Das Kabinett in der Einzelkritik - Die letzten rot-roten Tage in Brandenburg

Mi 13.11.19 | 07:21 Uhr | Von Dominik Lenz
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Innenminister Schröter (l) und Finanzminister Görke (Bild: imago images/Martin Müller)
Audio: Inforadio | 13.11.2019 | Dominik Lenz | Bild: imago images/Martin Müller

Das politische Potsdam fühlt sich derzeit ein bisschen an wie die Zeit "Zwischen-den-Jahren". Das Alte ist irgendwie noch da, das Neue hat noch nicht begonnen. Doch bei einigen Kabinettsmitgliedern ist jetzt schon klar, dass sie raus sind. Von Dominik Lenz

Man hängt in der Luft, klagte ein Kabinettsmitglied kürzlich. Die Regierungsbank im Landtag ist bereits leer, einige absolvieren noch Termine, andere sind schon verschwunden und haben den Platz geräumt für die nächsten. Wiederum andere hoffen noch darauf, auch im nächsten Kabinett vertreten zu sein.

Insofern in den kommenden Tagen die Mitglieder von SPD, CDU und Grünen für den Koalitionsvertrag stimmen, soll die neue Landesregierung am 20. November vereidigt werden. Einige gewohnte Kabinettsmitglieder und -konstellationen sind schon jetzt Geschichte. Zum Beispiel das streitlustige Duo Görke-Schröter.

Der eine Finanzminister von der Linken, der andere Innenminister von der SPD. Fünf Jahre lang waren sie zuverlässiger Gradmesser für die Stimmung in der rot-roten Koalition. Mal zogen sie an einem Strang, mal zofften sie sich in aller Öffentlichkeit. Zuletzt saßen sie frostig nebeneinander, nachdem Schröter trotzig und gegen den Willen des Koalitionspartners angekündigt hatte, den Verfassungsschutz aufstocken zu wollen.

Spaltpilz Schröter

Karl Heinz Schröter ist wohl der Minister, der am meisten gespalten hat in den vergangenen fünf Jahren. Als Hardliner in der SPD, anerkannt bei Polizisten, wenig beliebt bei der Regionalverwaltung, die ihm die vermurkste Kreisgebietsreform übel nimmt. Einer mit Hang zu kernigen Sprüchen, mit denen er gerne auch mal übers Ziel hinausschoss. Zum Beispiel als er in Frankfurt (Oder) sinngemäß sagte, dass ja nicht mal Flüchtlinge hier wohnen wollten.

Auch Christian Görke liebt klare Worte. Als Finanzminister hatte er das Glück einer brummenden Konjunktur, stand aber auch für den Sparkurs des Landes und konnte fast eine Milliarde Euro Schulden abbauen, immer unter dem strengen Auge der Opposition. Dass die neue Regierung genau das nun wieder einreißen und im Eilverfahren eine Milliarde Schulden aufnehmen will, ärgert ihn kolossal.

Raus ist auch Kathrin Schneider, die Infrastrukturministerin von der SPD. Sie geht ohne nennenswerte Blessuren. Ihr Auftreten war stets selbstdiszipliniert, gut vorbereitet, nie um eine Antwort verlegen - ob BER-Desaster, Nahverkehrsplan oder Betonkrebs.

Vogelsänger: Experte wider Willen

Auch SPD-Agrarminister Jörg Vogelsänger muss den Hut nehmen. Er ist einer, der viel Dresche bekam. Zu oft rede er den Großbetrieben nach dem Mund, zu wenig Engagement zeige er für Umwelt und Tierwohl. Trotzdem wirkt er eigentlich immer mit sich im Reinen. Mit der Debatte um Schutz oder Abschuss des Wolfes wurde er unfreiwillig zum Experten, mit der Wolfsverordnung betrat er Neuland in Deutschland. Wie Christian Görke wird auch Jörg Vogelsänger als Abgeordneter dem Parlament weiter erhalten bleiben.

Justizminister Stefan Ludwig von der Linken kam als einer der Nachrücker ins Kabinett. Seitdem wirkte er wenig glücklich, weder in der Partei noch im Kabinett, stets im Kampf gegen eine überlastete, ausgebrannte Justiz. Medial kulminierte das, als mehrere Straftäter wegen Fristüberschreitungen aus der Untersuchungshaft entlassen werden mussten.

Zu wenig Zeit für eigene Akzente

Als im Sommer 2018 der Lunapharm-Skandal zum Rücktritt der Gesundheitsministerin Diana Golze führte, war man froh, mit Susanna Karawanskij von der sächsischen Linken überhaupt jemanden für diesen Posten gefunden zu haben. Besonders am Herzen lag ihr das Thema Bekämpfung der Kinderarmut in Brandenburg. Karawanskij traf auf ein Riesenministerium, hatte einen Riesen-Skandal aufzuarbeiten - und hatte für all das nur ein kurzes Jahr Zeit. Zu wenig, um wirkliche Spuren zu hinterlassen.

Hoffen auf Weiterbeschäftigung in Brandenburgs Kabinett können derzeit noch die SPD-Ministerinnen Britta Ernst (Bildung und Sport) und Martina Münch (Wissenschaft und Kultur) sowie Minister Jörg Steinbach (Wirtschaft und Energie). SPD und CDU wollen in dieser Woche die Personalien bekannt geben.

Sendung: Inforadio, 13.11.2019, 6:25 Uhr

Beitrag von Dominik Lenz

4 Kommentare

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  1. 4.

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  2. 3.

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  3. 2.

    Der Justizminister war "stets im Kampf gegen eine überlastete, ausgebrannte Justiz"? Na dann muss man sich ja nicht wundern, dass es immer schlimmer wird. Sollte ein Justizminister nicht für oder mit der Justiz kämpfen, aber nicht gegen sie?

  4. 1.

    Die Einschätzung der einzelnen Minister finde ich doch zutreffend. Was jedoch einen Verbleib einer Frau Münch und Ernst rechtfertigen soll erschließt sich mir nicht. Frau Münch die in Sachen Staatstheater Cottbus wie so oft keinerlei Ahnung hatte und am Ende, um die Sache zu klären noch Steuergelder aufwenden musste. Bei Frau Ernst bleibt bei mir das Gefühl das sie bleiben muss weil ihr Ehemann einen Ministerposten inne hat. Fachlich hat sie kaum, wenn sogar gar keine Akzente gesetzt.

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