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Quelle: rbb/ Robert Schwaß

1. FC Frankfurt zurück in Oberliga

Wie einem einstigen Fußball-Riesen der DDR ein sanfter Aufbruch gelingt

Nach vier Jahren kehrt der 1. FC Frankfurt in die NOFV-Oberliga zurück. Zu DDR-Zeiten stand die Stadt an der Oder mit dem Armeesportklub Vorwärts für regelmäßige Europapokal-Spiele. In der 5. Liga setzt Frankfurt auf den eigenen Nachwuchs. Von Robert Schwaß

Das weite Rund des Frankfurter Stadions der Freundschaft lässt die Herzen vieler Fußball-Romantiker höherschlagen. Stehplätze und etwas in die Jahre gekommen Holzbänke in den Kurven werden durch eine schicke und moderne Haupttribüne ergänzt. Auf den Rängen riecht es nach Bier und Bratwurst. Einiges erinnert hier an große Fußball-Abende aus der Vergangenheit.

So auch der Testspiel-Gegner des 1. FC Frankfurt am Mittwochabend, wenn es sich auch nur um die Regionalliga-Vertretung von Hertha BSC handelt: Immerhin 360 Zuschauer wollen die Partie des 1. FCF gegen Hertha II sehen. Lediglich 140 kamen durchschnittlich zu den Brandenburgliga-Spielen in der vergangenen Saison. Sportlich ist gegen den höherklassigen Regionalligisten aus Berlin mit 0:5 zwar nichts zu holen, dennoch sricht Sportchef Andre Wolff von einem "insgesamt guten Fußballnachmittag".

Rückkehr in die Oberliga

Nach vier Jahren in der Verbandsliga kehren die Frankfurter nun in die fünftklassige Oberliga Nord im Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) zurück. Ausschlaggebend für den Aufstieg war vor allem die Rückrunde, in der die Mannschaft 13 der letzten 14 Spiele gewann.

Für das Trainer-Team um Thorsten Beck gehe es nun vor allem darum, die Mannschaft darauf einzustellen, dass sie als Aufsteiger auch mit Rückschlägen leben müsse, sagt Assistenz-Trainer Martin Przybulewski: "Wie die Jungs mit der neuen Aufgabe umgehen, muss sich noch zeigen". Durch das späte Saison-Ende der in Brandenburg-Liga habe die Mannschaft nur zwei Wochen Urlaub gehabt, sagt der 62-jährige. Dementsprechend "holprig und kurz" sei die Vorbereitung gewesen.

Der 1. FC Frankfurt geht weitestgehend mit einer unveränderten Mannschaft in die neue Saison. Mit Maik Frühauf, der zum Liga-Konkurrenten Union Fürstenwalde gewechselt ist, und Rick Drews, der im Verein als Trainer weiterarbeitet, müssen jedoch zwei "schwere Abgänge verkraftet werden", so Przybulewski. Für Verstärkung sorgten vor allem junge Spieler. "Ziel ist ganz klar der Klassenerhalt", sagt der Assistenz-Traiiner. "Vier Mannschaften hinter uns zu lassen, wird schwierig genug."

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Traditionsverein an der Oder

Frankfurt ist ein Standort mit langer Fußballgeschichte. 1971 wurde der FC Vorwärts Berlin, damals bereits sechsfacher DDR-Meister, aus der Hauptstadt an die Oder delegiert. Manches spricht dafür, dass auch Stasi-Chef Erich Mielke beim Umzug eine nicht unwichtige Rolle spielte, konnte er sich doch so dem damals ärgsten Konkurrenten seines favorisierten BFC Dynamo entledigen.

