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Quelle: dpa/Zoonar

Geplantes Einbürgerungsgesetz

So sollen Ausländer künftig schneller den deutschen Pass erhalten

Einbürgerung schon nach fünf Jahren statt nach acht - so sieht es ein Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums vor. Doch das ist nicht die einzige Änderung. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum geplanten Einbürgerungsgesetz.

Was ändert sich?

Die geplanten Änderungen betreffen die breite Schicht der Gesellschaft, insbesondere aber ältere Menschen sollen künftig mit weniger Hürden konfrontiert werden. So sieht der Entwurf vor, dass die Verpflichtung zu einem Einbürgerungstest für alle Ausländer wegfallen soll, die mindestens 67 Jahre alt sind. So solle vor allem die Lebensleistung der sogenannten Gastarbeiter-Generation gewürdigt werden, der in den ersten Jahren in Deutschland keine Sprachkurse offen standen.

Davon profitieren sollen aber nicht nur ältere Menschen, die über ein Anwerbeabkommen nach Deutschland gekommen sind, sondern alle Angehörigen dieser Altersklasse. Auf eine schriftliche Prüfung wird in diesem Fall verzichtet.

Wird der mündliche Sprachnachweis dafür umso schwerer?

Nicht wirklich. Was den Sprachnachweis angeht, soll sogar eine Härtefallregelung hinzukommen. Damit soll es in Ausnahmefällen - etwa wegen der Pflegebedürftigkeit eines Familienmitglieds - ausreichen, sich ohne nennenswerte Probleme im Alltag in deutscher Sprache mündlich verständigen zu können. Die Härtefallregelung soll auch für jüngere Menschen greifen, die sich einbürgern lassen wollen.

Schnellere Einbürgerung

Stübgen kritisiert geplante Reform des Staatsbürgerrechts

Nach wie vielen Jahren ist eine Einbürgerung möglich?

Die deutsche Staatsangehörigkeit soll nach fünf Jahren Aufenthalt im Land möglich sein - bisher waren es acht.

Bei besonderen Integrationsleistungen wie etwa herausragenden Leistungen in Schule und Beruf, ehrenamtlichem Engagement oder besonders guten Sprachkenntnissen sollen drei Jahre ausreichen.

Ist eine doppelte Staatsbürgerschaft möglich?

Ja. Eine der Hürden im Einbürgerungsprozess, die Bundesinnenministerin Faeser aus dem Weg räumen will, ist die bislang noch geltende Regelung, dass Nicht-EU-Bürger ihre alte Staatsbürgerschaft aufgeben sollen.

Die "Optionspflicht" für in Deutschland geborene Kinder von Ausländern soll komplett abgeschafft werden. Das bedeutet, dass sie sich junge Erwachsene nicht mehr zwischen der deutschen Staatsbürgerschaft und der Staatsbürgerschaft der Eltern entscheiden müssen. Die "Optionspflicht" hatte in den vergangenen Jahren immer wieder zu Streit in der Politik geführt.

Außerdem soll künftig ausreichen, wenn ein Elternteil bereits seit fünf statt wie bisher acht Jahre in Deutschland lebt, damit das in Deutschland geborene Kind die hiesige Staatsangehörigkeit erhält.

Wird die Einbürgerung nun zum Kinderspiel?

Nein. Es gibt weiterhin Kriterien, die neben den oben genannten erfüllt werden müssen, um Anspruch auf die Einbürgerung zu haben.

Dazu gehört ein unbefristetes Aufenthaltsrecht zum Zeitpunkt der Einbürgerung oder eine befristete Aufenthaltserlaubnis, "die ihrem Zweck nach zu einem dauerhaften Aufenthalt führen kann", erklärt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Das könnte eine Hürde für Geflüchtete bedeuten. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung weist aber auch daraufhin, dass "auch für asylberechtigte oder international schutzberechtigte Personen und für bestimmte andere humanitäre Aufenthalte eine Aufenthaltserlaubnis reicht, um eingebürgert zu werden".

Des Weiteren muss die Bewerberin oder der Bewerber bei Antragsstellung eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts vorweisen können - Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II zählen nicht dazu.

Außerdem wird ein bestandener Einbürgerungstest benötigt, in dem Kenntnisse über die Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie die Lebensverhältnisse in Deutschland abgefragt werden. Insgesamt wählt das Bamf bei dem Test aus einem Katalog von 310 Fragen 33 Fragen aus, die innerhalb von einer Stunde beantwortet werden müssen. Wer bei mindestens 17 Fragen richtig liegt, hat bestanden. Wer durchfällt, kann den Einbürgerungstest allerdings wiederholen.

Eine Einbürgerung kommt dem Entwurf zufolge nicht infrage, wenn er oder sie mit mehreren Personen verheiratet ist. Außerdem muss die Person zu den Rechten von Frauen stehen. Konkret heißt es in dem Entwurf dazu, dass die Staatsbürgerschaft nicht erteilt werde, wenn "der Ausländer die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht akzeptiert". Das Bamf verweist zudem darauf, dass bei einer Verurteilung wegen einer Straftat eine Einbürgerung nicht möglich ist.

