3G in der Hotelerie - Ein Hoteldirektor schaut nach vorne

Mo 28.02.22 | 06:13 Uhr | Von Sylvia Tiegs
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Eine Hausdame legt in einem Hotelzimmer Bademantel auf ein Bett. (Quelle: dpa/Stefan Sauer)
Bild: dpa/Stefan Sauer

Noch dürfen in Hotels nur Geimpfte oder Genesene einchecken, ab Freitag gilt dann 3G. Ob das der geplagten Branche neuen Schub gibt, ist fraglich, meint Hoteldirektor Stefan Athmann. Er setzt auf vor allem auf eine volle Stadt an Ostern. Von Sylvia Tiegs

"Das Feeling ist zurück", freut sich Stefan Athmann. Er leitet das Hotel Bristol Berlin am Ku’damm, ehemals Kempinski, und das Schlosshotel Berlin im Grunewald. Der Hoteldirektor meint damit, dass wieder Gäste in der Lobby waren und es Betrieb an der Rezeption gab. Mitte Februar habe das Bristol eine "super Woche" gehabt: beide Veranstaltungsräume waren gefüllt, die Auslastung lag bei 70, 80 Prozent, das Hotelcafé war voll. "Die Mitarbeiter waren fröhlich, die haben gesungen", so Athmann.

Der Hoteldirektor Stefan Athmann. (Quelle: Hotel Bristol)
Bild: Hotel Bristol

Kleine Lockerungen mit unklarer Wirkung

Grund zum Überschwang aber sieht er noch nicht. Es sei schwierig, die nächsten Monate einzuschätzen. Die Buchungen schwankten, man fahre auf Sicht. Hinzu kommt jetzt der Krieg in der Ukraine, der Athmann auch persönlich zutiefst erschüttert. Erste Absagen von Gästen gibt es deshalb auch schon.

Bevor er als Direktor das Bristol und das Schlosshotel übernahm, leitete Stefan Athmann zehn Jahre lang das Regent Hotel am Gendarmenmarkt. Der erfahrene Manager ist eher skeptisch, dass die 3G-Regelung ab Freitag neuen Schwung in die Branche bringt. Dann dürfen neben Geimpften und Genesenen auch wieder Getestete übernachten. "Wir haben jetzt die letzten zwei Jahre 'Polizei' gespielt, das müssen wir weiter tun", kritisiert Athmann.

Damit meint er die Kontrolle der Corona-Tests ungeimpfter Gäste. Bei längeren Aufenthalten müssen die Hotels täglich frische Nachweise verlangen. Schöne Gästebetreuung stellt sich der Hoteldirektor anders vor. Vielleicht kommen aber mit 3G wieder mehr Gäste, dann macht er natürlich etwas mehr Umsatz, meint Athmann. Andererseits könnten sich seine Mitarbeiter dann wieder leichter infizieren, im Kontakt mit nicht geimpften Gästen. Fazit der Abwägung: Es bleibt schwierig.

Wir haben jetzt die letzten zwei Jahre ‚Polizei‘ gespielt, das müssen wir weiter tun

Stefan Athmann, Hoteldirektor

Froh, überhaupt noch da zu sein

Für Dutzende Berliner Hotels war Corona der geschäftliche Todesstoß. Im November 2019, also vor der Pandemie, gab es in Berlin laut dem Amt für Statistik noch 632 Hotels. Zwei Jahre später waren es nur noch 557. Der Großteil der geschlossenen Betriebe, 60 an der Zahl, wird nicht mehr öffnen, heißt es beim Berliner Hotel- und Gaststättenverband. Darunter sind bekannte Häuser wie das Ellington, Hecker’s oder das frühere Steigenberger am Los-Angeles-Platz.

Auch deshalb ist Stefan Athmann glücklich, dass das Bristol und das Schlosshotel noch da sind. Obwohl man stark Federn gelassen habe: "Wir hatten enorme Umsatzeinbrüche im Bristol von 60 bis hin zu 90 Prozent, je nachdem, in welchen Monat man schaut". Das Schlosshotel im Grunewald musste Athmann zwei Mal sechs Monate lang schließen. Umsatzverlust: 100 Prozent, bei weiterlaufenden Kosten.

