rbb24
  1. rbb|24
Video: Brandenburg Aktuell | 20.01.2020 | Rico Herkner | Quelle: rbb/Schneider

Amtsgericht

Tod einer Studentin: Unfallfahrer zu Bewährungsstrafe verurteilt

Im April 2017 wurde in Cottbus eine ägyptische Studentin angefahren, kurz darauf starb sie. Nach Rassismus-Vorwürfen erregte der Fall damals international Aufsehen. Nun ist der Unfallfahrer schuldig gesprochen geworden.

Im Prozess um den Unfalltod einer ägyptischen Studentin in Cottbus ist am Montag der Angeklagte schuldig gesprochen worden. Das Amtsgericht Cottbus verurteilte ihn zu einer Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Damit liegt es über der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Dazu kommen 200 Sozialstunden bei einem Rettungsdienst. Der Fahrer war auch nach dem Unfall einmal durch zu schnelles Fahren aufgefallen und einmal mit Alkohol am Steuer erwischt worden.

Der zum Unfallzeitpunkt 20-Jährige hatte die 22-jährige Studentin Ostern 2017 vor der Cottbuser Stadthalle mit seinem Auto erfasst und dabei so schwer verletzt, dass die junge Frau wenig später starb.

Unterschiedliche Plädoyers

Am Montagvormittag wurden zunächst die Plädoyers gehalten. Staatsanwaltschaft und Verteidigung bewerteten die Schuld des Angeklagten unterschiedlich. Die Staatsanwaltschaft forderte acht Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Der Angeklagte habe seine Pflichten als Autofahrer bewusst verletzt, als er Ostern 2017 mit 50 statt 30 Stundenkilometern durch die Innenstadt gefahren sei und die 22-jährige Frau erfasste. Strafmildernd sei zu berücksichtigen, dass das Opfer den Unfall mitverursacht habe.

Von einer erheblichen Mitschuld des Opfers ging die Verteidigung aus. Ein Autofahrer müsse nicht damit rechnen, dass Fussgänger auf die Straße treten. Der Unfall sei nicht vorhersehbar gewesen, der Angeklagte somit freizusprechen.

Studentin könnte noch leben

Nach der Aussage von Gutachtern könnte die junge Frau wahrscheinlich noch leben, wenn der Mann vorschriftsmäßig gefahren wäre. Ein Sachverständiger der Dekra hatte Anfang Januar vor dem Cottbuser Amtsgericht ausgesagt.

Seine Einschätzung: Der Unfallfahrer war mit mindestens 50 Stundenkilometern und damit wesentlich schneller als mit den erlaubten 30 unterwegs. Hätte er sich an die vorgeschriebene Geschwindigkeit gehalten, wäre es möglicherweise nicht zu dem Unfall gekommen. Dann hätte die Studentin bereits die Straße überquert. Selbst wenn es zu einem Zusammenstoß gekommen wäre, hätte dieser bei Tempo 30 keine tödlichen Folgen gehabt.

"Ein wirklich unglücklicher Unfall"

Im Prozess hatten mehrere Zeugen ausgesagt. Ein Freund des Opfers erklärte im Dezember 2019, dass das Auto seiner Ansicht nach zu schnell gefahren sei. Außerdem soll der Fahrer seinen Wagen kurz vor dem Zusammenstoß noch einmal beschleunigt haben. Das Gleiche hatte ein weiterer Zeuge in seiner Aussage im September berichtet. Er erklärte aber auch wörtlich: "Ganz ehrlich, nach meiner Einschätzung war das ein wirklich unglücklicher Unfall."

Eine weitere Zeugin hatte berichtet, dass sie kurz vor dem Unfall am Unfallort unterwegs gewesen sei. Die Geschwindigkeit des Fahrzeugs konnte sie nicht einschätzen. Sie erklärte aber, dass das spätere Unfallopfer plötzlich auf die Straße gesprungen sei, als das Auto ein bis zwei Meter vor der Frau war.

Ermittlungen wegen rassistischer Beleidigungen eingestellt

Der Fall hatte international Aufsehen erregt, weil das Opfer nach ersten Informationen noch am Tatort rassistisch beleidigt worden sein soll. Die Heimatuniversität der Gaststudentin hatte daraufhin anderen ägyptischen Studenten empfohlen, ihren Wohnort von Cottbus nach Berlin zu verlegen.

Die Ermittlungen wegen rassistischer Beleidigungen wurden allerdings im November 2018 eingestellt. Die Vorwürfe seien in keiner Hinsicht erwiesen, hieß es damals vom Leitenden Oberstaatsanwalt Bernhard Brocher. Mehrere Dutzend Zeugen, darunter Sanitäter und Polizisten, hätten nicht bestätigen können, dass ein Beifahrer das Opfer beleidigt habe.

Artikel im mobilen Angebot lesen