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Video: rbb24 Abendschau | 18.07.2022 | Interview mit Marcel Fratzscher | Quelle: dpa: Fabian Sommer

Hohe Lebensmittel- und Energiepreise

DIW-Präsident fordert gezielte Hilfen für arme Menschen

Die hohen Preise für Lebensmittel und Energie bereiten vielen Menschen Sorge. Besonders hart trifft es die, die ohnehin wenig Geld haben. DIW-Präsident Fratzscher fordert deshalb von der Politik gezielte Hilfen.

Angesichts stark gestiegener Lebensmittel- und Energiepreise hat der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, die Politik zu einer gezielten Unterstützung besonders belasteter Menschen aufgerufen.

"Wir erleben eine höchst unsoziale Inflation", sagte Fratzscher am Montagabend in der rbb24-Abendschau. Menschen mit geringem Einkommen sind demnach besonders belastet, weil sie einen sehr viel höheren Anteil ihres Einkommens für ihre Grundversorgung brauchten. "Gerade Menschen mit geringem Einkommen leiden im Moment besonders stark."

Mehrwertsteuersenkung reicht nicht

Fratzscher fordert eine Erhöhung der Sozialleistungen um 100 Euro pro Monat und Kopf. "Das würde zumindest die Kosten der höheren Inflation ausgleichen." Menschen mit geringen oder mittlerem Einkommen sollen durch ein drittes Entlastungspaket der Bundesregierung entlastet werden. "Auch Menschen, die keine Sozialleistungen beziehen, können nicht auf einmal 300 oder 400 Euro mehr an Kosten für Lebensmittel und Heizkosten verkraften", so der DIW-Präsident.

Die von der Berliner Verbraucherschutzsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) vorgeschlagene Mehrwertsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel sei "besser als nichts". Aber davon profitieren laut Fratzscher vor allem Besserverdiener. Auch reiche das "vorne und hinten nicht, um Menschen mit geringem Einkommen zu entlasten".

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Auch Jarasch hat sich im Hinblick auf die Energiekrise für möglichst zielgenaue staatliche Hilfen für Geringverdiener ausgesprochen. Für Transferleistungsempfänger trage der Staat die Heizkostenzuschüsse, sagte sie am Montag der Nachrichtenagentur dpa. "Wir müssen jetzt vor allem diejenigen entlasten, die hart arbeiten, aber wenig verdienen." Gleichzeitig plädierte Jarasch dafür, die Mehrwertsteuer auf viele Grundnahrungsmittel zu senken. "Das würden gerade ärmere Menschen, alle Transferleistungsempfänger, aber auch alle, die wenig verdienen, deutlich spüren. Das wäre eine gezielte Entlastung."

Fratzscher erwartet langfristig hohe Preise

Fratzscher sagt, die Politik müsse schnell handeln, "die Menschen haben keine Zeit, noch einmal sechs Monate oder neun Monate auf Leistungen zu warten".

Der DIW-Präsident geht davon aus, dass die Preise auch nach dem Ende des Krieges in der Ukraine nicht wieder sinken. "Wir werden uns langfristig auf deutlich höhere Preise für Energie und für Lebensmittel einstellen müssen, als was wir vor diesem Krieg hatten." Nur permanent höhere Einkommen – durch Arbeit oder soziale Leistungen – könnten dauerhaft helfen. "Temporäre Entlastungen reichen nicht gegen permanent höhere Preise."

Sendung: rbb24 Abendschau, 18.07.2022, 19:30 Uhr

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