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Quelle: imago images/Joker

Folge der Corona-Krise

Fahrschüler in Berlin stehen im Prüfungs-Stau

Vier Monate mussten Berliner Fahrschulen in diesem Jahr wegen Corona schließen. Die Prüfungsfristen hat der Senat deshalb verlängert. Doch die Probleme bleiben. Von Wolf Siebert

Studentin Michelle sitzt in der Fahrschule Fuchs in Berlin-Frohnau und wartet auf einen Termin für ihre praktische Fahrprüfung. Dabei hatte sich die 20-jährige schon so auf die Unabhängigkeit gefreut, die sie sich vom Führerschein erhofft: "Ich muss nicht immer auf den Busfahrplan achten, wenn ich mich mit Freunden treffen will. Ich kann halt nicht auch mal mit Freunden spontan wegfahren, das wäre eben auch ein Stück Freiheit."

Michelle ist eine von 250 Fahrschülern, die allein in der Fahrschule Fuchs auf ihre Prüfungen warten. In Berlin gibt es rund 400 Fahrschulen.

Fahrschülerin Michelle | | Quelle: rbb/Wolf Siebert

Es gibt zu wenige Prüfer

Dass Berlin nun die Frist für das Ablegen der Fahrprüfung bis Silvester verlängert hat, löse das Problem nicht, sagt Stephan Ackerschewski, Vorsitzender des Berliner Fahrlehrer-Verbands. Es gebe sehr viele Fahrschüler, deren Prüfungsfrist im neuen Jahr liege. Denn nach den Lockdowns habe es einen regelrechten Run auf die Fahrschulen gegeben, und all diese Bewerber stünden noch in der Warteschlange.

Der Stau bei den Prüfungen wurde nicht nur durch die Lockdowns und die vorübergehende Schließung der Fahrschulen ausgelöst. Tüv und Dekra, die beiden Organisationen, die Fahrschüler prüfen dürfen, haben einfach nicht genug Personal - obwohl sie in den letzten Monaten kräftig aufgestockt haben. Deshalb gibt es zu wenige Prüfungstermine.

Kein Platz für pragmatische Schritte

Stephan Ackerschewski hatte ganz pragmatisch die Hilfe seines Verbands angeboten: Für die Dauer der Pandemie könnten doch auch Fahrlehrer Prüfungen abnehmen: "Wir denken, das ist kein Hexenwerk, wenn ein Fahrlehrer die Fahrerlaubnis prüfen. Aber das gibt leider die Gesetzeslage nicht her, und daran sind wir gebunden."

Die Gesetzeslage ist das bundesweite Kraftfahrsachverständigengesetz von 1971. Danach kann nur Fahrprüfer sein, wer auch ein technisches Studium absolviert hat, wer Maschinenbauer oder Diplomingenieur ist. Und deshalb sind Fahrlehrer außen vor.

Noch ein Problem: Seit Anfang 2021 müssen die Prüfer von Tüv und Dekra ein elektronisches Prüfprotokoll anlegen, wodurch sich die Prüfungen um zehn Minuten verlängert haben. Deshalb schaffen die Prüferinnen und Prüfer pro Tag nur noch neun statt elf Prüflinge. Auch hier hatte der Fahrlehrerverband einen pragmatischen Vorschlag: das elektronische Prüfprotokoll vorübergehend auszusetzen. Die Antwort: Bitte warten.

Geschlossen in Berlin, offen in Brandenburg

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In Brandenburg sieht es besser aus

Nichts anderes bleibt auch Fahrschülerin Michelle übrig. Kopfschüttelnd erzählt sie: "Als ich die theoretische Prüfung bestanden hatte, hat man mir gesagt, ich solle mich schon mal auf die Warteliste für die praktische Prüfung setzen lassen. Warteliste? Ich dachte, das sei ein Witz. Ich hätte es mal machen sollen, denn jetzt muss ich noch bis Januar warten." Für sie wird es dadurch auch teurer, um einige Hundert Euro. Denn um die Fahrpraxis bis zur Prüfung nicht zu verlieren, wird sie weitere Fahrstunden nehmen müssen.

Jenseits der Berliner Landesgrenze ist man einen anderen Weg gegangen: Durch einen Erlass wurden in Brandenburg die Prüfungsfristen grundsätzlich um sechs Monate verlängert. Auch hier gibt es einen großen Ansturm auf die Fahrschulen. Die Prüforganisation Dekra hat ihr Personal so weit aufgestockt, dass "die höhere Anzahl praktischer Prüfungen realisiert werden" kann, heißt es aus dem Brandenburger Verkehrsministerium.

Sendung: Inforadio, 23.10.2021, 6:25 Uhr

Beitrag von Wolf Siebert

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