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Audio: Antenne Brandenburg | 20.10.2020 | Anna Bayer | Quelle: dpa/Jens Büttner

Landkreis Barnim

Ärztemangel führt zu Warteschlangen vor den Praxen

Patienten in Eberswalde müssen aktuell viel Geduld beim Arztbesuch mitbringen. Gründe dafür sind Ärztemangel, Überlastungen infolge der Corona-Pandemie und die aufkommenden Grippesaison.

Menschenschlangen stehen im Brandenburgischen Viertel in Eberswalde (Landkreis Barnim), um von einem Arzt behandelt zu werden. Allerdings fehlt es in dem Plattenbaugebiet mit rund 7.000 Einwohnern seit Jahren an Medizinern. Fatal in einer Zeit, in der die Corona-Fallzahlen steigen und auch die Grippesaison wieder beginnt. Eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht.

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Schneller nach Berlin als in Eberswalde zu warten

Für einen Besuch beim Arzt fährt Uta Soschinski 120 Kilometer mit dem Auto. Sie wohnt in Eberswalde, doch zum Arzt muss sie meistens nach Berlin. Für sie eine unhaltbare Situation: "Sowas dürfte es gar nicht geben, dass man hunderte Kilometer wegfahren muss, um einen Arzt zu finden." Doch die Fahrstrecke in die Hauptstadt lohne sich für Uta Soschinski aufgrund der Zeitersparnis dennoch, da Patienten in Eberswalde oft lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssten.

Das Problem habe sich durch die Corona-Krise noch verschlimmert. Die Wartezimmer seien voll und Patienten stünden teilweise vor den Praxen Schlange. Laut Uta Soschinski ist die Lage nicht nur im Brandenburgischen Viertel ernst. Dort haben vor kurzem zwei Ärztinnen aufgehört, zu praktizieren.

Zehn Prozent zu wenig Hausärzte

Das Problem des Ärztemangels ist der Stadt Eberswalde bekannt, bestätigt die Verwaltung auf Anfrage des rbb. Zehn Prozent der hausärztlichen Stellen seien demnach nicht besetzt. Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg sind momentan 28,5 Hausärzte in der Stadt tätig. Damit hätte sich die Lage in den vergangenen fünf Jahren verbessert, da nun zwei Stellen mehr besetzt sein. In Bernau liegt die Versorgungsquote bei 84 Prozent.

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"Praxen an der Grenze der Belastbarkeit"

Und das in einer Zeit, in der die Corona-Fallzahlen auch in Brandenburg steigen und die Grippesaison mit den Herbst- und Wintermonaten beginnt. Frank-Ullrich Schulz , Präsident der Landesärztekammer, sagte dem rbb gegenüber: "Was sich gerade in den Praxen abspielt, geht wirklich an die Grenzen der Belastbarkeit, überwiegend der hausärztlich tätigen Kollegen."

Die überwiegende Mehrheit der Covid-Patienten werde von Allgemeinmediziner in ihren Praxen behandelt. Laut Schulz gibt es für sie keine spezielle Förderung. Ein Grund für den Ärztemangel in Brandenburg seien die schlechten Arbeitsbedingungen. "Nirgends ist die Arztdichte so gering wie in Brandenburg", so der Präsident der Landesärztekammer. "Alle Kollegen, die in Brandenburg tätig sind, arbeiten über dem Durchschnitt ihrer Kollegen in den anderen Bundesländern. Das könnte ein Grund dafür sein, dass viele junge Ärzte lieber woanders hingehen, wo sie nicht so belastet sind."

Ein strukturelles Problem, dessen Lösung sich auch in naher Zukunft nicht lösen lässt. Und so müssen Menschen wie Uta Soschinski auch weiterhin lange auf einen Arzttermin warten oder nach Berlin ins Corona-Risikogebiet fahren. Allerdings zeichnet sich im Brandenburgischen Viertel eine Entspannung ab. Laut der Kassenärztlichen Vereinigung wird ab Dienstag für die vor kurzem freigewordene Arztstelle eine Allgemeinmedizinerin in Vertretung angestellt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.10.2020, 15:10 Uhr

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