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Audio: rbb24 Inforadio | 12.10.2022 | Jakob Rüger | Quelle: imago images/Matthias Koch

Treffen mit Nationalspieler Schäfer

Besuch von Ungarns Ministerpräsident Orban bei Union Berlin stößt auf Kritik

Union Berlin hatte am Dienstag überraschenden Besuch. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban traf sich im Stadion der Köpenicker mit dem ungarischen Spieler Andras Schäfer. Die Visite des rechtsnationalen Politikers sorgt für Kritik.

Ein Treffen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban mit dem ungarischen Nationalspieler Andras Schäfer, der derzeit bei Union Berlin unter Vertrag steht, sorgt für Diskussionen und Kritik. Orban hatte sich am Dienstag überraschend im Stadion An der Alten Försterei mit dem 23-jährigen Fußball-Profi getroffen.

Der Verein sprach im Anschluss von einem "privaten Besuch von Viktor Orban im Rahmen seines Deutschland-Aufenthaltes". Auf der Pressekonferenz vor dem Europa-League-Spiel gegen Malmö FF (Donnerstag, 21 Uhr) äußerte sich Union-Sprecher Arbeit nochmals zu dem Treffen und der Kritik. "Es gab ein offizielles Schreiben der Botschaft mit der Bitte, ein privates Treffen zu ermöglichen." Dieser Bitte habe man "aus Respekt vor dem Amt des Ministerpräsidenten entsprochen". Das Treffen bewerte man nicht politisch. Es sei kein offizieller Empfang durch den Klub gewesen.

Im Internet wird der Verein teils heftig dafür angegangen, dem rechtsnationalen Politiker ein Treffen mit Schäfer im Stadion der Köpenicker ermöglicht zu haben. Auch Fotos und Videos, die Orban und Schäfer mit einem Trikot der Eisernen zeigen, werfen Fragen auf.

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Fotos, Händeschütteln, ein Union-Trikot als Geschenk

Orban war am Dienstagmittag gegen 12 Uhr mit einer großen Polizeieskorte am Stadion An der Alten Försterei in Köpenick vorgefahren. Der 1. FC Union war darüber nach eigenen Angaben erst wenige Stunden zuvor informiert worden.

Wie das rund einstündige Treffen in der Haupttribüne des Union-Stadions ablief, lässt sich auf Fotos und Videos, die der ungarische Ministerpräsident von seinem Team anfertigen und im Anschluss auf seinen Social-Media-Kanälen verbreiten ließ, gut erkennen. Reger Austausch zwischen Orban und Schäfer, Handeschütteln, Fotos mit dem rot-weißen Trikot von Union Berlin. Nach Angaben des Vereins fand das Gespräch auf ungarisch statt, der Inhalt sei Union Berlin nicht bekannt.

Unions Pressesprecher Christian Arbeit und Michael Parensen, Ex-Spieler der Eisernen und mittlerweile technischer Direktor, waren bei dem Treffen ebenfalls dabei. Auch das ist in dem Video, das Orban veröffentlichte, zu sehen. Auf die Inhalte, die der ungarische Ministerpräsident im Internet veröffentlichte, habe Union Berlin keinen Einfluss gehabt, teilte der Klub mit.

Medienvertretern und Journalisten war das Filmen auf dem Vereinsgelände während Orbans Aufenthalt hingegen untersagt. Auf Unions eigenen Vereinskanälen tauchten im Anschluss keine Bilder oder Videos des Treffens auf.

Kritik auf Twitter

Bei Twitter sorgt der Besuch Orbans bei den Eisernen für Diskussionen und Kritik. "Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche muss ich mich also für unseren @fcunion schämen", schreibt ein User. "Das nicht nur Schäfer, sondern auch Christian Arbeit diese scheiße mitmacht und die PR für einen verdammten Faschisten unterstütz, das entsetzt mich zutiefst", heißt es in dem Tweet weiter.

"Ganz heimlich wurde unser Stadion heute also zum Schauplatz der Selbstinszenierung eines autoritären Despoten na wunderbar", schreibt ein anderer User.

Andere User erwarten eine Erklärung und Entschuldigung vom Verein, der für das Treffen die Haupttribüne im Stadion An der Alten Försterei zur Verfügung stellte. "Hallo @fcunion - da kommt sicher morgen noch eine klare Erklärung, warum man es für nötig erachtet hat, einem Faschisten heute eine Plattform zu geben, richtig? Mit guter Begründung oder sogar einer Entschuldigung? Also so richtig?", heißt es unter anderem.

Auch der Grünen-Politiker Daniel Freund, der für seine Partei in Brüssel im Europaparlament sitzt, kritisierte den 1. FC Union Berlin entschieden. "Viktor Orban hat in den vergangenen 12 Jahren die Demokratie in Ungarn systematisch abgebaut. Das Resultat: Ungarn ist keine Demokratie mehr. Als erstes EU-Mitgliedsland überhaupt", schreibt er - ebenfalls bei Twitter.

Verstöße gegen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie

Dem rechtsnationalen Orban werden immer wieder Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie vorgeworfen. Regelmäßig operiert Orban mit rassistischen, antisemitischen und homophoben Aussagen und Verschwörungstheorien. Zuletzt hatte der Politiker in einer Rede unter anderem eine "gemischtrassige Welt" in vielen Ländern der EU beklagt, während dies in der Welt der Völker wie Ungarn, Rumänen, Slowaken anders sei.

Özil und Gündogan 2018 in der Kritik

Dass Treffen und Fototermine mit Politikern, die diese im Anschluss nicht selten für eine geschönte Selbstdarstellung oder sogar Propaganda nutzen, für Kritik sorgen können, haben nicht zuletzt auch die deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan zu spüren bekommen. Die beiden Mittelfeldspieler ließen sich vor der WM 2018 mit dem ebenfalls höchst umstrittenen türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan fotografieren. Özil und Gündogan wurde damals unter anderem Wahlkampfhilfe für Erdogan vorgeworfen.

Sendung: rbbUM6, 12.10.22, 18 Uhr

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