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Quelle: dpa/Stefan Sauer

3G in der Hotelerie

Ein Hoteldirektor schaut nach vorne

Noch dürfen in Hotels nur Geimpfte oder Genesene einchecken, ab Freitag gilt dann 3G. Ob das der geplagten Branche neuen Schub gibt, ist fraglich, meint Hoteldirektor Stefan Athmann. Er setzt auf vor allem auf eine volle Stadt an Ostern. Von Sylvia Tiegs

"Das Feeling ist zurück", freut sich Stefan Athmann. Er leitet das Hotel Bristol Berlin am Ku’damm, ehemals Kempinski, und das Schlosshotel Berlin im Grunewald. Der Hoteldirektor meint damit, dass wieder Gäste in der Lobby waren und es Betrieb an der Rezeption gab. Mitte Februar habe das Bristol eine "super Woche" gehabt: beide Veranstaltungsräume waren gefüllt, die Auslastung lag bei 70, 80 Prozent, das Hotelcafé war voll. "Die Mitarbeiter waren fröhlich, die haben gesungen", so Athmann.

Quelle: Hotel Bristol

Kleine Lockerungen mit unklarer Wirkung

Grund zum Überschwang aber sieht er noch nicht. Es sei schwierig, die nächsten Monate einzuschätzen. Die Buchungen schwankten, man fahre auf Sicht. Hinzu kommt jetzt der Krieg in der Ukraine, der Athmann auch persönlich zutiefst erschüttert. Erste Absagen von Gästen gibt es deshalb auch schon.

Bevor er als Direktor das Bristol und das Schlosshotel übernahm, leitete Stefan Athmann zehn Jahre lang das Regent Hotel am Gendarmenmarkt. Der erfahrene Manager ist eher skeptisch, dass die 3G-Regelung ab Freitag neuen Schwung in die Branche bringt. Dann dürfen neben Geimpften und Genesenen auch wieder Getestete übernachten. "Wir haben jetzt die letzten zwei Jahre 'Polizei' gespielt, das müssen wir weiter tun", kritisiert Athmann.

Damit meint er die Kontrolle der Corona-Tests ungeimpfter Gäste. Bei längeren Aufenthalten müssen die Hotels täglich frische Nachweise verlangen. Schöne Gästebetreuung stellt sich der Hoteldirektor anders vor. Vielleicht kommen aber mit 3G wieder mehr Gäste, dann macht er natürlich etwas mehr Umsatz, meint Athmann. Andererseits könnten sich seine Mitarbeiter dann wieder leichter infizieren, im Kontakt mit nicht geimpften Gästen. Fazit der Abwägung: Es bleibt schwierig.

Froh, überhaupt noch da zu sein

Für Dutzende Berliner Hotels war Corona der geschäftliche Todesstoß. Im November 2019, also vor der Pandemie, gab es in Berlin laut dem Amt für Statistik noch 632 Hotels. Zwei Jahre später waren es nur noch 557. Der Großteil der geschlossenen Betriebe, 60 an der Zahl, wird nicht mehr öffnen, heißt es beim Berliner Hotel- und Gaststättenverband. Darunter sind bekannte Häuser wie das Ellington, Hecker’s oder das frühere Steigenberger am Los-Angeles-Platz.

Auch deshalb ist Stefan Athmann glücklich, dass das Bristol und das Schlosshotel noch da sind. Obwohl man stark Federn gelassen habe: "Wir hatten enorme Umsatzeinbrüche im Bristol von 60 bis hin zu 90 Prozent, je nachdem, in welchen Monat man schaut". Das Schlosshotel im Grunewald musste Athmann zwei Mal sechs Monate lang schließen. Umsatzverlust: 100 Prozent, bei weiterlaufenden Kosten.

Quelle: rbb/Sylvia Tiegs

Hoffnung auf eine ausgebuchte Stadt an Ostern

Immerhin: Dank des Kurzarbeitergeldes musste der Hoteldirektor niemanden entlassen. Doch gingen viele Mitarbeiter in den Lockdowns von alleine, wanderten in andere Branchen ab. Jetzt fehlen im Bristol und im Schlosshotel insgesamt rund 80 Leute; die Suche nach neuem Personal läuft. Stefan Athmann möchte, wie so viele Kollegen in der Hotelbranche, positiv denken und optimistisch sein. Aber den Frust aus zwei Jahren Pandemie hat er noch nicht abgeschüttelt. Am meisten habe ihn die undurchsichtige Kommunikation der Politik geärgert: wie die Corona-Regeln im Einzelnen umzusetzen waren, mussten sich seine Mitarbeiter oft genug im Internet heraussuchen. Von überlasteten Ämtern kam keine Hilfe, am Ende waren Gäste im Zweifelsfall auf das Hotel böse.

Jetzt aber wolle man nach vorne schauen, Hoteldirektor Athmann ist sich sicher: "Ab Mitte März geht’s bergauf". Dann ginge auch draußen im Freien wieder mehr. Er schaue weniger auf den kommenden Freitag und die Umstellung auf 3G im Gastgewerbe – sondern mehr auf den 20. März, wenn laut Bundesregierung alle Corona-Beschränkungen enden sollen. "Vielleicht haben wir dann gar kein G mehr", hofft der Chef vom Bristol und dem Schlosshotel. Und zu Ostern sei Berlin dann hoffentlich wieder ausgebucht.

Sendung: Inforadio, 28.02.2022

Beitrag von Sylvia Tiegs

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