Seit vier Jahren in Berlin vermisst - Was über das Verschwinden der Schülerin Rebecca bekannt ist - und was nicht

Sa 18.02.23 | 08:12 Uhr
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Archivbild:Ein junges Mädchen, das mit einer Gruppe Jugendlicher unterwegs ist, klebt am 28.02.2019 in einem Park zwischen den U-Bahnhöfen Johannisthaler Chaussee und Britz-Süd Flugblätter an einen Laternenpfahl.(Quelle:dpa/C.Soeder)
Audio: rbb 88.8 | 17.02.2023 | Interview mit Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner | Bild: dpa/C.Soeder

Dass Teenager vermisst werden, kommt vor - die meisten tauchen nach wenigen Tagen wieder auf. Nicht so die 15-jährige Rebecca aus Berlin-Neukölln. Die Schülerin verschwand 2019 spurlos aus dem Haus von Familienangehörigen. Was über den Fall bekannt ist.

Der Vermisstenfall Rebecca hielt die Hauptstadtregion 2019 in Atem. Vier Jahre nach dem Verschwinden der damals 15-jährigen Schülerin sucht eine Mordkommission des Landeskriminalamtes Berlin weiter nach einer aussagekräftigen Spur. Rebecca war damals aus dem Haus ihrer Schwester und ihres Schwagers verschwunden. Die Polizei hat an diesem Freitag mitgeteilt, dass es bis heute kein Lebenszeichen von ihr gibt.

Mehr als 3.000 Hinweise haben die Ermittler seitdem bearbeitet. Nun haben sie verschiedene mit dem Mädchen vermisste Gegenstände auf ihrer Internetseite veröffentlicht und erhofften sich mit einem neuen Aufruf [berlin.de/polizei] weitere Hinweise. Denn die Ermittlungen seien ins Stocken geraten, sagte Sebastian Büchner von der Staatsanwaltschaft.

Was man über die Umstände des Verschwindens weiß

Der 18. Februar 2019 ist der Tag, an dem Rebecca verschwindet. Die 15-Jährige muss erst um 9.50 Uhr zur Schule und hat nach Darstellung der Familie bei ihrer Schwester Jessica, ihrer Nichte und ihrem Schwager im Neuköllner Ortsteil Britz auf dem Sofa übernachtet.

Die Schwester geht an diesem Tag mit ihrer Tochter schon früh aus dem Haus. Rebeccas Schwager kommt in der Nacht von einer Firmenfeier nach Hause. Er schläft, als seine Frau das Haus verlässt - und zwar nach Angaben von Rebeccas Familie so lange, bis Rebeccas Mutter ihn anruft, weil sie sich Sorgen um ihre Tochter macht. Der Schwager schaut nach und beruhigt seine Schwiegermutter: Rebecca sei nicht mehr da. In der Schule kommt sie jedoch nie an. Ihre Kleider und ihr Rucksack sind weg. Als die Schülerin abends immer noch nicht zu Hause und erreichbar ist, melden Rebeccas Eltern sie bei der Polizei als vermisst. Auch Rebecas Smartphone ist und bleibt aus. Die Polizei kann später feststellen, dass sich das Handy des Mädchens zwischen sechs und acht Uhr morgens am Tag ihres Verschwindens ein letztes Mal in das Wlan des Hauses eingeloggt hatte.

Einige Gegenstände fehlten seit dem Verschwinden Rebeccas: Ein weißer Kapuzenpullover mit der Aufschrift "Rap Monster", ein schwarz-weißer Sportschuh, eine beige-rosafarbene Handtasche, ein Rucksack und eine Fleecedecke.

Was es über die Suche nach dem Mädchen zu wissen gibt

Gleich nach dem Verschwinden Rebeccas suchen Familienangehörige mit Flugblättern und in den sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #findbecci nach ihr. Ohne Erfolg. Auch die Polizei sucht die Umgebung erfolglos ab. In der Zeit nach dem Verschwinden der Jugendlichen suchen die Ermittler vor allem im Osten Brandenburgs wochenlang mit Hunderten Polizeibeamten, Mantrailer-Hunden, Booten und Tauchern in Wäldern und Seen nach Rebeccas Leiche. Ebenfalls ohne Erfolg.

