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Video: rbbUM6 | 16.02.19 | 18:00 Uhr | Frieder Rößler | Quelle: imago sportfotodienst

Basketball | Pokalfinale Alba gegen Bamberg

Servus, wir sind's wieder

Alba gegen Bamberg ist das Traditionsduell der Bundesliga, am Sonntag treffen beide Klubs schon zum 90. Mal aufeinander: im Pokalfinale in Oberfranken. Für beide ist es der kürzeste Weg zu einem Titel - aber aus ganz verschiedenen Gründen. Von Sebastian Schneider

Gelobt wurden sie genug, überhäuft mit Komplimenten: Was für einen schicken, flinken, selbstlosen Basketball sie bei Alba Berlin doch zeigen, uneitel und schnörkellos, die reine, alte Schule. Mit seiner Idee vom freien Spiel und noch dazu seiner gelassenen Menschenführung hat Aito Garcia Reneses der Bundesliga den Kopf verdreht. Man wird dort niemanden finden, der etwas Schlechtes über ihn sagt und wenn es jemanden gäbe, wäre es dem 72-Jährigen sowieso egal.

Er hat in seinem Sport alles erlebt, aber man sollte sein gütiges Lächeln nicht als Altersmilde verstehen: Nach gut eineinhalb Jahren an der Spree will er seinem Arbeitgeber endlich etwas in die Vitrine stellen können – am Sonntag (15 Uhr) haben die Berliner beim Pokalfinale in Bamberg die Gelegenheit dazu. "Ein Titel wäre sehr, sehr gut", sagte der Trainer vor der Abfahrt nach Oberfranken. Er weiß wie's ist, nach neun spanischen Meisterschaften und fünf Triumphen in diversen Europapokal-Wettbewerben.

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Pokalfinale live

Public Viewing für Fans in Berlin

Für Alba-Fans, die es am Sonntag nicht nach Bamberg schaffen, bietet der Klub ein Public Viewing in der Verti-Music-Hall gegenüber der Arena am Ostbahnhof. Bisher sind dafür laut Alba gut 800 Tickets verkauft wurden. 

700 Alba-Fans in der Halle

Das Erstaunliche ist ja: Mehr als Respekt hat Alba unter Garcia Reneses' Leitung noch nicht gewonnen. Gegen die Bayern war sein Team erst im vergangenen Pokal-, dann im Ligafinale einigermaßen nah dran. Aber mehr als ihnen ein fünftes Spiel abzuringen, war ehrlicherweise nicht drin. In diesem Frühling wird es eher noch schwerer, weil die Münchner nochmal teuer nachgelegt haben – Berlins Erfolg im Pokalviertelfinale, noch dazu in der Rudi-Sedlmayer-Sporthalle in Sendling, sollte darüber nicht hinwegtäuschen.

Nun also "Freak City", wie die Bamberger ihre Heimat wahrheitsgemäß nennen, zum siebten Mal schon bekommen es beide Klubs im Pokal miteinander zu tun. 700 Berliner Fans werden am Sonntag ihr Bestes geben, weniger reicht in dieser Halle nicht. Denn was die gut 6.000 Leute da oben auf den Rängen veranstalten, wäre mit "Krach" noch freundlich beschrieben. 

Basketball ist in der hübschen Domstadt an der Regnitz seit Jahrzehnten die absolute Nummer eins, in Berlin immer noch ein Angebot von vielen. Die Bamberger Anhänger in den roten Klamotten, sie trommeln und krakeelen - und das macht dieses Traditionsduell auch aus. Am Sonntag dürften sie auch deshalb alles raushauen, weil sie ahnen, dass dieses Endspiel die einzige Chance auf ein halbwegs erfreuliches Fazit einer seltsamen Saison ist.

Nach nur 15 Spielen wieder gefeuert

Zwischen 2010 und 2017 haben die Gastgeber sieben von acht Meistertiteln eingeheimst. Gefühlt ist das lange her. Am Ende, nach einer Niederlage gegen Bayern, hatte der Mäzen und Aufsichtsratschef Michael Stoschek genug. Für so viel Geld wollte der Milliardär und Chef des Automobilzulieferers Brose mehr Leistung sehen.

