SPD spricht mit CDU, Linken und Grünen - Bei den Sondierungen werden Knackpunkte deutlich

Mi 11.09.19 | 19:58 Uhr
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Dietmar Woidke hat zwei Optionen für eine Regierungskoalition (Quelle: dpa/Sören Stache).
Video: Brandenburg Aktuell | 11.09.2019 | Hölscher/Hewel | Bild: dpa/Sören Stache

In Brandenburg stehen die Zeichen auf Rot-Schwarz-Grün - oder Rot-Rot-Grün. Nach Sondierungen mit CDU und Linken spricht SPD-Ministerpräsident Woidke von "großen Übereinstimmungen". Unverbindlicher äußerte er sich nach dem Treffen mit den Grünen.

Nach der zweiten Runde der Sondierungen spricht die Brandenburger SPD von "Übereinstimmungen" sowohl mit der CDU als auch mit den Linken. Mit den Christdemokraten gebe es weitgehende Schnittmengen, sagte SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke am Mittwoch nach zweieinhalbstündigen Beratungen beider Parteien in Potsdam. Aber auch mit dem bisherigen Koalitionspartner, den Linken, sei man sich "in großen Bereichen einig." Auch mit den Grünen führte die SPD am Mittwoch ein weiteres Sondierungsgespräch.

In Brandenburg wäre sowohl eine rot-grün-rote oder eine rot-schwarz-grüne Koalition denkbar. Die Grünen haben bei dem Gespräch am Mittwoch die Forderung nach einer Absage weiterer Braunkohle-Tagebaue in der Lausitz betont. 

Grüne: Tagebau-Thema "extrem wichtig"

"Wir haben ein einziges Thema, was uns extrem wichtig ist und wo sich rote Linien finden", sagte Grünen-Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher nach fast vierstündigen Beratungen in Potsdam. "Das ist die Aussage: Keine weiteren Tagebaue."

Derzeit ist offen, ob auch der Tagebau Welzow Süd II kommen wird – in dem Fall müssten weitere Orte umgesiedelt werden. Ministerpräsident Woidke reagierte unverbindlich. "Wir haben heute klar gemacht, was geht und was geht nicht", sagte der SPD-Landeschef. "Am Ende müssen Entscheidungen stehen, die für das Land tragen."

Intensive Diskussion mit der Linken

Nach den Verhandlungen mit den Linken sprach Woidke von einer "sehr vertrauensvollen Atmosphäre". Beispielsweise sei man sich darüber einig gewesen, dass öffentliches Eigentum nicht privatisiert werden solle. Es gebe aber die Diskussion, ob eine Landeswohnungsbaugesellschaft zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sinnvoll sei. Auch über innere Sicherheit und Asylpolitik sei sehr intensiv diskutiert worden. Diese Felder waren bei Rot-Rot bisher teils strittig.

Hinsichtlich der Beratungen mit der CDU sagte Woidke: "Es gibt einige Themen, wo wir noch Klärungsbedarf haben, aber im Großen und Ganzen gibt es große Übereinstimmungen." Auf einigen Feldern wie der Kommunal- und Innenpolitik müssten beide aber noch nacharbeiten.

CDU sieht Potential zu Einigung

Auch der kommissarische CDU-Landeschef Michael Stübgen sah kein Thema, wo nicht eine Einigung mit der SPD möglich scheine. Die CDU sondiert nach dem Rücktritt von Landes- und Fraktionschef Ingo Senftleben mit einer neuen Führung. Woidke sprach von einem wichtigen Signal der Stabilität, dass die Fraktion Jan Redmann am Dienstag einstimmig zum neuen Vorsitzenden gewählt habe.

Noch "viel Redebedarf" bei Grünen und CDU

Mit dem möglichen dritten Partner, den Grünen, sieht die CDU allerdings größere Differenzen. Stübgen sagte mit Blick auf ein Treffen am Dienstag: "Bei den Grünen haben wir gestern Themen besprochen, wo es doch sehr viel Redebedarf gibt." Die Erfahrung aus ähnlichen Konstellationen sei aber, "dass man, wenn man will, aufeinander zugehen kann".

Woidke kündigte an, dass die Entscheidung über die künftigen Partner bei der SPD am Dienstag falle. Linke-Landeschefin Anja Mayer sagte, es gehe ihrer Partei um die Frage Wohnen und darum, wem der Boden gehöre. Die Gremien kämen in der nächsten Woche zusammen, um über eine Regierungsbeteiligung zu entscheiden.

