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Audio: Inforadio | Nolan Seegert | 14.02.2022 | Quelle: picture alliance/dpa

Eiskunstläufer nach Olympia-Quarantäne

"Die Größe des Zimmers war nicht geeignet, um dort 10 bis 14 Tage abzusitzen"

Der Berliner Eiskunstläufer Nolan Seegert ist raus aus dem Quarantäne-Hotel und kehrt mit Partnerin Minerva Hase zurück aufs Eis. Im Interview spricht er über die Einsamkeit im Hotelzimmer und wie er um Zuversicht rang.

Für den Berliner Eiskunstläufer Nolan Seegert war es ein großer Schock. Noch vor der offiziellen Olympia-Eröffnungsfeier wurde er positiv aufs Coronavirus getestet, musste als erster Athlet des deutschen Teams ins Quarantäne-Hotel einziehen. Zehn Tage später, am vergangenen Freitag, konnte er es wieder verlassen. Nun trainiert er gemeinsam mit seiner Paarlauf-Partnerin Minerva Hase für die Medaillenentscheidung am kommenden Samstag (19 Uhr MEZ). In Peking ist er rbb|24 zugeschaltet, um über die jüngsten Erlebnisse zu sprechen.

rbb|24: Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie kurz nach Ankunft in Peking erfuhren, dass Sie positiv auf das Coronavirus getestet wurden?

Nolan Seegert:
Ich war erst mal etwas ungläubig. Ich war komplett ohne Symptome, auch während der gesamten Quarantäne-Zeit. Deswegen war es für mich schwer zu glauben, dass ich positiv sein soll. Ich saß im Quarantäne-Zimmer, habe mir die Wettkämpfe angeschaut und wusste: Ich scheitere die gesamte Zeit nur an dem CT-Wert (Anm. d. Red.: der CT-Wert gibt die Virenlast der Testperson an). Ansonsten ging es mir gut. Das war schwer zu tragen. Außerdem waren die Umstände in der Quarantäne-Zeit wirklich nicht so gut. Die Größe des Zimmers war nicht dafür geeignet, dass man dort seine zehn bis 14 Tage absitzt. Die Qualität von dem, was einem drumherum geboten wurde, auch nicht.

Was gab es zu Essen, konnte man darauf Einfluss nehmen?

In den ersten Tagen hatten wir keinen Einfluss darauf. Das deutsche Team hat sich dann auch beschwert, weil die Qualität des Essens prinzipiell nicht gut genug war. Und es war für uns Athleten auch nicht ausreichend: Wir essen einfach mehr, Muskelmasse muss versorgt werden. Das wurde dann ab Tag sieben oder acht in der Quarantäne besser, nach mehreren Protesten des deutschen Teams. Und dann hatten wir auch Auswahlmöglichkeiten.

Wie sah Ihr Tagesablauf aus?

Den wollte ich so normal wie möglich gestalten. Zum Beispiel aufstehen um sieben und nicht bis halb zwölf im Bett liegen, Morgengymnastik machen, die Olympischen Spiele verfolgen, Sachen für die Uni erledigen. Natürlich kamen auch die einen oder anderen Interviews dazwischen. Ich habe versucht, Alltag zu führen. Obwohl mir das mit der Länge der Quarantäne zunehmend schwerer fiel.

Gab es Sportgeräte?

Das deutsche Team hat mir Matte, Springseil und ein paar Bänder zur Verfügung gestellt. Dinge, die man für den Leistungssport benutzt. Aber natürlich war der Platz begrenzt. Ich hatte auch Zugang zu einem Ergometer. Aber das ersetzt nicht die normalen Trainingseinheiten.

Wie liefen die Corona-Tests ab?

Der PCR-Test wurde immer morgens um acht Uhr entnommen. Teilweise habe ich bis 21 Uhr auf das Ergebnis gewartet. Und je länger die Quarantäne anhielt, umso mehr ging es dann nur noch um dieses Ergebnis. Das hat natürlich an den Nerven gezehrt.

Was hat Ihnen in dieser schwierigen Situation geholfen?

Das gesamte deutsche Eiskunstlauf-Team hat sich um mich gekümmert. Ich hatte viel Kontakt mit unserer Sportpsychologin, die versucht hat, mich in die richtigen Bahnen zu leiten. Aber ich kann noch nicht sagen, ob alles glatt gelaufen ist, mental meine ich. Das werden wir erst in den nächsten Tagen und Wochen merken.

Gab es bei Ihnen Zweifel, ob die Teilnahme an den Winterspielen in Peking überhaupt die richtige Entscheidung war?

Nein. Wir wussten alle, worauf wir uns hier einlassen. Wir wussten, dass man hier positiv getestet werden und dann in einer Quarantäne landen kann. Es macht auch keinen Sinn, sich darüber Gedanken zu machen. Wir können es nicht ändern, dass es Corona-Spiele sind, wie können es nicht ändern, dass wir in China sind. Solche Gedanken gab es also nicht.

Wie können Sie sich mit den Winterspielen versöhnen?

Indem wir hoffentlich einen guten Wettkampf laufen, das wäre ein Weg. Aber auch, überhaupt daran teilnehmen zu können. Ich versöhne mich gerade damit.

Wie läuft nun Ihr Alltag als sogenannter "Close Contact"?

Ich muss täglich zwei PCR-Test machen. Ich darf den normalen Shuttle-Bus nicht nehmen, sondern bekomme ein Close-Contact-Taxi, um zu den Sportstätten zu gelangen. Ich darf auch nicht in der Dining Hall speisen, sondern ein Teammitglied muss mir das Essen aus dieser Mensa bringen, und ich muss es dann im Zimmer verzehren.

Wie sehr frustriert es Sie, dass die Spiele für Sie nun so abliefen, nachdem Sie jahrelang darauf trainiert haben?

Manches kann man nicht ändern. Natürlich ist ein gewisser Frust vorhanden. Aber ich denke mir dann immer: Was bringt das? Daran versuche ich mich gar nicht aufzuziehen.

Das Gespräch mit Nolan Seegert führte Tabea Kunze, RBB Sportredaktion. Der vorliegende Text ist eine redigierte und leicht gekürzte Fassung.

Sendung: Inforadio, 14.02.2022, 12:15 Uhr

Beitrag von Tabea Kunze

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