Erst strich Stoschek das Budget zusammen (es ist immer noch das zweithöchste der Liga), dann ließ er dem Trainer Trinchieri dessen Papiere aushändigen und kürzlich auch dem Geschäftsführer – es wurde eine hässliche Trennung. Wie üblich in solchen Gemengelagen wurde das dem erfolgsverwöhnten Publikum als "Umbruch", als "Übergangssaison" verkauft. Aber dass es so schlimm werden würde, war den Fans dann doch zu viel.

Unter dem neuen Coach Ainars Bagatskis sahen sie lasche Verteidigung, planloses Eins-gegen-Eins-Gedaddel, keine erkennbare Gier aufs Gewinnen. Nach nur 15 Spielen durfte sich Bagatskis wieder umorientieren.

Baldi: "Gegenentwurf zu unserem Team"

Der neue, sehr junge Trainer Federico Perego hat die rüstige Sportgruppe wieder auf Kurs gebracht - sieben Siege aus den letzten acht Spielen sind der Beweis. Eine Liebesheirat wird es nicht mehr, aber die Fans honorieren, dass ihr Team wieder hinlangt und sich glaubhaft Mühe gibt. Hochdekorierte Veteranen wie Nikos Zisis (35), Ricky Hickman (33) und Bryce Taylor (32) mussten sich viel Häme gefallen lassen. Man beschimpfte sie als überbezahlt und satt.

Am Sonntag gegen Alba werden die reifen Herren nochmal alles versuchen, um das Gegenteil zu beweisen – für ein einziges Spiel um die Ehre reichen ihre Kraft und ihr Mumm noch locker. "Sie sind sozusagen der Gegenentwurf zu unserem Team. Alles Spieler, die schon in zig Endspielen standen und die sehr erfahren sind", sagte Berlins Manager Marco Baldi.

Immer noch einer der besten Scorer dieser Liga: Von Tyrese Rice (rechts) wird Bambergs Offensive am Sonntag wieder mal abhängen. In der Verteidigung aber hat der ehemalige MVP der Euroleague durchaus Schwächen. | Quelle: imago sportfotodienst

Rice ist Bambergs Topscorer

Die größte Last schultert der Linkshänder Tyrese Rice (31), vor noch nicht allzu langer Zeit einer der besten Point Guards Europas. Rice hat die Euroleague und den Eurocup gewonnen und auf keiner seiner vielen Stationen ist er durch übermäßige Selbstzweifel aufgefallen. Er liefert auch unter Hochdruck und ist mit durchschnittlich 15,2 Punkten Bambergs Topscorer, gefolgt vom federnden Kraftbrocken Augustine Rubit (14,6 Punkte) und dem lange geschmähten Ricky Hickman (12,1).

Für sich alleine kann jeder von ihnen einen Gegner auseinanderschrauben, aber die große Frage ist, ob sie diese Stärken gegen die clever rotierenden Berliner zusammenbringen können. Rubits Aufeinandertreffen mit Albas Schlüsselspieler Luke Sikma wird eine der interessantesten Geschichten des Nachmittags. "Die Vorfreude ist riesig. Unser Weg ins Finale war unglaublich. Jetzt wollen wir auch den Pokal", sagte Sikma.

Bamberg bezeichnet Alba als Favorit

Sikmas jüngst verpflichteter Kollege Derrick Walton Jr. hat die Reise nach Franken übrigens ebenfalls angetreten. Der Ersatz für Stefan Peno darf aller Voraussicht nach mitmachen, aber ob sein Trainer Garcia Reneses ihn schon lässt, wollen die Berliner nicht verraten.

Ihrer Mannschaft, der jüngsten der Liga, haben sie in Bamberg längst die sogenannte Favoritenrolle zugeschanzt - das wäre früher undenkbar gewesen. "Das hat nichts mit Understatement oder mangelndem Selbstbewusstsein zu tun, sondern mit der Realität. Sie spielen momentan gemeinsam mit München den besten deutschen Basketball. Das ist Fakt", informierte Federico Perego vorab.

Auch wenn das stimmt: Wieder so ein Lob, für das man keinen Pokal bekommt. Garcia Reneses wird es gekonnt überhört haben. "Wir dürfen nicht schon zu Beginn des Spiels über den Titel nachdenken", sagte der Coach. Für Berlin wäre es der zehnte deutsche Pokalsieg - und für den Señor der erste.

Beitrag von Sebastian Schneider, rbb|24

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