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Audio: Inforadio | 05.01.2021 | Dörthe Nath interviewt Gabriele Schlimper | Quelle: dpa/Andreas Gora

Interview | Paritätischer Wohlfahrtsverband

"Für die Über-90-Jährigen ist das eine Herausforderung"

Seit Montag können sich über 90 Jahre alte Menschen in Berlin Impftermine geben lassen. Gabriele Schlimper, Chefin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin, erklärt, welche Probleme eine Impfung in Zentren bereitet und was die Gründe dafür sind.

Seit Montag können sich in Berlin auch Über-90-Jährige impfen lassen, die zu Hause wohnen. 2.500 Menschen wurden schriftlich eingeladen; sie können sich gratis mit dem Taxi in ein Impfzentrum fahren lassen. Doch für viele ältere Menschen ist das eine große Herausforderung.

Gabriele Schlimper ist die Chefin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin, vertritt also viele Pflegeheime und Pflegedienste. Sie sieht die Hürden - aber auch wenig andere Möglichkeiten.

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rbb: Frau Schlimper, ist das ein funktionierendes Angebot für die über 90-Jährigen in Berlin?

Gabriele Schlimper: Sagen wir mal, das ist das einzige Angebot, was man sich so vorstellen konnte. Die Alternative wäre gewesen, man würde die Leute alle zu Hause aufsuchen. Das ist aber rein logistisch wahrscheinlich gar nicht zu organisieren bei der Anzahl der Menschen, die in dieser Stadt impfen können.

Dass die Über-90-Jährigen in Berlin den Weg in die Testzentren selber finden müssen, ist natürlich eine Herausforderung. Da muss man schauen, wie das funktioniert. Aber eine andere Möglichkeit mit dem Hausbesuchen wäre schwierig gewesen, weil der Impfstoff so knapp ist. Sonst könnte man den Pflegediensten sagen: 'Sie haben den Impfstoff, Sie haben das Personal, Sie können jetzt loslaufen und die Leute impfen.' Aber wir haben bei dem Impfstoff zurzeit eine klassische Mangelwirtschaft. Und da muss man sehen, was geht.

Man bekommt einen Brief mit einem Code und einer Anleitung und muss sich dann den Termin online buchen: Ist das für 90-Jährige so ohne Weiteres möglich?

Nein, natürlich ist das nicht ohne Weiteres möglich. Deswegen haben die sich ja schon ein bisschen was ausgedacht: Es gibt auch eine Telefonnummer, wo Sie zur Terminfindung anrufen können. Es wäre aber natürlich auch sinnvoll, wenn die Leute sich dann auch die Adresse notieren und alles - ganz so einfach ist es nicht.

Ich gehe jetzt mal davon aus, dass sehr viele Menschen in Berlin, die über 90 sind, in irgendeiner Versorgungsstruktur drin sind, und dass sie unterstützt werden. Und diese Unterstützung muss natürlich da sein, wenn es jetzt darum geht, diese ganze Terminbuchung online oder über Telefon zu organisieren - sonst wird das nicht funktionieren.

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Wäre es nicht sinnvoll, wenn die Angehörigen, die die Alten zuhause pflegen, gleich mitgeimpft würden. Wie sehen Sie das?

Selbstverständlich ist es sinnvoll. In dem Moment, wo die Angehörigen auch in einer vergleichbaren Altersgruppe sind, ist das auch gar kein Problem. Aber problematisch ist es eben dann, wenn die Angehörigen deutlich jünger sind. Dann werden sie - leider - heute noch eingeordnet in die Logiik: 'Die Jüngeren sind dran, wenn wir eben daran sind.' Das liegt eben daran, das nicht genug Impfstoff da ist.

Es ist die Priorität - und das kann ich nachvollziehen -, dass eben erst die Hochaltrigen Menschen geimpft werden, weil diese, wenn sie infiziert sind, am schnellsten heftig erkranken oder auch versterben. Das ist leider so, das ist jetzt ganz fürchterlich. Ich bin der Meinung, dass alle mitgeimpft werden sollen - jeder. Aber wenn kein Impfstoff da ist ...

In den paar Tagen seit dem Impfstart sind jetzt 11.625 Menschen in den Heimen in Berlin geimpft worden. Das hört sich erst einmal viel an. Können Sie das so ein bisschen ins Verhältnis setzen? Ist das so gut, wie es klingt?

Es ist schon nicht ganz ohne Erfolg. Ich schätze, das ist knapp die Hälfte der Menschen in Berlin, die in Pflegeheimen leben. Und das war ein Riesenkraftakt, diese Menschen zu impfen, die Logistik zu organisieren. Ich weiß, dass alle Beteiligten zwischen Weihnachten und Neujahr wie wild geackert und gearbeitet haben, um das auf die Beine zu stellen und das jetzt schon 11.000 Menschen geimpft worden sind, das finde ich sehr gut.

Und dass man auch gleichzeitig vernünftigerweise damit angefangen hat, tatsächlich das Pflegepersonal mit einzutakten, das finde ich wirklich vernünftig. Entscheidend ist, dass die Leute dann auch zeitgerecht ihre zweite Impfung kriegen, dass dann ausreichend Impfstoff da ist. Ich will das gar nicht in Frage stellen - aber das ist in der Tat auch eine Herausforderung.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Dörthe Nath für Inforadio. Dieser Text ist eine redigierte und gekürzte Version des Gesprächs. Sie können es mit Klick in das Aufmacherbild nachhören.

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