Deutschlandweiter Vergleich - Bildungsniveau in Berlin und Brandenburg laut Studie besonders schlecht

Mi 30.08.23 | 15:52 Uhr
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Symbolbild:Ein Junge sitzt am ersten Schultag nach den Sommerferien in seinem Klassenraum in Brandenburg.(Quelle:dpa/F.Hammerschmidt)
Audio: rbb24 Inforadio | 30.08.2023 | Patrik Buchmüller | Bild: dpa/F.Hammerschmidt

Der "Bildungsmonitor 2023" stellt Berlin und Brandenburg ein schlechtes Zeugnis aus. In einem deutschlandweiten Vergleich des Bildungsniveaus stehen beide Bundesländer zusammen mit Bremen an letzter Stelle.

  • "Bildungsmonitor 2023" vergleicht Bildungsniveau von allen Bundesländern
  • Berlin und Brandenburg wird geringes Niveau attestiert
  • in Berlin sind die Kompetenzen in Mathematik und Deutsch niedrig, in Brandenburg gibt es einen hohen Anteil verspätet eingeschulter Kinder

Das Bildungsniveau in Berlin und Brandenburg ist im deutschlandweiten Vergleich schlecht. Das geht aus einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Demnach stehen Berlin (39,2 Punkte) und Brandenburg (39,4) im "Bildungsmonitor 2023" [insm-bildungsmonitor.de] zusammen mit Bremen (36,4) am Ende des Rankings.

Berlin: Viele Jugendliche ohne Ausbildungsplatz

Berlin weist laut Studie in den Handlungsfeldern Betreuungsbedingungen, Input-Effizienz, Förderinfrastruktur und Internationalisierung Stärken auf:

  • Die Betreuungsrelationen (Kinder/Jugendliche je Lehrkraft) sind gut.
  • Relativ ausgeglichene Altersstruktur der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen.
  • Ein hoher Anteil der Kinder besucht Ganztagsangebote in Kitas und Schulen.
  • In Berlin gibt es den höchsten Anteil an Bildungsausländern unter den Studierenden.

Verbesserungspotenzial bestehe in Berlin in den Handlungsfeldern Berufliche Bildung, Bildungsarmut, Schulqualität und Integration, heißt es:

  • Der Anteil von Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz ist trotz Fortschritten hoch.
  • Die durchschnittlichen Kompetenzen in Mathematik und Deutsch sind niedrig.
  • Besonders enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg.

Brandenburg: Hoher Anteil verspätet eingeschulter Kinder

Brandenburg hat gemäß der Studienergebnisse Stärken in den Handlungsfeldern Integration und Internationalisierung:

  • Nur wenige ausländische Schulabsolventen erreichen keinen Schulabschluss.
  • Der Anteil der Bildungsausländer an allen Studierenden ist hoch.

Deutliches Verbesserungspotenzial bestehe vor allem bei den Bereichen Hochschule/MINT, Digitalisierung, Forschungsorientierung und Zeiteffizienz:

  • Gemessen an der akademischen Wohnbevölkerung werden wenige Personen an Hochschulen ausgebildet.
  • Wenig IT-Nachwuchs von Hochschulen und beruflicher Bildung.
  • Die Forschungsausgaben je Forscher sind die niedrigsten der Bundesländer.
  • Hoher Anteil verspätet eingeschulter Kinder

Bildungsniveau hat sich dramatisch verschlechtert

Generell habe sich das Bildungsniveau in Deutschland in den vergangenen Jahren dramatisch verschlechtert, heißt es. Vor allem in Sachen Schulqualität, Integration und Bildungsarmut gebe es negative Entwicklungen, hält der "Bildungsmonitor 2023" der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM) fest.

Im Langzeitvergleich ist das Bildungsniveau bis 2013 in vielen Felder gewachsen, dann allerdings kontinuierlich zurückgegangen. Dabei habe sich die Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft vertieft. Der Monitor, der zum 20. Mal erschienen ist, vergleicht die Bildung anhand verschiedener Indikatoren wie Lernerfolg, Bildungsinfrastruktur oder Betreuungsrelation.

Einen Grund für die Entwicklung sieht IW-Studienautor Axel Plünnecke darin, dass Kitas und Schulen "noch keine gute Antwort darauf gefunden haben, dass die Schülerschaft in den vergangenen Jahren deutlich heterogener wurde". So seien die Ergebnisse von Kindern aus bildungsfernen Haushalten oder mit Migrationshintergrund besonders stark gesunken.