Nun, vier Jahre nach dem Verschwinden der 15-Jährigen, versucht die Polizei immer noch, den Fall aufzuklären und Hinweise auf den Verbleib des Mädchens zu finden. Bei den Ermittlern heißt es aber, solche Fälle könnten auch nach Jahren gelöst werden, wenn Hinweise oder Spuren auftauchen. Endgültig geschlossen werden die Akten nicht.

Sämtliche Alternativgeschehen (...) können wir nach den Ermittlungen ausschließen. Für ein freiwilliges Verlassen der häuslichen Umgebung gibt es überhaupt keine Hinweise.

Ermittler zum Vermissten-Fall Rebecca

Warum vom Tod des Mädchens ausgegangen wird

Schon wenige Tage nach Rebeccas Verschwinden ermittelt eine Mordkommission des Landeskriminalamtes im Fall der Schülerin. Die Begründung: Es gebe seit mehreren Tagen keine Hinweise für den Aufenthaltsort des Mädchens – eine Straftat könne nicht ausgeschlossen werden. Dass Rebecca weggelaufen sein könnte, schließt auch ihre Mutter gegenüber dem rbb aus. Die Eltern hoffen, dass die Tochter noch lebt, sie irgendwohin verschleppt wurde.

Seit dem 1. März 2019 gehen die Ermittler nach eigenen Angaben davon aus, dass die 15-Jährige das Opfer eines Tötungsdelikts wurde. Noch 2020 stellte die Staatsanwaltschaft fest: "Wir gehen weiterhin davon aus, dass Rebecca das Haus der Schwester und des Schwagers nicht lebend verlassen hat. Sämtliche Alternativgeschehen (...) können wir nach den Ermittlungen ausschließen. Für ein freiwilliges Verlassen der häuslichen Umgebung gibt es überhaupt keine Hinweise." Ausgeschlossen werden könne auch eine Entführung aus dem Haus oder auf dem Weg zur Schule. Die Polizei geht nach wie vor von einem Mordfall aus — und Mord verjährt nicht. Auch in Vermisstenfällen werden die Akten nicht endgültig geschlossen.

Sebastian Büchner von der Berliner Staatsanwaltschaft sagte dazu am 17. Februar 2023 im rbb, dass die Erfahrung die Ermittler gelehrt habe, "dass durchaus auch später immer noch Hinweise kommen können. Dass auch später noch Leute ihr Schweigen brechen, die doch etwas gewusst haben. Und auch einfach, dass irgendwelche Gegenstände noch gefunden werden, die sich dann auf einmal als eine neue und ergiebige Spur ergeben. [...] Es wird auch nach diesen vier Jahren ermittelt."

Wer der Tat verdächtigt wird

Unter Verdacht gerät der damals 27-jährige Schwager des Mädchens. Gegen ihn hält die Kriminalpolizei mehrere Indizien für ausschlaggebend [berlin.de]. Die Polizei nimmt im März 2019 den Schwager zwei Mal fest und lässt ihn jedes Mal wieder frei. Er bestreitet, etwas mit dem Verschwinden der Jugendlichen zu tun zu haben.

Der Verdächtige und seine Anwältin äußerten sich in den vergangenen Jahren nicht zum Verbleib Rebeccas, auch auf Anfragen der dpa gibt es keine Antwort. Unmittelbar nach der Freilassung ihres Mandanten erhob die Verteidigerin allerdings schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden und auch die Medien. Der Mann würde dadurch vorverurteilt. Sie berief sich auf die Unschuldsvermutung.

Die Anwältin kritisierte auch, die Ermittlungen verliefen einseitig, weil sich die Behörden früh auf ihren Mandanten als Täter fokussiert hätten und nicht nach anderen Hinweisen auf den Verbleib des Mädchens suchten.

Rebeccas Familie hält den Schwager für unschuldig.

Was wir nicht wissen

Die Frage danach, was am 18. Februar 2019 genau passiert ist, bleibt unbeantwortet. Ebenfalls, ob die Jugendliche noch am Leben ist. Es gibt wortwörtlich keine Spur von Rebecca. Auch nicht von ihrem Handy und ihren anderen noch immer vermissten Gegenständen.