Am Donnerstag wird zu dritt sondiert

Als realistische Optionen gelten nach der Landtagswahl ein rot-schwarz-grünes Bündnis - die sogenannte Kenia-Koalition - mit sechs Stimmen Mehrheit und ein rot-rot-grünes Bündnis mit einer Stimme Mehrheit.

Ein Kenia-Bündnis auf Landesebene gibt es seit den Landtagswahlen 2016 erstmals in Sachsen-Anhalt unter Ministerpräsident Reiner Haseloff. Eine rot-rot-grüne Regierung ("R2G") kam 2014 zum ersten Mal in Thüringen unter Bodo Ramelow zustande. Zudem werden Berlin und Thüringen derzeit von einer rot-rot-grünen-Regierung geführt.

Am Donnerstag sollen die Sondierungsgespräche in Brandenburg fortgesetzt werden - und zwar in Dreierkonstellationen: Die SPD will zuerst mit CDU und Grünen und danach mit Grünen und Linken sprechen.

Sendung: Inforadio, 11.09.2019, 13 Uhr

40 Kommentare

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  1. 40.

    Natürlich ist eine Mehrheit von nur einer Stimme sehr knapp und funktioniert nur, wenn keiner ausschert.

    Ich weiß natürlich nicht, was jeder einzelne Wähler will. Aber ich denke, die allermeisten Wähler wollen, dass die Partei, die sie wählen möglichst auch regieren soll. Protestwähler, die dies nicht wollen, sind aktuell wohl nur bei den Stimmen für die AfD im nennenswerten Umfang enthalten.

  2. 39.

    Auch Sie wissen nicht, was die verbliebenen 10% wuenschen. Im Interesse einer stabilen Regierung. sollten sich die Verantwortlichen nicht auf ein unsicheres Buendnis mit dieser existenziell bedrohten Partei bei nur einer Stimme Mehrheit einlassen.

  3. 38.

    Verwaltungsfreund, Samstag, 14.09.2019 | 20:41 Uhr:
    "Es geht hier zunaechst um die 2/3, die der Linken den Ruecken gekehrt haben, weil sie mit ihrer Regierungsarbeit unzufrieden sind. Die grosse Mehrheit der ehemaligen Linke-Waehler wuenschte offenbar keine Fortsetzung der Rot-Roten Koalition."

    Aber es bleiben doch immer noch 10,7%, die dann mit 40% von anderen Parteien für eine Regierungskoalition ausreichen.

  4. 37.

    Verwaltungsfreund:
    "Es ist voellig unplausibel, warum die Partei mit den hoechsten Verlusten nun erneut einer Regierungskoalition beitreten sollte."

    Mh, also Sie meinen wirklich, dass z.B. eine Partei, die dramatisch von 100% auf 51% abstürzt, während alle anderen Parteien viel dazugewinnen, nicht mehr regieren dürfe?

    Ich denke, es macht keinen Unterschied, ob eine Partei in 3 Wahlen jeweils 10% oder zuerst 10%, dann 20% und dann wieder 10% bekommt. Entscheidend ist einzig und allein, wieviel Prozent sie bei der aktuellen Wahl bekommen hat, egal, wie die Partei bei den vorangegangenen Wahlen abgeschnitten hat. Es zählt einzig und allein, dass sie von 10,7% gewählt wurde, die von ihr regiert werden wollen, was natürlich nur in einer Koalition mit anderen Parteien mit mind. 40% möglich sein könnte.

    Eine Partei, die von 0% auf 10% steigt ist nicht mehr oder weniger berechtigt, eine Regierungskoalition zu bilden, wie eine Partei, die von 20% auf 10% absinkt. 10% sind 10%!

  5. 36.

    Verwaltungsfreund, Samstag, 14.09.2019 | 20:32 Uhr:
    "Vier Partein koennen durchus kooperieren, wenn sie sich ihrer Verantwortung fuer das Gemeinwesen bewusst sind."

    Das bestreite ich nicht. Natürlich ist es möglich. Aber je mehr Parteien, desto schwieriger ist die Einigung und das Durchhalten während der ganzen Legislaturperiode.

  6. 35.

    Es geht hier zunaechst um die 2/3, die der Linken den Ruecken gekehrt haben, weil sie mit ihrer Regierungsarbeit unzufrieden sind. Die grosse Mehrheit der ehemaligen Linke-Waehler wuenschte offenbar keine Fortsetzung der Rot-Roten Koalition. Es ist voellig unplausibel, warum die Partei mit den hoechsten Verlusten nun erneut einer Regierungskoalition beitreten sollte.