Ausstellung: Staatsbürgerschaften

Wer gehört zu uns - und wer nicht?

Staatsbürgerschaften seit 1789 - das klingt sperrig, ist aber erstaunlich facettenreich. Eine neue Ausstellung im Deutschen Historischen Museum in Berlin zeigt, wie hochemotional - und aktuell - die Frage der nationalen Zugehörigkeit ist. Von Sigrid Hoff

Wie viele Menschen aus Berlin und Brandenburg wurden zuletzt eingebürgert?

2021 wurden in Berlin 7.820 Personen eingebürgert, in Brandenburg 925 Personen [statistik-berlin-brandenburg.de]. In beiden Ländern waren die eingebürgerten Personen im Durchschnitt 35 Jahre alt und haben zuvor bereits rund 14 Jahre in Deutschland gelebt.

Die größte Gruppe der in Berlin eingebürgerten Personen hatte als Heimatstaat Türkei (801) angegeben, gefolgt von Syrien (605). In Brandenburg hingegen besaßen zum Zeitpunkt der Einbürgerung 145 Personen die polnische Staatsangehörigkeit, gefolgt von 92 Personen aus Syrien.

Der Senatsverwaltung für Inneres zufolge sind die Einbürgerungszahlen in Berlin gemessen an dem Anteil ausländischer Staatsangehöriger an der Gesamtbevölkerung "zu niedrig". Demnach liegt der Anteil ausländischer Staatsangehöriger bei 806.400 von rund 3,7 Millionen Menschen der Berliner Gesamtbevölkerung.

Welche politischen Reaktionen gibt es?

Besonders die CSU hat ihren Widerstand gegen das geplante neue Einbürgerungsrecht bekräftigt. Der Gesetzentwurf sei "nicht zustimmungsfähig", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. "Wenn man am Anfang leichtfertig eine Staatsbürgerschaft vergibt, werden Integrationsbemühungen nicht befördert, sondern man muss sie am Schluss gar nicht mehr leisten."

FDP und Grüne betonten dagegen die Notwendigkeit der Reform. "Deutschland ist seit langem ein Einwanderungsland", erklärte die Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Filiz Polat dazu. "Menschen, die sich in unsere Gesellschaft einbringen, Steuern zahlen, haben einen Anspruch auf Teilhabe, mitzubestimmen sowie zu wählen." Sie betonte zudem, dass die Einbürgerungsquote in Deutschland bei nur 1,3 Prozent liege. Dieser Wer sei im EU-Vergleich "seit langem im unteren Drittel aller Mitgliedstaaten."

Was halten Berlin und Brandenburg von dem Vorstoß?

Das Brandenburger Innenministerium wollte auf Nachfrage von rbb|24 den Entwurf nicht kommentieren. Das Ministerium wolle sich nicht zu "laufenden Ressortabstimmungen der Bundesregierung vor deren Abschluss äußern", erklärte ein Sprecher. Der Minister selbst hatte sich zuletzt aber durchaus kritisch gegenüber dem Vorstoß gezeigt. Er halte das für eine falsche Initiative zur falschen Zeit, sagte der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) Ende November in einem Interview mit dem Fernsehsender Phoenix.

"Es geht mir nicht um die Frage, ob wir in unserem Staatsbürgerschaftsrecht auch Dinge vereinfachen können", sagte der Minister. Er wisse, wie kompliziert das in den Landkreisen sei. Dort wolle jetzt eine "große Welle von Menschen, die 2015/16 nach Deutschland gekommen sind, eingebürgert werden". Die Landkreise und Städte stünden aber weiterhin unter massivem Druck, weil sie die Flüchtlinge, die aus der Ukraine und über die Balkanroute nach Deutschland kommen, unterbringen müssten. Er fordere schon seit Monaten Maßnahmen der Bundesregierung und der Europäischen Union, um den Flüchtlingsstrom zu begrenzen, da brauche es nun nicht das Thema Einbürgerungsrecht.

SPD, Grüne und Linke hatten sich bereits in ihren Koalitionsverhandlungen das Ziel gesetzt, künftig deutlich mehr Menschen einzubürgern als bisher. Auf Anfrage von rbb|24 erklärte die Senatsverwaltung für Inneres nun, dass das Vorhaben "nach den bislang bekannten Eckpunkten nachdrücklich begrüßt wird." Besonders die geplante Aufgabe des Grundsatzes der Vermeidung von Mehrstaatigkeit bei der Einbürgerung sei zeitgemäß. "Wenn die Aufgabe der Herkunftsstaatsangehörigkeit nicht mehr erforderlich ist, werden sich deutlich mehr Personen als bisher für eine Einbürgerung entscheiden (können)."

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.01.2023, 17 Uhr

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