Unklar ist auch, ob das Mädchen nicht doch irgendwohin verschleppt worden sein könnte. Ganz ausschließen können das auch die Ermittler nicht. Wenn Rebecca tot sein sollte, fehlt jeder Hinweis auf ihre Leiche.

Ungeklärt bleibt, welches Tatmotiv der Schwager haben sollte. Genau wie die Frage, warum er am Tag des Verschwindens und am Tag danach mit seinem Wagen auf der Autobahn unterwegs war. Der Familie von Rebecca soll er diese Fahrten plausibel erklärt haben. Von Fahrten als Drogenkurier war dabei nach Medienberichten die Rede. Bei der Polizei soll er dazu jedoch keine Aussagen gemacht haben.

Die Anwältin des Schwagers hatte Vorwürfe erhoben, die Ermittler hätten sich von Anfang an nur auf ihren Mandanten als Täter und somit auf ein totes Mädchen fokussiert und somit einseitig gesucht. Ob das so ist, lässt sich nicht beantworten.

Unklar ist auch, warum die Polizei mit einem retuschierten Bild nach der vermissten Rebecca gesucht hat. Das Mädchen war auf dem Foto stark geschminkt und daher nur schwer zu erkennen. Der aktuelle Suchaufruf der Polizei [berlin.de/polizei] findet wieder mit besagtem Bild statt.

Sendung: Fritz, 17.02.2023, 15:30 Uhr

22 Kommentare

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  1. 22.

    Am 07.03, 2019 im Stern konnte man im Gespräch nachlesen warum die Polizei ausgerechnet dieses Foto veröffenlicht hat.
    Die Polizei ist auf die Angehörigen angewiesen, letztendlich entscheiden die Angehörige welche Fotos veröffentlicht werden.
    Es ist ein Fakt, und nun der Polizei zu rügen ist unangebracht.

  2. 21.

    ich glaube das macht nicht die Polizei, sondern die Angehörigen bestimmen welches Foto veröffentlicht wird

  3. 20.

    @Michele
    Sie sind also der Meinung, dass es in Familien mit gut bezahlten Jobs und eigenen Häusern keine Mörder geben kann, richtig?
    Dann sollte sich die Polizei im Umkehrschluss wohl erst einmal die weniger gut verdienenden Menschen aus den Mietshäusern in der Umgebung vorknöpfen. Wollen Sie uns das sagen?
    Denn Sie kennen die Familie, in der sich Ihrer Meinung nach alle so gut verstehen, scheinbar auch persönlich. Ein freiwilliges Verschwinden des Mädchens aus dieser Wohlfühloase sollte somit ja wohl auch ausgeschlossen werden können.
    Ich will nicht glauben, dass Sie wirklich so denken, aber Ihre Ausschlusskriterien hinken schon sehr.

  4. 19.

    Der Schwager war als Drogenkurier unterwegs auf der Autobahn am Tag des Verschwindens.. und das ist eine plausible Erklärung?? Und er hat das auch noch der Polizei verschwiegen..? Also da klingeln bei mir alle Alarmglocken, weiß nicht wie es der Polizei geht. Naja zumindest für Drogenhandel kann man den Typ erstmal verurteilten. Und soweit ich weiß sind Drogenkuriere nicht auf der Autobahn, sondern in der Stadt selbst unterwegs...

  5. 18.

    Ich wünsche
    den Eltern von Rebecca das sie irgendwann ihren Frieden finden und das sie wissen was passiert ist.

  6. 17.

    Wenn ich mich richtig erinnere, dann war am Anfang das bearbeitete Foto veröffentlicht worden.
    Das andere Foto habe ich erst später gesehen..

  7. 16.

    Richtig....und dieses Foto sagt doch aus wie Rebecca jeden Tag ausgesehen hat oder.......

  8. 15.

    Die Ermittler können nur das Foto zeigen, das ihnen zur Verfügung gestellt wird.

  9. 13.

    Er hatte ja die Wahl! Wenn er nicht aussagt,wo er hingefahren ist,dann wird sein Bild veröffentlicht. Er hatte es somit selbst in der Hand,mit zur Aufklärung beizutragen....was ich sowieso schon komisch finde- sich an keiner Suchaktion zu beteiligen...und zu schweigen,statt ein Familienmitglied mitzusuchen...

