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Quelle: dpa/C. Soeder

Kommentar l AfD scheitert vor Verfassungsgericht

Verdächtig öffentlich

Die AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag darf vom Verfassungsschutz öffentlich als Verdachtsfall bezeichnet werden. Statt daraus Lehren zu ziehen, wettert die AfD abermals gegen die Behörde. Die Partei ist unbelehrbar, kommentiert Hanno Christ.

Mit Gerichtsverfahren gegen die Sicherheitsbehörden kennt sich die AfD bestens aus. Mehrfach ist sie gegen ihre Beobachtung vorgegangen, nun in Brandenburg auch gegen ihre Nennung als rechtsextremer Verdachtsfall. Das ist ihr gutes Recht.

Parteien haben in Deutschland eine herausgehobene Stellung, genießen ein sogenanntes Parteienprivileg. Die Exekutive hat den Parteien nicht ins Handwerk zu pfuschen. Der Weg bis hin zu einem Verbot ist aus historischen Gründen mit hohen verfassungsrechtlichen Hürden versehen. Und die Nennung als Verdachtsfall ist ein Makel im fairen Wettbewerb der Parteien.

Frühzeitige Informationen benötigt

Doch Parteien, die nicht verboten sind, sind deswegen nicht unantastbar. Das Landesverfassungsgericht hat diese Gratwanderung zwischen Stigmatisierung und wehrhafter Demokratie sehr wohl gesehen und begründet. Im Falle der AfD sieht es keinen Widerspruch zwischen Verfassungsschutzregeln in Brandenburg und dem Parteienprivileg. Wenn es der Verfassungsschutz gut begründet, dann dienen seine Erkenntnisse über eine Partei der Information mündiger Bürger – gerade wenn es Anhaltspunkte der Verfassungsfeindlichkeit gibt.

Die Bürger benötigten frühzeitig Informationen über Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung. Auch von Sicherheitsbehörden.

Verfassungsschutz als "Diskursmotor"

Das Urteil des Landesverfassungsgerichts ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Es unterstreicht zum einen die Bedeutung von Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes, bezeichnet ihn sogar als "Diskursmotor".

Bemerkenswert ist auch, dass das Gericht sagt, Parteien müssten es aushalten, wenn sie in einem begründet kritischen Fokus der Behörden sind. Das Urteil kümmert sich nicht um die Substanz der Befunde des Verfassungsschutzes. Es gibt ihm nur die entsprechende Beinfreiheit.

Kommentar | Sitzung des Landtags

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Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Milieu

Die AfD muss das Urteil nun erstmal sacken lassen, lästert aber bereits über die "fadenscheinigen" Argumente des Verfassungsschutzes. Wirklich überraschen dürfte sie das Urteil nicht. Der Landesverband und seine Organisationen geben reichlich Anlass für einen kritischen Blick.

Die Landtagsfraktion etwa führt mit Hans-Christoph Berndt ein Mann, den der Verfassungsschutz als Rechtsextremisten sieht. Die Fraktion beschäftigt mehrere Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Milieu und stört sich offenbar auch nicht daran, dass darüber öffentlich berichtet wird. Und in den vergangenen Wochen haben sich immer wieder politische Weggefährten von Andreas Kalbitz in Abstimmungen durchgesetzt – jener Kalbitz, der zusammen mit Thüringens Landesvorsitzendem Björn Höcke noch immer den äußersten rechten Rand der Partei markiert.

Das Urteil könnte für die AfD eine Signalwirkung haben und als Appell verstanden werden, ihren radikalen Kurs mäßigend zu korrigieren. Das Gegenteil dürfte der Fall sein: Für jenen Teil der AfD, der den Verfassungsschutz als verlängerten Arm der Regierung sieht, fügt sich das Urteil nur ins Bild einer Verschwörung sogenannter Alt-Parteien gegen die AfD. Speziell in Brandenburg hat sich die Partei ihre eigene mediale Blase geschaffen. Und in der sind nur die anderen die Geisterfahrer.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.05.2022, 21:00 Uhr

Beitrag von Hanno Christ

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