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Audio: Antenne Brandenburg | 24.07.2020 | Autor: Philip Barnstorf | Quelle: dpa/Zinken

Ansiedlung in Brandenburg

Tesla und das Wasser: Wer sagt was?

Die Diskussion um die Wasserversorgung der in Grünheide geplanten Tesla-Fabrik reißt nicht ab: Die Versorgung der entstehenden Fabrik scheint gesichert. Aber was passiert, wenn Tesla seine Fabrik ausbaut und immer mehr Menschen in die Region ziehen? Von Philip Barnstorf

Für die Tesla-Fabrik, wie sie derzeit offiziell beantragt ist, gibt es eigentlich schon fertige Lösungen bei Wasserver- und -entsorgung. Sowohl der Wasserverband Strausberg Erkner (WSE), der das Werk beliefern soll, als auch Landesumweltministerium und Landeswirtschaftsminister Steinbach bestätigen: Derzeit darf der WSE 15 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr aus dem Boden pumpen. Damit kann er die geplante Fabrik mit den offiziell von Tesla beantragten 1,5 Millionen Kubikmetern Wasser jährlich versorgen.

Das Abwasser soll über eine noch zu bauende 10-Kilometer-Leitung von der Fabrik nach Erkner und von dort über schon bestehende Netze weiter ins Klärwerk Münchehofe fließen.

Wo liegt also das Problem?

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Problem 1: Der Vertrag

Das ist zunächst der Vertrag, den WSE und Tesla über die Wasserversorgung schließen müssen, damit die Pläne umgesetzt werden können. Der WSE sagt, er habe Tesla schon im Mai einen Vertragsentwurf zugeschickt, worauf Tesla erst im Juli und nicht sehr konstruktiv reagiert habe. Das Landesumweltministerium sieht dagegen auch den WSE in der Bringschuld: Schon Anfang Juli habe das Land den Verband auf "juristische Mängel" in seinem Vertragsentwurf hingewiesen, hieß es von einer Ministeriumssprecherin. Der WSE widerspricht: Der Vertrag sei "juristisch einwandfrei", sagte Sprecherin Sandra Ponesky dem rbb und kritisierte die Einmischung der Regierung als "befremdlich".

Poneskys Verband geht noch weiter: Laut einem verbandsinternen Schreiben gefährdeten die schleppenden Vertragsverhandlungen inzwischen sogar den für November 2020 avisierten Wasseranschluss der Fabrik, sodass das ganze Projekt "grundsätzlich gefährdet" sei. Das Umweltministerium ist abermals anderer Meinung. Auch Tesla erwartet laut Brancheninsidern "keine Verzögerung für das Gesamtprojekt". Schließlich hält auch Wirtschaftsminister Steinbach, der regelmäßig zwischen den Beteiligten der Tesla-Ansiedlung moderiert, die Probleme für "lösbar". Bei den anscheinend schwierigen Vertragsverhandlungen ist er optimistisch: "Es geht um eine einzige Klausel in einem längeren Papier mit ganz vielen Paragraphen. Da sage ich: Entschuldigung, das muss man lösen können." Was in dieser Klausel steht, wollte der SPD-Politiker nicht sagen.

Problem 2: Teslas fehlende Unterschrift

Weiter moniert der WSE in seinem internen Schreiben, dass Tesla sich im Vertrag nicht auf die derzeit beantragten 1,5 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr festlegen wolle, weil das Unternehmen schon mit Fabrikerweiterungen und entsprechend höherem Wasserverbrauch plane. Unmittelbar dazu äußerten sich weder Tesla noch das Umweltministerium. Letzteres teilte aber mit, dass es Gespräche gebe zur weiteren Wasserversorgung "vor dem Hintergrund der zu erwartenden Entwicklung des Gebietes". Konkrete Anträge zur Wasserentnahme lägen von Tesla aber nicht vor. Auch den Vorwurf, die Landesbehörden übergingen den WSE zugunsten Teslas, weist das Umweltministerium "strikt zurück".

Problem 3: Der erwartete Zuzug nach Grünheide

Schließlich warnt der WSE in seinem internen Schreiben in dramatischem Ton vor Wasserknappheit in den kommenden Jahren. Das aktuell jährliche 15-Millionen-Kubikmeter-Wasserkontingent reiche zwar für die derzeitige Bevölkerung und die Tesla-Fabrik in der ersten Ausbaustufe, nicht aber für die erwarteten zuziehenden Menschen und Unternehmen. Schon Ende 2022 könne es zu Engpässen kommen. Deshalb müsse das Land dem WSE möglichst schnell mehr Wasserförderung erlauben. Tatsächlich hat der WSE schon größere Förderkontingente und neue Brunnen in Spitzmühle und Hangelsberg beantragt. Damit könnte er statt 15 fast 20 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr aus der Erde holen und zuziehende Menschen wie Unternehmen versorgen. Der WSE sieht den Ball also im Feld der Landesbehörden. Das Landesumweltamt teilte dazu nur mit, dass bisher nicht alle genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen vorlägen.

Anscheinend sorgt also nicht die Fabrik, die derzeit gebaut wird, für Probleme, sondern von Tesla wohl schon anvisierte Ausbaustufen und der erwartete Zuzug in die Region in den kommenden Jahren. "Dass die Ausbaustufen zwei und drei ein Problem darstellen, das wussten wir schon seit einem Jahr", sagt Wirtschaftsminister Steinbach. "Hier gehen einfach die Verhandlungen mit den zugehörigen Institutionen ein bisschen zu langsam." Alles scheint also davon abzuhängen, wieviel mehr Leute und Unternehmen in den kommenden zwei, drei Jahren in die Region ziehen, wie schnell das Land zusätzliche Wasserförderung erlaubt, und wie schnell Tesla seine Fabrik erweitern will.

Problem 4: Vorzeitige Genehmigung

Bisher macht das Unternehmen keine Anstalten, sein Tempo zu drosseln. Vor gut einer Woche hat der kalifornische E-Autobauer weitere Bauschritte beim Landesumweltamt beantragt. Dabei geht es um Pfahlgründungen, Gebäudehüllen und Tragkonstruktionen. Auch der Innenausbau von Gießerei und Presswerk sowie Wasserleitungen sind Teil des Antrags. Der ist allerdings noch nicht vollständig, weil Tesla noch einige Unterlagen nachreichen muss. Erst danach kann das Landesumweltamt den Antrag prüfen. Wie bei allen bisherigen Baumaßnahmen auf dem Teslagelände, geht es um eine sogenannte vorzeitige Genehmigung. Das heißt, falls die Gesamtgenehmigung für das Projekt ausbleibt, muss Tesla alles auf eigene Kosten zurückbauen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 24.07.2020, 07:30 Uhr

Beitrag von Philip Barnstorf

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