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Audio: rbb24|Inforadio | 10.02.2024 | Rani Khedira | Quelle: IMAGO/Matthias Koch

Union-Fan zu Protest-Aktionen

"Wir gehen nicht gerne ins Stadion, um Tennisbälle rumzuschmeißen"

Fast wäre die Partie Union Berlin gegen VfL Wolfsburg abgebrochen worden: Hartnäckig warfen Zuschauer Tennisbälle auf den Platz. Ein Union-Anhänger erklärt im Interview die Hintergründe der Proteste - und wann ein Spielabbruch denkbar wäre.

Union Berlin hat die Bundesliga-Partie gegen den VfL-Wolfsburg am Samstag mit 1:0 für sich entschieden. Das dominierende Thema waren jedoch erneute Fanproteste im Stadion an der Alten Försterei, wo hunderte Tennisbälle auf den Rasen flogen und fast einen Spielabbruch provozierten. Hintergrund ist ein Streit über den Einstieg eines Investors bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL).

Im Dezember hatten sich die Klubs der 1. und 2. Bundesliga denkbar knapp dafür ausgesprochen. Insbesondere die geheime Form der Abstimmung löste Unverständnis in der aktiven Fanszene aus. Mittlerweile schlossen sich mehrere Klubs - darunter Union Berlin - der Forderung einer erneuten Abstimmung an.

Im Vorfeld der Partie äußerte sich Union-Fan Lorcan von der Ultra-Vereinigung "Wuhlesyndikat" zu den Beweggründen und Hintergründen des andauernden Protests.

rbb|24: Lorcan, warum protestieren Sie? Und welche Forderungen sind damit verbunden?

Lorcan: Die Forderung ist ganz klar eine Neuabstimmung, und zwar eine transparente, offene und demokratische Neuabstimmung über einen Investoren-Einstieg, unter Einbehaltung der 50+1-Regel [Danach dürfen Investoren oder Anleger nicht über die Mehrheit der Stimmen in den Kapitangesellschaften verfügen, in welche die Klubs ihre Profiabteilung ausgelagert haben, Anm.d.Red]. Klar, Protest nervt und Protest ist immer anstrengend, aber er soll die Aufmerksamkeit auf ein Thema lenken.

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Welche Gefahren sehen Sie denn im Falle des Investoren-Einstiegs?

Für uns liegen die Gefahren in Angriffen auf die Spieltagsgestaltung und auf den Fußball, so wie er in Deutschland gerade stattfindet. Uns wird erzählt, dass ein Einstieg den Spieltag nicht betrifft und das alles quasi problemlos ist – aber die Frage stellt sich, wie CVC mit so einer Menge Geld als Private-Equity-Unternehmen in die DFL einsteigen kann, ohne irgendwelche Ansprüche an die DFL stellen zu können. [Der luxemburgische Investor CVC gilt als einer der Favoriten auf den Einstieg, Anm.d.Red.]

Kommen wir zu den Fan-Protestaktionen der vergangenen Wochen. Immer wieder mussten Spiele unterbrochen werden, einen Spielabbruch gab es bisher aber noch nicht. Wäre es denn für Sie denkbar, zu sagen, man geht bis zum Abbruch?

Es ist schwer, von Berlin aus für alle Fans in Deutschland zu sprechen. Natürlich stehen wir untereinander in Verbindung, daraus muss man kein Geheimnis machen. Aber jede Fanszene hat ihren eigenen Handlungsspielrahmen und kann selber entscheiden, wie weit sie gehen möchte. Wenn eine Fanszene es bis zum Spielabbruch treiben möchte, dann liegt es im Ermessen des jeweiligen Standorts. Aber ich glaube nicht, dass es das Ziel ist – und das ist wichtig zu betonen: Wir gehen nicht gerne am Wochenende ins Stadion, nicht Samstag 15:30 Uhr, um irgendwelche Tennisbälle rumzuschmeißen und einen Protest zu machen, weil wir nichts zu tun haben, sondern, weil uns das Thema wichtig ist. Ja, Protest soll nerven. Da kann noch so oft im Fernsehen gesagt werden: "Jetzt reicht es aber mal" oder "Das Thema ist doch schon oft genug aufgekommen". Nein, das Thema ist nicht oft genug aufgekommen. Es bewegt immer noch Millionen Menschen, und solange werden wir diesen Punkt auch hochhalten.

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Die DFL hat bereits einen Dialog angeboten und will sich gemeinsam an einen Tisch setzen. Wie ordnen Sie das ein?

Ich bin eigentlich nur noch fassungslos und enttäuscht, wie blauäugig man als DFL agiert. Wir brauchen uns an keinen Tisch setzen, solange unsere Forderungen nicht erhört werden. Wir haben ganz klar geäußert, was wir wollen. Aki Watzke [DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke, Anm.d.Red] hat sich am Freitag noch geäußert und gesagt, dass die Basis der Demokratie Gespräche sind. Da stimme ich ihm auch voll und ganz zu. Aber zur Demokratie gehört für uns auch eine gerechte Abstimmung. Da frage ich mich, ob da mit zweierlei Maß gemessen wird.

Wenn es tatsächlich zu einer erneuten Abstimmung kommt, aber das Ergebnis am Ende sein sollte, dass die Liga sich pro Investoren-Einstieg entscheidet – dann wären Sie bereit, das Gespräch zu suchen?

Sicherlich muss man die Situation dann noch mal bewerten und schauen, wie die Lage dann ist. Natürlich hoffen wir, dass eine Neuabstimmung in unserem Sinne ausfällt. Aber auch, wenn sie andersherum ausfällt, klar, dann müssen wir mit der Situation umgehen. Aber das oberste Ziel sollte eine transparente Neu-Abstimmung sein.

Sie sind nun in der Öffentlichkeit, was in Bezug auf die aktive Fanszene sonst selten der Fall ist. Wie kommt das in der Fanszene an, wie ist das für Sie ganz persönlich, dass man nun doch das Gespräch und die Öffentlichkeit sucht?

Für uns ist das ungewohnt und ich mache das hier nicht, weil ich oder wir das hier gerne machen oder so. Sondern für uns ist der Protest einfach wichtig. Und wir haben gemerkt, dass wir Druck ausüben müssen. Das machen wir in den Stadien, aber genauso nutzen wir nun diese Schiene [die mediale Öffentlichkeit, Anm.d.Red.], um den Druck hochzuhalten, um uns öffentlich zu positionieren.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Dennis Wiese, rbb Sport.

Sendung: rbb UM6, 11.02.2024, 18 Uhr

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