  7. 34.

    Vier Partein koennen durchus kooperieren, wenn sie sich ihrer Verantwortung fuer das Gemeinwesen bewusst sind.

  8. 33.

    Verwaltungsfreund:
    "Antwort auf [Immanuel]
    Ihre Aussage ist so nicht richtig. Ein klares Wahlergebnis liegt auch dann vor, wenn eine Partei nach fuenf und zehn Jahren Regierungsbeteiligung je acht Prozentpunkte verliert."

    Das bedeutet aber kein klares Wahlergebnis bzgl. Regierungsbeteiligung!

    Verwaltungsfreund:
    "Ob die der Linken verbliebenen Waehlerinnen und Waehler eine Regierungsbeteiligung um jeden Preis wuenschen, erscheint vor diesem Hintergrund Zweifehaft."

    Woher wollen sie das wissen, dass quasi der harte Kern keine Regierungsbeteiligung will? Sind Sie Hellseher?

    Warum sollte man eine Partei wählen, wenn man keinesfalls von ihr regiert werden will? So denken nur dumme Protestwähler, die etwas wählen, nur um zu protestieren und denen egal ist, dass sie damit allen - auch sich - schaden, wenn sie eine Partei wählen, die sie eigentlich nicht wollen.

    Jeder, der verantwortlich wählt, wählt die Partei, von der er am ehesten regiert werden will.

  9. 32.

    Verwaltungsfreund, Samstag, 14.09.2019 | 07:56 Uhr:
    "Ein breiter gesellschaftlicher Konsens, der durch eine Schwarz-Rot-Gruene Koalition moeglichst unter Einbeziehung der BVB / Freien Waehler erzielbar ist, scheint hier wesentlich stabiler und sinnvoller."

    4 Parteien unter einen Hut zu kriegen, ist wohl um einiges schwerer als nur 3 Parteien und die Wahrscheinlichkeit, dass eine Partei ausschert ist umso größer, je mehr Parteien beteiligt sind.

  10. 31.

    Ihre Aussage ist so nicht richtig. Ein klares Wahlergebnis liegt auch dann vor, wenn eine Partei nach fuenf und zehn Jahren Regierungsbeteiligung je acht Prozentpunkte verliert. Ob die der Linken verbliebenen Waehlerinnen und Waehler eine Regierungsbeteiligung um jeden Preis wuenschen, erscheint vor diesem Hintergrund Zweifehaft. Gleichzeitig haette eine Rot-Rot-Gruene Koalition nur eine Stimme Mehrheit und saehe sich einem starken konservativen Oppositionsblock gegenueber. Mit einer derart unsicheren Regierungsmehrheit unter Beteiligung einer existentiell gefaehrdeten Partei waere es schwierig, die dringend notwendigen Sachentscheidungen zu treffen. Ein breiter gesellschaftlicher Konsens, der durch eine Schwarz-Rot-Gruene Koalition moeglichst unter Einbeziehung der BVB / Freien Waehler erzielbar ist, scheint hier wesentlich stabiler und sinnvoller.

  11. 30.

    Verwaltungsfreund, Freitag, 13.09.2019 | 13:51 Uhr:
    "Antwort auf [Immanuel I.] vom 12.09.2019 um 00:54
    Die Waehlerinnen und Waehler haben der Linken zum zweiten mal in Folge gezeigt, was sie von den Leistungen dieser Partei in der Regierungskoalition halten. Von einst 28% wurde sie auf 10% geschrumpft. Es wurde also klar gegen die Linke als Regierungspartei gestimmt. Eine Regierungsbeteiligung unter diesen Bedingungen waere schon kurios."

    Es gibt kein klares Wahlergebnis!
    Ein klares Wahlergebnis wäre, wenn eine Partei die absolute Mehrheit hat.
    Aber so, wie es jetzt ist, weiß man nicht, welche Koalitionen die Wähler bevorzugen.
    Der Wählerwillen, dass die gewählte Partei allein regieren solle, ist nicht erfüllbar.
    Und immerhin 10% wollen eine Regierungsbeteiligung der Linken. Das sind ein Fünftel der für eine Regierungskoalition erforderlichen Merhheit von 50,1%.
    Es gibt nicht "DEN Wählerwillen". Es viele verschiedene, sich widersprechende Wählerwillen.