  10. 12.

    @ Heike, es ist nicht die Schminke, das Bild ist über ein Bildbearbeitungsprogramm von der Fotografierten verändert worden. Es gab ein anderes Foto, da sieht man den Unterschied deutlich.
    Warum auch immer dieses Foto gewählt wurde, mir ist es nicht ganz verständlich.

  11. 11.

    Ganz genau so sehe ich das auch. Der Schwager war das nicht. Warum auch? Sie verstanden sich sehr gut. Die Familie im allgemeinen war vorbildlich und nicht irgendwie Milieu gezeichnet.
    2 Häuser, gute Jobs usw...auch die Ehe von der Schwester war gut...Es gibt einfach kein Motiv

  12. 10.

    So ein Besserwissertum! Es wird GRÜNDE geben, warum die Polizei wieder dieses Bild veröffentlicht hat. Hinzu kommt: vllt. muss d. Familie zustimmen, welches Foto zur Suche genutzt werden darf. Deren Intentionen kennt hier niemand. Und wenn Polizei + Staatsanwaltschaft ausschließen kann, d. die junge Frau das Haus lebend verlassen hat, ist jede Besserwisserei auch erstmal fehl am Platz. Selbst wenn sich die Familie geschlossen hinter den Schwager stellt. Was hingegen die Anwältin d. Schwagers verlauten lässt, ist Standard-Repertoire einer Verteidigung. Für die Familie wäre es aber ein Horror biblischen Ausmaßes, den als Gedanken zuzulassen kaum "aushaltbar" wär. Also bitte keine Inschutznahme des Schwagers, wie es hier etliche Frauen tun. Sie wissen einen Sch... genauso wie ich! Ich wünsche der Familie, dass sie hoffentlich irgendwann etwas Frieden finden kann. Und der Polizei, dass sie den Fall noch lösen möge.

  13. 9.

    Dieses Bild auf der Polizeiseite zeigt ein Rebecca wie sie wahrscheinlich ausgesehen hat wenn sie zur Schule gegangen ist...oder ausgegangen ist. Ungeschminkt zeigen sich die Mädchen in diesem Alter eher selten.

  14. 8.

    @ Heike, bin Mutter und versteh trotzdem ihre Erklärung für das veröffentlichte Foto nicht. Zumal ein zweites, naturgetreues Foto von ihr auch veröffentlicht wurde. Dieses weichgespülte Bild hat keinen Wiedererkennungswert.

  15. 7.

    Hört auf hier zu lappern.
    Es ist doch schlimm genug .
    Wenn einer der das hier liest was weiß dann bitte die Polizei Informieren.
    Alles gute den Ermittlern das Sie doch den Fall aufklären.

  16. 6.

    Erstaunlich ist wie viele hier doch so viel besser ermitteln können als die Polizei selber. Warum wird dieses so wichtige Wissen nicht mit der Polizei geteilt???
    Und an Kommentar zwei.....warum wohl hat die Polizei solch ein "Püppchenbild " von Rebecca veröffentlicht ? Haben Sie eigene Kinder, dann wüssten Sie es.
    Ich wünschen es den Eltern von ganzen Herzen, das sie irgendwann erfahren, was mit ihrer Tochter passiert ist.

  17. 5.

    Interessant wäre zu wissen, ob der Schwager auch vorher diese Strecken mit dem Auto in Richtung Land Brandenburg gefahren ist, oder nur an diesen besagten beiden Tagen.

  18. 4.

    Es wird ja gern auf den Schwager als Tatverdächtigen hingewiesen, was m.E. an sich schon einen eklatanten Widerspruch zu dessen Persönlichkeitsrechten darstellt.
    Wie erklärt sich die Polizei aber das Verschwinden des Mädchens innerhalb weniger Stunden, ohne das jegliche Spuren nachweisbar sind? Das dürfte für eine Affekttat/ Unfall im bekannten Umfeld doch absolut unüblich sein und gegen die aktuell angenommene Täterschaft sprechen.

  19. 3.

    Na, wenn Sie mehr wissen, melden Sie sich doch und teilen Sie ihr Wissen.

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