An der Oder konnten die Armeesportler von Vorwärts nur teilweise an die großen Erfolge anknüpfen, trotzdem haben sich einige Partien bis heute ins Gedächtnis gebrannt. So wurde 1974 im Hinspiel der 1. Runde des Europapokals niemand Geringeres als der mit Weltstars gespickte italienische Klub Juventus Turin vor 20.000 Frankfurter Zuschauern mit 2:1 bezwungen. Den zwischenzeitlichen Ausgleich der Turiner erzielte dabei ein gewisser Fabio Capello, später bekannt als Trainer unter anderem von Real Madrid, der englischen Nationalmannschaft und eben Juventus Turin. Im Rückspiel bei Juventus war mit einer 0:3-Niederlage nichts mehr zu holen für die Frankfurter.

Fußball-Autor Marco Bertram, der erst kürzlich einen Roman über die Geschichte von Vorwärts schrieb, sagt, er glaube, dass die einzigartige Klubgeschichte noch heute das Potenzial habe, "junge Fußballfans aus Frankfurt für ihren lokalen Klub zu begeistern". Im Vereinsheim erinnern Fotos an die großen Fußballabende.

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Als nach der Wiedervereinigung auch die Armeesport-Vereinigung der Nationalen Volksarmee (NVA) aufgelöst wurde, begann für Vorwärts eine Zeit des Umbruchs. Einige Umbenennungen und Fusionen später hat sich der Verein, seit 2012 unter dem Namen 1. FC Frankfurt, in der Brandenburg-Liga etabliert.

11 Frankfurter Freunde müsst ihr sein

Auch wenn nun vor dem Saison-Start am 7. August zu Hause gegen Hansa Rostock II noch einige Frage offen sind, ist das Selbstbewusstsein in der Mannschaft groß. Vor allem, weil sich viele Spieler bereits seit Jahren kennen, wie Mannschaftskapitän Erik Huwe sagt.

Der 28-Jährige ist ein Eigengewächs und hat seit 1998 die Jugendmannschaften der Frankfurter durchlaufen. Zwischen 2016 und 2018 spielte er mit seinem 1. FC Frankfurt bereits in der Oberliga Nord und glaubt, "dass die Mannschaft in diesem Jahr sogar noch ein bisschen stärker ist als vor vier Jahren."

Auch Nachwuchs-Torwart Julian Simon, der in der vergangenen Saison zehn Partien für den FC Frankfurt bestritt, setzt vor allem auf den "unglaublich großen Willen und Zusammenhalt in der Mannschaft." Der 21-Jährige macht neben dem Sport eine Ausbildung bei der Polizei.

Insgesamt trainieren die Frankfurter fünf Mal in der Woche. Dass die Oberliga mit weiteren Fahrtwegen eine zusätzliche Belastung für die Amateursportler darstelle, nehme man gerne in Kauf, sagt Simon.

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Weg der nachhaltigen Schritte

Auch der sportliche Leiter des Vereins, Andre Wolff blickt mit Spannung auf den Beginn der Oberliga-Saison. "Wir werden alles geben und wofür es am Ende reicht, müssen wir sehen", sagt er. Auf gewagte Transfers hat der 1. FC Frankfurt bewusst verzichtet, auch weil sich die Suche nach Sponsoren seit der Pandemie und weltweiten Krisen wie Russlands Krieg in der Ukraine schwerer gestaltet.

Mittelfristig sei man in der Oberliga gut aufgehoben, der Abstand zu Brandenburger Regionalligisten wie Energie Cottbus und Babelsberg 03 sei schlicht zu groß, sagt Wolff. "Wer weiter oben mitspielen will, muss Geld haben."

Investiert hat der Verein zuletzt vor allem in die Infrastruktur, Trainingsplätze wurden neu geschaffen und modernisiert. Auch im Stadion der Freundschaft solle sich etwas tun, sagt Wolff. "Zum Rückrunden-Start möchten wir gemeinsam mit der Stadt eine neue Flutlicht-Anlage errichten, um auch abends spiele austragen zu können." Der sportliche Leiter sagt, er hoffe, dass dann auch wieder ein paar mehr Zuschauer die Oberliga-Partien des 1. FC Frankfurt verfolgten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.07.2022, 13:15 Uhr

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