Halbzeitfazit in der Gruppenphase - Warum Union in der Europa League bestehen wird

Di 11.10.22 | 16:32 Uhr | Von Jonas Schützeberg
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Union berlin spielt in der Europa League
Video: rbb24 | 11.10.2022 | Sebastian Meyer | Bild: imago/TT

In der Bundesliga thront Union Berlin ganz oben, gegen die internationale Konkurrenz wackelt der Klub. Wie die Berliner in der Europa League dennoch überwintern könnten, rechnet Union-Legende Torsten Mattuschka vor. Von Jonas Schützeberg

Es sind besondere Zeiten für den 1. FC Union, seit gut vier Wochen stehen die Köpenicker an der Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga. "Wir sind gerade im Flow, wir gewinnen Spiele, die man nicht unbedingt gewinnen muss. Es läuft viel für uns, wir investieren aber auch viel und wollen gern da stehen bleiben", analysiert Paul Jaeckel, der in der Liga den Siegtreffer am Sonntag gegen den VfB Stuttgart erzielte, die Situation.

Union-Legende Torsten Mattuschka schwärmt von den aktuellen Fähigkeiten seines früheren Vereins: "Egal ob Angriffs-, Mittel- oder Defensiv-Pressing, alles passt. Sie arbeiten unter der Woche viel an der Taktik, spielen sehr körperlich und die Gegner haben mittlerweile großen Respekt vor Union."

Was national klappt, klappt (noch) nicht in Europa

Anders sieht es für die Eisernen momentan noch auf internationaler Ebene aus. Nur ein Sieg aus drei Spielen, so lautet die Bilanz in der Europa League. Zur Halbzeit der Gruppenphase muss Union um den Erhalt in dieser Spielklasse zittern, weiß auch Paul Jaeckel: "Wir sind an einem Punkt, an dem wir liefern müssen. Aber das ist kein negativer Druck. Zu Hause wollen wir die Atmosphäre mitnehmen, wir kennen Malmö schon aus dem Hinspiel. Es wird ein Abreibungskampf, bei dem wir die drei Punkte in Berlin halten wollen."

Torsten Mattuschka macht sich wenig Sorgen um Union: "Ich glaube, im ersten Heimspiel gegen die Belgier waren sie etwas verunsichert, weil der Gegner das System gespiegelt hat. Gegen Braga hätte man gut einen Punkt holen können, da muss Union noch etwas dazulernen. In Malmö haben sie dann in Unterzahl gewonnen. Klappt das auch am Donnerstag, dann hast du zwei Endspiele."

"Wenn wir eine Form von Freiheit wollen, gibt es keine personalisierten Tickets"

Das Hinspiel in Malmö bleibt aber nicht nur wegen des ersten Sieges der Unioner in der Europa League überhaupt im Gedächtnis, vielmehr hatten Fanausschreitungen während der Partie für Schlagzeilen gesorgt. Der Verein bemühe sich um die Aufarbeitung: Man distanziere sich von den Ereignissen, das sei gegen die eigene Fankultur.

Dennoch sei es schwierig, die Verantworlichen dafür zu belangen, erklärt der Geschäftsführer Kommunikation, Christian Arbeit, denn, "wenn wir eine Form von Freiheit wollen, also keine personalisierten Tickets, ist es schwierig, die Verantwortlichen genau zu bestimmen. Jeder Käufer kann seine Karte frei weitergeben. Wirklich nachzuvollziehen ist das dann leider nicht mehr."

Die vier Szenarien aus Berliner Sicht

Wie es in der Europa League für Union weitergeht, ist ein Rechenspiel, das seinesgleichen sucht. Wer da durchsteigen will, muss tief in das Regelwerk des Fußballs hinabsteigen.

Variante 1: Union gewinnt die Gruppe und steht im Achtelfinale.

Alle acht Gruppensieger stehen direkt im Achtelfinale der Europa League.

Variante 2: Union wird Gruppenzweiter und kann noch hoffen.

Alle Gruppenzweiten spielen gegen die Gruppendritten aus der Champions League in einer Art Sechzehntelfinale, bestehend aus Hin- und Rückspiel. Die Sieger bilden die zweite Hälfte der Teams für das Achtelfinale, die Verlierer scheiden aus. Wobei Klubs aus einem Verband nicht aufeinander treffen können. Demnach könnten die Berliner weder gegen Bayer Leverkusen noch Eintracht Frankfurt, im Falle eines Abstiegs, spielen. Aktuell liegen beide Vereine in ihren Champions-League-Gruppen auf besagtem dritten Platz. Borussia Dortmund und Bayern München scheinen sich recht souverän in der Königsklasse zu halten.

Variante 3: Union wird Gruppendritter und fällt einigermaßen weich.

Alle Gruppendritten spielen gegen die Gruppenzweiten der Europa Conference League, der dritthöchsten europäischen Spielklasse, in einer Art Sechzehntelfinale, bestehend aus Hin- und Rückspiel. Die Sieger bilden die zweite Hälfte der Teams für das Achtelfinale der Europa Conference League, die Verlierer scheiden aus. Bereits in der vergangenen Sasion waren die Köpenicker in dieser Spielklasse unterwegs, scheiterten allerdings nach der Gruppenphase.

Variante 4: Union wird Letzter der Gruppe und scheidet aus.

Wird Union Gruppenvierter, ist die internationale Saison bereits vor der Weihnachtspause beendet.