  12. 29.

    Die Waehlerinnen und Waehler haben der Linken zum zweiten mal in Folge gezeigt, was sie von den Leistungen dieser Partei in der Regierungskoalition halten. Von einst 28% wurde sie auf 10% geschrumpft. Es wurde also klar gegen die Linke als Regierungspartei gestimmt. Eine Regierungsbeteiligung unter diesen Bedingungen waere schon kurios.

  13. 27.

    Dann schau auf die Umfragen zu Thüringen bei wahlrecht.de. Dort könnte es passieren, dass eine Koalition mit weniger als 4 Fraktionen ohne AFD nicht möglich sein wird. Der Wähler wird das soooo lange weitertreiben, bis sie mit der AFD oder anderen unlibsamen Parteien zusammen koalieren MÜSSEN oder mit wechselnden Mehrheiten Realdemokratisch regieren!

  14. 26.

    Gerne erläutere ich taktisches Wahlverhalten: Wenn man statt FDP (vermtl. unter 5%) die CDU wählt, nur um R2G zu verhindern. Die Chance: mit der CDU kommt man vielleicht von den letzten Plätzen der gescheiterten r/g Bildungspolitik weg. Z.B. wenn man die 2. Fremdsprache wieder als Pflichtfach einführt.

  15. 25.

    Na hoffentlich kommt dann auch alles was die CDU bzw. Herr Senftleben im Wahlkampf versprochen hat...

    Das will ich sehen dass Ende 2020 alle Funklöcher weg sind XD XD XD

  16. 24.

    Warum nicht rot-schwarz-rot? Wär doch das geringste Übel.

  17. 23.

    Kenia wäre wirklich die beste Option ... stabilste Mehrheit und die Möglichkeit, eine vernünftige, vermittelbare Politik der "Mitte" zu gestalten, ohne linksgrün-verträumten Maximalidealismus oder ein allzu konservatives und deshalb nicht umsetzbares Programm weit rechts der Mitte.

    Die CDU soll sich konsequent für innere Sicherheit einsetzen (Ausbau und Modernisierung von Polizei und Verfassungsschutz, intelligent upgedatetes Polizeigesetz, grenzübergreifende Kriminalität) und dabei halt den Grünen ein Stück weit entgegenkommen.

    Die Grünen sollen sich konsequent für die Erhaltung und Förderung der Umwelt im schönen Brandenburg einsetzen (Wälder, Landwirtschaft, Kohleausstieg) und dabei halt der CDU ein Stück weit entgegenkommen.

    Die Linke hat (mehr noch als die Grünen, und das will was heißen) mit verbiesterter Identitätspolitik schlichtweg den Bogen überspannt, und gehört dafür jetzt erstmal in der Opposition kaltgestellt bis sie auf den Boden der Realität zurückkehrt.

  18. 22.

    Verwaltungsfreund, Mittwoch, 11.09.2019 | 21:16 Uhr:
    "Eine Koalition aus CDU, SPD und Gruenen wuerde wohl dem Waehlerwillen am ehesten entsprechen. Die abgewaehlte Rot-Rote Koalition durch Ergaenzung um die Gruenen weiter zu fuehren, waere eine ueble Missachtung der Waehlerentscheidung."

    Unsinn!
    Die Wähler heben nicht gegen RRG gestimmt, weil keine Koalitionen, sondern nur Parteien zur Wahl standen. Jede mehrheitsfähige Koalition ist demokratisch gerechtfertigt, außer Koalitionen mit der AfD, weil jede demokratische Partei dies ausgeschlossen hat, so dass jede Stimme für eine demokratische Partei eine Stimme gegen eine Koalition mit der AfD ist, also 75 % gegen eine AfD-Koalition gestimmt haben.

  19. 21.

    Besserwessi, B., Mittwoch, 11.09.2019 | 20:54 Uhr:
    "Antwort auf [Jetgum] vom 11.09.2019 um 13:52
    Damit hier auch alles den Bach runtergeht wie in Berlin? Na schönen Dank auch"

    Bei uns in Berlin geht nicht "alles den Bach runter". Einfach mal vorbei kommen und anschauen.
    Sicherlich gibt es viele Probleme - wo gibt es keine Probleme -, aber vieles funktioniert auch. Jedenfalls geht nicht ALLES "den Bach runter"! Davon können Sie sich gern mal bei einem Berlin-Besuch überzeugen, liever Besserwessi.

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