassen konnte. Es gab Beschwerden, die Vergabekammer wurde angerufen und diese stoppte schließlich die Auftragsvergabe.Doch dann zog sich die Prüfung der Beschwerden über Monate hin - wohl auch, weil die Vergabekammer personell unterbesetzt war. Da geht aus internen Dokumenten der Behörde hervor, die der rbb einsehen konnte.

Nur ein Unternehmen wurde angefragt

Die Gesundheitsverwaltung von Senatorin Kalayci verlängerte den Auftrag an 21DX derweil interimsmäßig und zwar mehrfach, zuletzt im November, kurz vor dem Regierungswechsel nach der Berlin-Wahl. Wieder kam nur 21DX zum Zuge. Doch auch dagegen gab es Beschwerden - und auch dagegen legte die Vergabekammer nun ihr Veto ein.

Die Auftragsverlängerung sei rechtswidrig gewesen, so die Kammer. Denn Angebote anderer Anbieter seien nicht einmal berücksichtigt worden, es sei überhaupt nur mit 21DX gesprochen worden. Auch das Argument, in der pandemischen Notlage sei eine schnelle Auftragsvergabe nötig gewesen, wollte die Vergabekammer nicht akzeptieren: Ein Minimum an Wettbewerb sei auch in so einer Situation möglich. Die Auftragsvergabe müsse nun zeitnah wiederholt werden - und alle Angebote, nicht nur die von 21DX, zumindest geprüft werden.

Neue Gesundheitsverwaltung ist unzufrieden mit der Vergabe

"Wir haben die Entscheidungen der Vergabekammer zur Vergabe durch den Vorgänger-Senat geprüft und werden formal Rechtsmittel dagegen einlegen", teilte Gesundheitsstaatssekretär Thomas Götz (Grüne) dem rbb mit. Damit könne der Betrieb der senatsbeauftragten Teststellen durch 21DX formaljuristisch zunächst weitergehen.

DIe neue Gesundheitssenatorin Ulrike Gote von den Grünen hatte allerdings bereits eine interne Überprüfung der Vorgänge angekündigt. "Es ist so, dass durch die Kenntnisse, die wir unter anderem durch die Presse erlangt hatten, natürlich Bedenken vorhanden sind", räumte Götz ein. "Das ist der Grund, warum wir es intern prüfen werden. Aber wir müssen den Ausgang des externen und internen Verfahrens abwarten."

Darüber hinaus habe Berlin eine breit aufgestellte Teststelleninfrastruktur, die von der Entscheidung der Vergabekammer unberührt bleibe, so Götz weiter. Der Senat werde dafür sorgen, so Götz, "dass es auch in Zukunft qualitativ hochwertige und an die Bedürfnisse angepasste Testangebote für die Berlinerinnen und Berliner geben wird." Landeseigene Angebote werde es auch weiterhin geben. "Es sind alle seriösen Anbieter aufgefordert, ein entsprechendes Angebot abzugeben."

Die Geschäftsführung von 21DX reagierte zurückhaltend auf die Medienberichte rund um die Auftragsvergabe. "Die aktuellen Diskussionen innerhalb der Ausschreibungsinstanzen Berlins bedauern wir", teilte die Firma mit, "wir haben darauf keinen Einfluss." Man arbeite "stets nach höchsten Qualitätsstandards und auf Basis der gesetzlichen Vorgaben" und stehe weiterhin zur Verfügung, um die Erweiterung des Testangebots "nach besten Kräften" zu unterstützen.

Sendung: Inforadio, 20.01.2022, 14.00 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

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