Leichte Verbesserungen beim Ausbau frühkindlicher Bildung, der Ganztagsinfrastruktur sowie der Betreuungsrelation konnten dies laut Studie nicht ausgleichen. "Es fehlt an Qualität beim Ganztag und an gezielter Förderung", so Plünnecke.

Sachsen, Bayern und Thüringen schneiden am besten ab

Im aktuellen Ländervergleich schneiden Sachsen (63,4), Bayern (57,9) und Thüringen (55,3) erneut am besten ab. Allerdings sank in den beiden östlichen Bundesländern das Bildungsniveau gegenüber dem Vorjahr und stieg nur in Bayern "minimal" . Danach folgen Hamburg, Baden-Württemberg und das Saarland, sowie ein "breites Mittelfeld". Gegenüber 2013 hat Baden-Württemberg (-9,6 Punkte) im Ländervergleich am stärksten verloren.

Die Durchschnittswerte im Lesen und Zuhören bei Viertklässlern lagen im Langzeitvergleich 2021 im Bundesdurchschnitt auf dem Niveau des schlechtesten Bundeslandes Bremen im Jahr 2011.

Die Forscher des IW forderten den Ausbau frühkindlicher Bildung, mehr Selbstbestimmung für Schulen, jährliche bundesweite Vergleichsarbeiten in allen Klassenstufen sowie die gezielte Förderung von Schülern und mehr hochwertige Ganztagsangebote. INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben beklagte, dass Deutschland in der Bildungspolitik den Anschluss an die Weltspitze verliere. Besonders kritisch seien dabei die mangelnden Sprachkenntnisse in der Grundschule. Er verlangte eine Vorschulpflicht für alle Kinder, die schlecht Deutsch sprechen.

"Bildungsmonitor" stand immer mal in der Kritik

Der "Bildungsmonitor" stand in den vergangenen Jahren immer mal wieder in der Kritik - 2019 äußerte sich auch der Deutsche Lehrerverband kritisch: Das sei keine Studie im eigentlichen Sinn, sondern beurteile Bildungssysteme nach den Vorstellungen der Wirtschaft, sagte Heinz-Peter Meidinger damals als Verbandspräsident.

Bereits im Jahr 2014 hatte Rosemarie Hein (Die Linke) den Bildungsmonitor als "zu einseitig" kritisiert. Inklusion oder die allgemeine Weiterbildung kommt darin demnach überhaupt nicht vor. Auch die Schulqualität und Förderkompetenz würden sehr einseitig bewertet, sagte die Bildungsexpertin.

Die Organisation INSM, in deren Auftrag die Studie erstellt wurde, wird nach eigenen Angaben von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie finanziert.

 

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.08.2023, 10:20 Uhr

100 Kommentare

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  1. 100.

    Machen Sie gerne Vorschläge zur Verbesserung. Aber nicht so das die Guten „mit runter gezogen werden“. Wir hören dann auch zu....

  2. 99.

    Diese Art von Pessimismus verhindert leider immer wieder, dass sich überhaupt irgendetwas tut. Statt einfach mal loszulegen, werden erst alle Bedenken eingesammelt und dann jahrelang hin und her geschaukelt. Fakt ist jedoch, dass es in Ländern mit einheitlichem System besser um die Bildung steht.

  3. 98.

    Frau Dagmar, entschuldigen sie bitte, dass ich ihren Kommentareinleitungssatz übernehme, der da lautet:

    „Sie sagen es, es scheint immer mehr dumme Bürger zu geben, das liegt aber nicht an den Regierenden.“

    Verraten sie mir bitte, an wen es dann liegt, dass das Bildungsniveau in Deutschland immer mehr sinkt. Die Regierungsbewerber versprechen die Voraussetzungen für mündige Bürger zu schaffen, erreichen aber wenn sie an der Macht sind, dass die Bevölkerung immer mehr verblödet. Sie Frau Dagmar befürworten das offensichtlich, wie ihren Kommentaren zu entnehmen ist.

