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Audio: Inforadio | 03.06.2021 | Sabine Müller | Quelle: dpa/Christoph Soeder

Corona-Pandemie

Impfbereitschaft unter den ältesten Berliner Bürgern ausgereizt

Mittlerweile haben gut 42 Prozent der Bevölkerung in Berlin die erste Corona-Impfung bekommen - in einer Altersgruppe scheinen sogar schon alle Willigen die erste Spritze bekommen zu haben. Und überraschend erwartet Berlin nun doch mehr Impfstoff. Von Sabine Müller

Unter den ältesten Bürgerinnen und Bürgern in Berlin sind inzwischen offenbar fast alle, die sich impfen lassen wollten, auch tatsächlich geimpft worden. Das legen aktuelle Zahlen der Gesundheitsverwaltung nahe, die der Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg (Die Linke) abgefragt hat. Bei den Über-80-Jährigen steigt die Impfquote demnach nur noch minimal. Vor einem Monat hatten in dieser Altersgruppe 74 Prozent die erste Spritze bekommen, aktuell sind es 75,9 Prozent.

Aus der Senatsverwaltung heißt es: "Es ist anzunehmen, dass damit die Quote derer, die geimpft werden wollen, weitgehend erreicht wurde." Drei Viertel geimpft - das entspricht laut Umfragen der Impfbereitschaft in der Gesamtbevölkerung. Wolfgang Kreischer, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Berlin-Brandenburg, bewertet die Zahl gegenüber dem rbb positiv: "Das ist eine sehr gute Impfquote, mehr braucht man eigentlich gar nicht."

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In der Altersgruppe der 60- bis 79-Jährigen sind die Jüngeren öfter geimpft

Als der Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg die neuen Impfquoten-Zahlen durchblätterte, wurde er an einer Stelle stutzig: Es sind deutlich weniger Menschen zwischen 70 und 79 Jahren geimpft als in der jüngeren Altersgruppe von 60 bis 69 Jahren. Das verwundert, weil die Über-70-Jährigen schon seit viel längerer Zeit Impf-Termine ausmachen können. In der älteren Gruppe sind 68 Prozent geimpft, in der jüngeren 75 Prozent.

Die Gesundheitsverwaltung geht nicht davon aus, dass organisatorische Probleme für diesen Quoten-Unterschied verantwortlich sind. Auf rbb-Nachfrage schreibt sie, dies könne unter anderem daran liegen, dass ein hoher Anteil an 60- bis 69-Jährigen noch berufstätig sei und aufgrund ihres Berufes schon früh impfberechtigt gewesen sei. Etwa als Mitarbeitende in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern.

Auch Wolfgang Kreischer vom Hausärzteverband vermutet die Berufstätigkeit als entscheidenden Punkt: "Die Über-70-Jährigen sind nicht mehr berufstätig und haben persönlich nicht so sehr den Druck, sich impfen zu lassen. Die Berufstätigen zwischen 60 und 70 haben viele Kontakte und wollen jetzt schneller geimpft werden." Für die Altersgruppen unter 60 kann die Gesundheitsverwaltung keine detaillierten Impfquoten nennen.

Plötzlich mehr Astrazeneca

Bei den Zahlen, die er abgefragt hat, ist Sebastian Schlüsselburg noch eine weitere Besonderheit ins Auge gesprungen: Die Gesundheitsverwaltung kündigt für Juni überraschend neue Lieferungen von Astrazeneca für die Impfzentren an. Dabei hatte sie beim Bund eigentlich keine bestellt und es gab Zweifel, ob die vorhandenen Dosen für die Zweitimpfungen in den Impfzentren reichen würden.

Nun sollen in den Wochen von Mitte bis Ende Juni insgesamt 36.000 Dosen Astrazeneca vom Bund geliefert werden. Die Gesundheitsverwaltung sagt, vorhandene Mengen und notwendige Lieferungen seien jetzt in Übereinstimmung gebracht worden.

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Daten-Zugang für alle

Sebastian Schlüsselburg ist leicht genervt davon, dass er detaillierte Daten zu Impfquoten, verimpften Dosen und Impfstoff-Bestand immer mühsam abfragen muss und die Gesundheitsverwaltung sie nicht proaktiv zur Verfügung stellt. Und zwar nicht nur den Abgeordneten, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern: "Meine Bitte wäre, dass die Senatsverwaltung tagesaktuell die Übersichten, die ich mit meiner schriftlichen Anfrage erfragt habe, auf der Corona-Webseite des Landes öffentlich macht. Denn nur so können wir auch öffentlich erkennen, wo es gegebenenfalls ein Problem gibt, wo wir als Politik schnell nachsteuern müssen."

Bisher stellt die Gesundheitsverwaltung so detaillierte Corona-Zahlen ungefragt nur dem kleinen Kreis der Senatsmitglieder zu Verfügung. Die bekommen zu jeder Sitzung eine Tischvorlage mit den frischen Zahlen. Für den linken Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg ist es fast schon ein kleines Ritual. In regelmäßigen Abständen fragt er bei der Gesundheitsverwaltung detaillierte Corona-Zahlen ab. Gerade hat er wieder eine solche Anfrage zurückbekommen und fordert im rbb, es müsse maximale Transparenz bei den Zahlen geben.

Sendung: Inforadio, 03.06.2021, 6 Uhr

Beitrag von Sabine Müller

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