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Video: rbb24 Abendschau | 26.07.2022 | Dorit Knieling | Quelle: rbb

Gesundheitsschädliches PFAS am Flughafen

High-Tech-Pumpe soll Chemikalien aus Tegeler Grundwasser filtern

Dass der Boden auf dem ehemaligen Flughafen Tegel schadstoffbelastet ist, dürfte nicht überraschen. Doch der Fund des gefährlichen Stoffes PFAS löst Sorgen um das Trinkwasser aus. Nun soll eine spezielle Pumpe Abhilfe schaffen. Von Dorit Knieling

Ruhe liegt über dem stillgelegten Flughafen Tegel. Neben der Start- und Landebahn halten auf riesigen Sandbergen Krähen nach Futter Ausschau. Die Haufen sind das Ergebnis der Suche nach Munition aus dem Zweiten Weltkrieg. Doch bei der Untersuchung des Erdreichs wurde auch anderes Gefährliches gefunden: Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS.

Diese Industriechemikalien sind unter anderem wasser- und fettabweisend. Sie werden zum Beispiel in Papier und Textilien eingesetzt, um das Material schmutzabweisend oder haltbarer zu machen. In der Umwelt sammeln sie sich über die Zeit in Pflanzen und Organismen an und können auch für den Menschen gefährlich werden: Laut der US-amerikanischen Umweltschutzagentur EPA können sie zum Beispiel die Wirkung von Impfungen beinträchtigen, das Krebsrisiko erhöhen oder Schwangere und ihre noch ungeborenen Kinder schädigen [umweltbundesamt.de].

Berlin-Tegel

Giftige Stoffe auf ehemaligem Flughafen-Gelände gefunden

Lösschaum der Bundeswehr als Verursacher

Nach der Einstellung des Flugbetriebs 2020 wurden in Tegel der Boden und das Grundwasser untersucht - und dabei hohe Konzentrationen an PFAS gefunden. Grund sind laut den Berliner Wasserbetrieben Übungen der Bundeswehr mit speziellem Löschschaum. Dieser Schaum kann einen Film über brennendes Öl, Kerosin oder andere Flüssigkeiten legen und erstickt somit quasi den Brand. Doch die Verwendung des Stoffs hat langfristige Folgen: "Die PFAS-Verbindung ist im Untergrund zu unserem Brunnen gezogen, einem von 200, die das Grundwasser Richtung Wasserwerk fördern", sagt Jens Feddern, Leiter des Bereichs Wasserversorgung bei den Berliner Wasserbetrieben. "Und einer hat die PFAS-Verbindung herangezogen." Nun müssten Lösungen für eine Dekontaminierung gefunden werden. "Wir versuchen mit einer neuen Anlage, die Verbindung aus dem Rohwasser herauszuziehen", so Feddern.

Grafiken zur PFAS-Belastung in Tegel auf einem Bildschirm | Quelle: rbb

Komplette Grundwasserreinigung dauert Jahre

Diese neue Reinigungsanlage steht bereits neben dem Flughafen im Tegeler Forst. Sie kann nach Angaben der Wasserbetriebe im September in Betrieb gehen. Dann wird Aktivkohle aus China erwartet, mit der das Grundwasser erst gereinigt und danach wieder versickert wird. Aktuell wird das Wasser des Brunnens noch in den Hohenzollernkanal abgeleitet. Damit soll verhindert werden, dass auch andere Brunnen kontaminiert werden.

Die Untersuchungen werden derweil fortgeführt und voraussichtlich erst 2023 abgeschlossen sein. Die Beseitigung des PFAS im Grundwasser wird dann wohl mehrere Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte in Anspruch nehmen, räumt die Senatsverwaltung für Umwelt ein.

Pumpenanlage im Tegeler Forst | Quelle: rbb

Trinkwasser nicht gefährdet

Inzwischen werden in Tegel jede Woche Messungen durchgeführt. "Wenn sie im Trinkwasser auftreten, sind PFAS für den Menschen gefährlich", sagt Silke Karcher, Staatssekretärin in der Senatsumweltverwaltung. "Deswegen gibt es sehr strenge Grenzwerte, um die menschliche Gesundheit zu schützen." Im Tegeler Leitungswasser aber würden die Grenzwerte deutlich unterschritten, so Karcher: Sie liegen zwischen 0,0170 und 0,0400 Mikrogramm pro Liter und damit deutlich unter der kritischen Schwelle von 0,1 Mikrogramm pro Liter. "Die Substanzen an sich sind gefährlich, aber aus dem Trinkwasser, das wir in Berlin haben, besteht keine Gefährdung für die Menschen."

Baupläne für die Urban Tech Republik verzögert?

Über 5.000 Wohnungen, ein Landschaftspark und Wissenschaftseinrichtungen sind auf dem früheren Flughafengelände geplant. Der Zeitplan dafür sei durch die entdeckte PFAS-Belastung nicht gefährdet, sagt Gudrun Sack, Geschäftsführerin der Tegel Projekt GmbH. "Ich bin von Hause aus Architektin, ich habe viel gebaut. Das ist Normalität aus meiner Sicht."

Zumal Flughäfen häufig belastete Böden haben, so Sack. Ab 2023 soll trotz der PFAS-Funde die Planungsphase beginnen, die ersten Bebauungspläne lägen bereits vor. Sollte es keine weiteren Überraschungen geben, soll in drei Jahren der Bau der ersten Gebäude starten.

Sendung: Abendschau, 26.07.2022, 19:30 Uhr

Quelle: rbb

Beitrag von Dorit Knieling

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