    Zu ihrer Information, wenn das Bildungsniveau der Deutschen ganz offensichtlich zurückgeht, dann ist in der Vergangenheit irgendetwas schief gelaufen. Solche Entwicklung schreit nach Korrektur des bestehenden Bildungssystems. Mit ihren Kommentaren stützen sie die gegenwärtige Schulpraxis. Es ist widerwärtig, dass sie Personen in die extreme Ecke stellen wollen, wenn auf Missstände hingewiesen wird.

  4. 97.

    Das lag an dem hohen Stellenwert, den die (Aus)Bildung hatte. Allerdings mit Nachteilen: Wenn keiner zurückgelassen wird, gibt es gute Durchschnittswerte für den Preis viel Geld ausgegeben zu haben. Aus meiner Sicht gut aber mit dem Makel das es zu wenig Spitzenförderung (wie beim Sport) gegeben hat. Diese Eliten waren zu klein bis gar nicht vorhanden.

  5. 96.

    Frau Dagmar es tut mir Leid sie enttäuschen zu müssen. Ich nehme meinen Kommentar nicht als Erklärung für das Wählen einer von ihnen verteufelten Partei. Da haben sie mich falsch verstanden. Für mich ist gegenwärtig keine der regierenden noch der in der Opposition befindlichen Parteien wählbar. Trotzdem gehe ich zur Wahl, setze nirgends mein Kreuz und mache meinen Wahlzettel ungültig, indem ich darauf schriftlich mein Wahlverhalten in dem Bewusstsein begründe, dass keiner der zu Wählenden meinen Kommentar liest. Warum sollten sie auch, die Wahlsieger machen sowieso nicht das, was sie vorher versprochen haben und die Verlierer trauern, dass sie nicht machen können, was sie versprochen haben. Wenn ich irgendwo ein Kreuz auf dem Wahlzettel hinterlassen hätte, würde ich mich fürchterlich grämen, fehlhandelnde Personen in Regierungspositionen geholfen zu haben. Ich will mir meine Hände nicht dreckig machen.

  6. 95.

    Da gab es mall einen Staat in Ostdeutschland, der nannte sich DDR. Die dort ausgebildeten Bürger wurden nach der Eingliederung in die Bundesrepublik wegen ihrer guten Ausbildung und fachlichen Kenntnisse und Arbeitseinstellung sehr umworben. WARUM WOHL?

  7. 94.

    Einheitliches Schulsystem? Nur dann, wenn sich die Guten nicht an die Schlechten anpassen müssen. Raten Sie mal wer dann blockiert?

  8. 93.

    "Man braucht doch vielmehr ein bundesweites Bildungskonzept. Ein einheitliches Schulsystem wäre sehr hilfreich."
    100% Zustimmung!
    Doch leider hören uns die gewählten Politiker nicht zu!

  9. 92.

    Sie sagen es, es scheint immer mehr dumme Bürger zu geben, das liegt aber nicht an den Regierenden.:
    Beispielsweise, dieser realitätsferner Kommentar, der hat was mit eigens gewollter "Verdummung" zu tun, um Argumente für die Wählbarkeit von extremen Parteien zu haben. Tja, für das eigene Versagen, braucht so ein "Ego" natürlich einen Schuldigen.

  10. 91.

    Sie haben durchaus recht. Vielleicht braucht es auch alte Lernkonzepte? Retro liegt im Trend.

    P.S. Um den offiziellen richtigen und vor allem geschlechtsneutralen Plural zu verstehen: Die Schüler?

  11. 90.

    Jeder im Land weiß, dass die einzige bei guter Pflege nachhaltig funktionierende Ressource des Landes, am Versiegen ist.
    Unsere Bildungsverwalter reagieren hilflos mit der Einstellung von Seiteneinsteigern, um die größten Löcher zu stopfen. Die negativen Folgen: Je schlechter die Lehrkräfte ausgebildet sind, desto höher ist das Frustrationspotenzial und das Risiko eines raschen Ausstiegs. Für die Qualität des Unterrichts bedeutet das nichts Gutes. In unserer Region führt es auch zu einer Nivellierung nach unten und damit zu einer schleichenden Deprofessionalisierung des Lehrerberufes.
    Niemand fragt, warum hat das Land zu wenig Lehrer ausgebildet? Wer trägt dafür die politische Verantwortung?
    Gouverner, c'est prévoir, sagte einmal ein gescheiter Kopf. Damit ist ein denkendes Vorausschauen gemeint, was vielen Politiker offensichtlich fehlt, denn sonst wären die Ergebnisse ihres Tuns nicht so desolat.


