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Audio: rbb24 Inforadio | 07.12.2022 | Sabine Müller | Quelle: dpa/Wolfgang Kumm

Festnahme bei "Reichsbürger"-Razzia

Berliner Richterin soll an Staatsstreich-Plänen beteiligt sein

Brisante Personalie bei der "Reichsbürger"-Razzia wegen mutmaßlicher Staatsstreich-Planung: Unter den Festgenommenen ist die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Sie ist Richterin am Berliner Landgericht.

Sie sollen einen Staatsumsturz geplant haben - 25 mutmaßliche Mitglieder einer terroristischen Vereinigung aus der "Reichsbürger"-Szene sind am Mittwochmorgen festgenommen worden. Unter ihnen auch eine Berliner Richterin.

Die in Darmstadt geborene Birgit Malsack-Winkemann trat 2013 in die AfD ein und saß für die Partei von 2017 bis 2021 im Bundestag. Seit Anfang des Jahres arbeitete die 58-Jährige wieder in ihrem Job als Zivil-Richterin am Berliner Landgericht.

Razzien auch in Berlin und Brandenburg

25 Festnahmen in "Reichsbürger"-Szene - Gruppe soll Staatsumsturz geplant haben

Ein bundesweites Netzwerk soll einen Umsturz in Deutschland geplant haben. Am Mittwochmorgen rückten bundesweit Tausende Polizisten aus, auch in Berlin und Brandenburg. Es gab 25 Festnahmen – darunter auch eine Berliner Richterin.

Richterin vorerst nicht in aktuelle Verfahren eingebunden

Nach ihrer Festnahme am frühen Mittwochmorgen ist sie zunächst aber nicht mehr an aktuellen Entscheidungen des Landgerichts Berlin beteiligt. Die Juristin ist am Mittwoch aus der Zivilkammer 19a ausgeschieden, wie eine Sprecherin des Gerichts auf Anfrage des rbb mitteilte. Die Kammer ist für Bausachen zuständig ist.

Sie steht den Angaben zufolge aber weiterhin als Richterin zur Verfügung auf einer sogenannten Bereitschaftsliste. Weitere Angaben zum Dienstverhältnis der Richterin könne sie nicht machen, erklärte die Sprecherin und verwies auf die Zuständigkeit der Senatsjustizverwaltung.

Malsack-Winkemann wurde im Laufe des Mittwochs nach Karlsruhe gebracht. Dort entscheidet die Generalbundesanwaltschaft über einen Haftantrag.

Justizverwaltung wollte Richterin im Sommer in Ruhestand versetzen

Es ist nicht das erste Mal, dass es Zweifel an der Verfassungstreue von Birgit Malsack-Winkemann gibt. Die Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) wollte sie bereits im Sommer aus dem Richterdienst entfernen und in den Ruhestand versetzen – "im Interesse der Rechtspflege". Als Beleg für problematische Einstellungen von Malsack-Winkemann wurden Äußerungen aus Bundestagsreden und den sozialen Medien über Geflüchtete angebracht.

Das Berliner Verwaltungsgericht hatte den Ruhestandversetzungs-Antrag der Justizverwaltung allerdings zurückgewiesen. Denn eine solche Versetzung sei nur möglich, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden. Die liege aber nicht vor.

Neuer Anlauf für Entfernung aus Richterdienst

Justizsenatorin Kreck will sich nun erneut dafür einsetzen, dass Malsack-Winkemann aus dem Richterdienst entfernt wird und danach kein Ruhegehalt erhält. Das bestätigte sie am Mittwoch dem rbb. Kreck nannte Malsack-Winkemann "brandgefährlich".

Die Ausweitung rechter Strukturen in der Gesellschaft und auch der Justiz müsse nun weiter im Auge behalten werden, betonte Justizsenatorin Kreck: "Ich weiß, dass es auch andere Richter und Richterinnen gibt, die sich verschwörungstheoretisch geäußert haben, und wir werden das natürlich immer weiter mit einem wachen Auge verfolgen."

Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sprach sich für einen erneuten Anlauf im Verfahren aus. Sie wolle mit aller Entschlossenheit gegen eine Gefährdung durch "Reichsbürger" vorgehen, sagte sie.

Berliner Verwaltungsgericht

Ehemalige AfD-Abgeordnete darf Richterin bleiben

Eine frühere Bundestagsabgeordnete der AfD darf weiter als Richterin im Berliner Landgericht arbeiten. Die Berliner Justizsenatorin Kreck hatte sie in den Ruhestand schicken wollen, um eine "schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege" abzuwenden. Von Ulf Morling

Malsack-Winkemann soll seit Monaten überwacht worden sein

Malsack-Winkemann gehört zum Rechtsaußenflügel der AfD. Auf dem Listenparteitag 2017 wiegelte sie nach rbb-Informationen mit einer radikalen Rede auf. Sie gilt als Anhängerin von Verschwörungsmythen.

Nach ARD-Informationen war sie im "Schattenkabinett" der Umstürzler als Justizministerin vorgesehen und spielte in den Umsturzplänen offenbar eine zentrale Rolle. Vor der Razzia am Mittwoch war sie seit Längerem überwacht worden - wie auch viele andere Mitglieder der Gruppe.

AfD-Parteichefin Brinker: Von möglicher Radikalisierung nichts bemerkt

Die Berliner AfD kündigte an, die Ermittlungen des Generalsbundesanwalts abwarten zu wollen, bevor man über die parteiliche Zukunft der Ex-Bundestagsabgeordneten Malsack-Winkemann entscheide, hieß es. Parteichefin Kristin Brinker sagte dem rbb, der Verdacht gegen die Berliner Ex-Abgeordnete wiege schwer, man müsse aber jetzt abwarten, ob er sich durch die weiteren Ermittlungen erhärte. Falls ja, werde es mit Sicherheit ein Parteiausschlussverfahren geben.

Brinker betonte, die Berliner AfD sei völlig überrascht von der Festnahme. Man werde nun auch intern versuchen, Erkenntnisse zu sammeln. Brinker sagt, sie habe von einer möglichen Radikalisierung ihrer Parteifreundin nichts bemerkt, Malsack-Winkemann sei seit etwa einem Jahr nicht mehr in der Parteiarbeit aktiv. Brinker und Malsack-Winkemann gehören demselben AfD-Bezirksverband an.

Sendung: rbb24 Inforadio, 07.12.2022, 12 Uhr

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