Hotel Bristol Berlin am Ku’damm (Quelle: rbb/Sylvia Tiegs)
Bild: rbb/Sylvia Tiegs

Hoffnung auf eine ausgebuchte Stadt an Ostern

Immerhin: Dank des Kurzarbeitergeldes musste der Hoteldirektor niemanden entlassen. Doch gingen viele Mitarbeiter in den Lockdowns von alleine, wanderten in andere Branchen ab. Jetzt fehlen im Bristol und im Schlosshotel insgesamt rund 80 Leute; die Suche nach neuem Personal läuft. Stefan Athmann möchte, wie so viele Kollegen in der Hotelbranche, positiv denken und optimistisch sein. Aber den Frust aus zwei Jahren Pandemie hat er noch nicht abgeschüttelt. Am meisten habe ihn die undurchsichtige Kommunikation der Politik geärgert: wie die Corona-Regeln im Einzelnen umzusetzen waren, mussten sich seine Mitarbeiter oft genug im Internet heraussuchen. Von überlasteten Ämtern kam keine Hilfe, am Ende waren Gäste im Zweifelsfall auf das Hotel böse.

Jetzt aber wolle man nach vorne schauen, Hoteldirektor Athmann ist sich sicher: "Ab Mitte März geht’s bergauf". Dann ginge auch draußen im Freien wieder mehr. Er schaue weniger auf den kommenden Freitag und die Umstellung auf 3G im Gastgewerbe – sondern mehr auf den 20. März, wenn laut Bundesregierung alle Corona-Beschränkungen enden sollen. "Vielleicht haben wir dann gar kein G mehr", hofft der Chef vom Bristol und dem Schlosshotel. Und zu Ostern sei Berlin dann hoffentlich wieder ausgebucht.

Sendung: Inforadio, 28.02.2022

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Beitrag von Sylvia Tiegs

9 Kommentare

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  1. 9.

    Wer möchte denn die Tests ?
    Die Hotellerie ? Die Gäste ? Oder die Politik ?
    Was würde passieren, ein Hotel ohne alles und ein Hotel mit impf bzw. Testpflicht ?
    Warum steigen mit jeder Lockerung die Zahlen der Gäste ?
    Aus Umfragen geht hervor, das so viele mit den Maßnahmen einverstanden sind, nur wirkt sich das im realen Leben nicht aus.

  2. 8.

    Hallo Peter der Große, die Tests müssten die Personen bezahlen, die sich nicht haben impfen lassen.
    Ich finde es nicht richtig, dass es von den Steuerzahlern finanziert wird.
    Außer natürlich die, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden dürfen.

  3. 7.

    Die Ungeimpften sind wieder der Sündenbock…genau, seine MitarbeiterInnen infizieren sich leichter an getesteten und symptomfreien Gästen…da hat es einer immer noch nicht verstanden … mit solchen Artikeln zieht er mit Sicherheit mehr Gäste an

  4. 6.

    Starke Umsatzeinbußen und dann noch gesetzliche Kontrollmaßnahnen übernehmen. Personal für immer weg. Und Personal für die Zukunft abgeschreckt. Das ist unzumutbar. So etwas darf sich nicht wiederholen.

  5. 4.

    Wie stellen sich denn das vor, sollen sich alle Gäste jeden Tag bis in alle Ewigkeit testen lassen? Und wer soll das bezahlen?

  6. 3.

    Lieber Herr Athmann,,

    ich bin vollständig geimpft, habe zurzeit Corona und dazu meine Familie infiziert. Haben Sie es noch nicht verstanden?

  7. 2.

    Ich verstehe den Frust der gebeutelten Branche.
    Aber umso trauriger, dass der Gedanke immer noch da ist, sich nur bei ungeimpften anzustecken.
    Es sollte jeder in die Pflicht genommen werden sich zu testen, denn jeder kann Übertrager sein. Also hören wir endlich auf die Menschen zu spalten und in Schubladen zu stecken. Ich, die 3fach geimpfte und frisch Genesene wünscht in diesem Sinne einen guten Start in die neue Hotelsaison.

  8. 1.

    Wer erklärt dem Herrn Hotel-Direktor, dass auch geimpfte und geboosterte Personen sein Personal anstecken können, wenn er nur ein unzulängliches Hygienekonzept hat. Die indirekte Aussage, dass ungeimpfte Gäste vermehrt sein Personal anstecken könnten, wirkt äußerst abschreckend für alle Gäste . Kontrolliert er vielleicht auch das Privatleben seiner Angestellten, damit diese die Gäste nicht anstecken? Das Hotel wäre so nicht meine Übernachtungswahl.

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