  12. 89.

    Herr Woidke allein wird daran nicht viel ändern können. Man braucht doch vielmehr ein bundesweites Bildungskonzept. Ein einheitliches Schulsystem wäre sehr hilfreich. Es wäre nicht nur vergleichbarer, es würde z.B. auch Schülern wie Lehrer den Wechsel in ein anderes Bundesland erleichtern. Wenn überall der gleiche Bildungsstandard gilt, können alle besser an einem gemeinsamen Strang ziehen.

  13. 88.

    Herr Otto ihre Annahme ist falsch, denn sie kennen jede Menge Länder, wo gesunde, arbeitsfähige Menschen für`s Nichtstun finanziert werden. Ich bin überzeugt auch ihnen werden dafür Gelder aus der Tasche gezogen. An der Börsen der Welt z.B. tummeln sich eine Unzahl von Spekulanten, die nichts tuend riesige Profite einstreichen, ohne selbst Arbeit zu leisten. Da geht es um größere Beträge wie das in Deutschland praktizierte Bürgergeld. Die Finanzoligarchen setzen auf Leute, die gezwungen sind, für die Nichtstuer zu arbeiten. Leider unterstützen viele Medien solch Unrecht. Ich kann mich an eine Show erinnern, wo eine hochgejubelte Showgröße öffentlich dafür warb, wie man übers Telefon mittels eines einmaligen Geldeinsatzes spekulativ Unmengen an Geld verdienen kann. Schlimm ist, dass ich solche manipulativen, das Bildungsniveau senkenden Werbeaktionen über die öffentlich zu entrichtende Fernsehgebühr mitfinanzieren muss.

  14. 87.

    Rbb24 berichtet: „Bildungsniveau in Berlin und Brandenburg laut Studie besonders schlecht.“ Diese mittlerweile allgemein bekannte Binsenweisheit scheint im Interesse der Regierenden zu sein. Dumme Bürger lassen sich leichter manipulieren und von eigenen Unfähigkeiten ablenken. Für sämtliche Krisen, die auf uns einstürmen, sind sie ohne Ausnahme mitverantwortlich, seien es Energie-, Klima-, Wirtschafts- und Umweltkrise, Inflation, Fachkräfte-, Wassermangel oder Verschärfung des Konflikts zwischen Arm und Reich und sinkendes Bildungsniveau, desolate Wirtschaftsentwicklung. Leider lässt von unten der Widerstand gegen solch abwegige Entwicklung nach, was der gegenwärtigen politischen Situation geschuldet ist. Sämtliche, etablierten Parteien sind nicht in der Lage, positiv zum Wohle der Masse der Bevölkerung die Entwicklung voranzutreiben. In ihren Wahlprogrammen versprechen sie viel, jedoch halten sie wenig.

  15. 85.

    Sie haben durchaus recht. Vielleicht braucht es auch alte Lernkonzepte?

    P.S. Um den offiziellen richtigen und vor allem geschlechtsneutralen Plural zu verstehen: Die Schüler?

  16. 84.

    Vollkommen richtig. Fürs Nichtstun gibt es mehr Geld als manche Rentner für 40 Jahre malochen!

  17. 83.

    "Neue Konzepte" gab es zu Hauf. Deshalb sind wir da, wo wir sind."

    Genauso ist es, bei jedem Regierungswechsel kommt ein neuer Minister samt Berater die immer den "Stein der Weisen" in der Tasche haben........nur der Erfolg bleibt aus!

    "Von den internationalen Spitzen lernen. Ist einfach, billig und effektiv."

    Völlig richtig. Einfach von den Besten lernen und Konzepte übernehmen, das kann doch nicht so schwer sein!
    Nur warum wird es nicht gemacht?

  18. 82.

    Unmotivierte Eltern, die sind wirklich ein Problem, insbesondere für diese Kinder, die das Pech haben bei lieblosen unmotivierten Eltern aufwachsen zu müssen.
    Solchen Eltern ist mit Geld nicht zu helfen, deswegen muss sicher gestellt werden, dass es der Förderung dieser vernachlässigter Kinder dient.

  19. 81.

    Das ist eben nicht unwichtig. Aber ich weiß schon, warum dies manche nicht wissen wollen oder die Augen verschliessen.

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