Die Punktejagd startet Donnerstag

Die Rückrunde beginnt für die Unioner zu Hause an der Alten Försterei. Am liebsten würden sie so weitermachen, wie sie in Malmö aufgehört haben - mit einem Sieg gegen die Schweden. Man habe keinen Druck, Union müsse nach den letzten Jahren gar nichts mehr beweisen, erklärt Mattuschka: "Union ist extrem aufeinander abgestimmt, sie spielen ein perfektes 5-3-2-System. Egal welcher Spieler reingeworfen wird, also jeder, der seine Chance bekommt, der brennt auch dafür. Die Chemie stimmt krass und Urs Fischer ist als Trainer einfach sensationell."

Das eingeleitete Verfahren wegen der Auschreitungen gegen die Eisernen ist eröffnet - Ausgang ungewiss, denn noch haben sie keine Informationen in Köpenick erhalten. "Am Donnerstag wird wohl alles ganz normal laufen, dafür ist die Zeit auch zu kurz. Die Spekulationen sind müßig. Wir müssen jetzt das Schreiben der Uefa abwarten und bekommen dann eine Frist, um Stellung zu beziehen. Wie lang so etwas dauert, kann ich nicht sagen", erläutert Arbeit.

Warum es Union schaffen wird, in der Europa League zu überwintern

Anstoß ist um 21 Uhr (die Partie wird als Vollreportage live im rbb24 Inforadio übertragen) - und dann haben die Unioner immerhin einen kleinen Vorteil, denn die Hauptkonkurrenten Royale Union Saint-Gilloise und Braga spielen bereits um 18:45 Uhr, wobei den Berlinern letztendlich wohl nur drei Punkte weiterhelfen werden.

Für Torsten Mattuschka steht übrigens fest, dass Union im europäischen Pokalwettbewerb bestehen wird: "Weil wir die nächsten beiden Heimspiele gewinnen. Dann gibt’s noch einen Punkt in Belgien, schon hast du zehn auf dem Konto und bist durch." So einfach kann Fußball sein.

Sendung: Inforadio, 11.10.22, 10:15 Uhr

Beitrag von Jonas Schützeberg

6 Kommentare

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  1. 6.

    "das gehört der Stadt Berlin, von der ich eher politische "Neutralität" erwarte als von einem Fußballverein."
    dann schauen Sie mal in die Satzung des Vereins 1. FC Union Berlin. Vielleicht finden Sie den Passus, der den Verein zu politischen Neutralität verpflichtet. Ihre Erwartungen spielen da null,null eine Rolle.

    Im Übrigen würde ich mit der Einschätzung "Faschisten und Nazi Viktor Orban" vorsichtig sein. Es ist reichlich naiv, diese Keule raus zu holen, wenn es um (erz)konservative Politik geht. Es könnte sein, dass man dann schnell allein da steht, wenn man auf Entwicklungen in Italien, Frankreich, Polen oder anderen EU-Ländern schaut.

    Tusche finde ich immer wieder klasse mit seinen Einschätzungen. Ich wünsche mir morgen einen Sieg und dann zwei Endspiele. Egal was dann raus kommt.. wir können stolz sein! Eisern!

  2. 5.

    Ich dachte eigentlich, wir reden hier über Union und die Euroleague. Ja, Union hat noch alle Chancen, weiter im Europacup zu überwintern. Wo, das wage ich nicht vorauszusagen. Jedenfalls werden auch diese Spiele Union weiter formen. Und es ist eine Ehre, dass wir den Präsidenten eines EU-Staates bei uns begrüßen durften und das der ungarische Nationalspieler Andras bei uns spielt. Übrigens hat sich Orban auch mit Scholz getroffen.

  3. 4.

    Warum sollte Union nicht davon gewusst haben, wer dort kommt? Das Stadion gehört Union, sie haben dort Hausrecht. Ich glaube kaum, dass sie nicht wussten, wer da kommt und wem sie eine Loge bereitstellen. Sollte es wirklich so sein, dass Union davon nichts wusste, ist es zwar unglücklich, aber trotzdem zu verurteilen. Sie hätten sich auch im städtischen Olympiastadion treffen können - das gehört der Stadt Berlin, von der ich eher politische "Neutralität" erwarte als von einem Fußballverein.

  4. 3.

    @Viktor
    Von "Willkommen geheißen" kann da wohl keine Rede sein. Der Club selbst hatte bis kurz vorher keine Ahnung, dass Orban da auftauchen würde. Dass man einen EU-Mitgliedspräsidenten, der einen Nationalspieler besuchen möchte, nicht so einfach auslädt, ist zwar schade, aber verständlich. Union zeigt häufiger als andere eine grundsätzliche Haltung zu bestimmten gesellschaftlichen Problemen, aber letztendlich ist es ein Verein im Profifußball. Wer darüber meckert, hat recht, muss aber konsequenterweise dem Profifußball abschwören und darf nicht ein Länderspiel bei der Katar-WM gucken (mache ich auch nicht!). Eisern

  5. 2.

    Mit der Kraft vom Faschisten und Nazi Viktor Orban, der heute in der Alten Försterei willkommen geheißen wurde, hat der Kultklub aus Köpenick nun genug internationale Stärke, um in der Europa League zu bestehen. Meister der Bundesliga werden sie ja sowieso. Eisern!

  6. 1.

    Tusches Einschätzung halte ich für gar nicht mal unrealistisch; würde aber eher mit einem dritten Tabellenplatz rechnen, da schlussendlich die Tordifferenz entscheidend sein könnte, die für uns zumindest bisher nicht so dolle ausfällt. Schaun mer mal.

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