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Quelle: dpa/Lakomski

Nach Demonstrationen in Berlin

Brandenburger Verfassungsschutzchef spricht von "chaotischer Anti-Corona-Mixtur"

Der Chef des Brandenburger Verfassungsschutzes, Jörg Müller, hat angesichts der jüngsten Demonstrationen in Berlin von einer "chaotischen Anti-Corona-Mixtur" gesprochen. Bei den Protesten gingen bürgerliche Gegner der Corona-Maßnahmen, Esoteriker, Rechtsextremisten und Anhänger von Verschwörungsmythen auf die Straße, sagte Müller der Zeitung "Die Welt" vom Donnerstag [Bezahl-Beitrag].

Wer sich kritisch mit Maßnahmen der Regierung auseinandersetze und sein Recht auf Demonstrationsfreiheit ausübe, sei nicht zwingend extremistisch, so Müller. Diese
Bewegung ziehe sich durch die gesamte Gesellschaft, "vom Hochschulprofessor über die alleinerziehende Mutter zum Fußballfan. Sie bilden einen Querfront-Komplex gegen den demokratischen Staat und seine Entscheidungen." Allerdings seien Extremisten darunter und der organisierte Rechtsextremismus würde "die ganze Sache gerne steuernd übernehmen". Wenn Corona überwunden sei, falle diese Mixtur schnell wieder auseinander, sagte Müller. "Unsere politische Kultur nimmt aber Schaden."

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QAnon "mitten im Antisemitismus"

Gefährlich seien auch bestimmte Verschwörungsmythen, sagte Müller weiter. "Wer finstere Mächte für alles verantwortlich macht und sich dabei beispielsweise an QAnon orientiert, bewegt sich mitten im Antisemitismus." Bei der QAnon-Bewegung würden mittelalterliche Mythen bedient. Es gehe um eine "uralte antisemitische Ritualmordlegende", sagte Müller.

Die QAnon-Bewegung verbreitet die Behauptung, dass die USA von einem "Deep State", einer kriminellen Organisation, beherrscht würden. Ihre Botschaften sind zum Teil antisemitisch und rechtsextrem. Müller schloss nicht aus, "dass wir dieses Phänomen irgendwann als verfassungsschutzrelevante Verschwörungsbestrebung bewerten".

Zehntausende bei Corona-Demos in Berlin

Rund 40.000 Menschen haben nach Schätzungen der Polizei am Wochenende in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen in Deutschland protestiert. Aufgerufen dazu hatte die Initiative "Querdenken 711" aus Stuttgart. Viele Teilnehmer trugen "Querdenken"-T-Shirts, andere auch Symbole der Verschwörungsbewegung "QAnon". Auf Transparenten forderten Demonstranten den Rücktritt der Bundesregierung und eine Ende der Corona-Maßnahmen. Immer wieder riefen sie "Widerstand" und "Wir sind das Volk". Insgesamt versammelte sich eine breite Mischung von Bürgern, unter den Teilnehmern waren aber auch zahlreiche bekannte Rechtsradikale.

Am Samstagabend hatten etwa 300 bis 400 Demonstranten die Absperrungen am Reichstagsgebäude überwunden und auf die Treppe zum Eingang gestürmt. Viele schwenkten Reichsfahnen aber auch eine türkische oder US-Flaggen. Dieser Vorfall hatte bei vielen Politikern Entsetzen ausgelöst.

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