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Video: Super.Markt | 22.02.2021 | Jördis Götz | Quelle: imago

Unerwünschte Anzeigenblätter

Warum der "Keine Werbung"-Aufkleber nicht ausreicht

Anzeigenblätter wirken ein bisschen aus der Zeit gefallen. In Berlin und Brandenburg werden sie von acht Verlagen produziert - und sie haben treue Leser. Wer sie allerdings nicht haben will, muss ein paar Punkte beachten. Von Jördis Götz

Sie heißen "Berliner Abendblatt", "Märkischer Markt", "Blickpunkt" oder "Lausitzer Woche", und sie landen regelmäßig im Briefkasten, ohne dass man sie bestellt hat. In Berlin sitzen zwei große Verlage, die zusammen 2,7 Millionen Exemplare der kostenlosen Anzeigenblätter pro Ausgabe produzieren. In Brandenburg sind es sechs Verlage, die pro Ausgabe insgesamt fast 2,5 Millionen Anzeigenblätter verteilen lassen.

Laut einer Umfrage der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) für den Verband der Anzeigenblätter lesen in ganz Deutschland mehr als 70 Prozent der Bevölkerung – nämlich 51 Millionen Menschen - diese Druckerzeugnisse. Und immerhin rund 35 Prozent der Leser finden Werbung in Anzeigenblättern nützlich.

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Anzeigenblätter gelten nicht als Werbung

Gaby Gonschorek aus Potsdam stellt seit 16 Jahren den "Blickpunkt" zu, zweimal pro Woche, jeweils 570 Zeitungen, und sie kennt ihre Leser in der Potsdamer Waldstadt. Was viele nicht wissen: In jeden Briefkasten kommt eine Zeitung, auch in die, auf denen steht: "Keine Werbung!"

Denn Anzeigenblätter gelten als Presseprodukte – der "Bitte keine Werbung"-Aufkleber blockiert dagegen nur Werbung. Nur der Zusatz "Keine kostenlosen Zeitungen" gilt als Verweigerung, entsprechende Aufkleber gibt es im Baumarkt oder im Internet. Wenn ein solches Schild am Briefkasten klebt, darf der Zusteller kein Anzeigenblatt einwerfen. Tut er es trotzdem, sollte man sich direkt an den Verlag wenden, per Anruf, E-Mail oder Fax.

Beschweren kann man sich beim Bundesverband

Kommt die Zeitung trotzdem immer wieder, kann man sich an den Bundesverband der Anzeigenblätter (BVDA) wenden. Der kann Mitglieder abmahnen und vergibt auch ein Siegel für geprüfte Prospektzustellung. Für Jörg Eggers, Geschäftsführer des BVDA, ist klar, dass eine Leserin, die eine Zeitung nicht haben will, auch für den Verlag nicht interessant ist: "Werbekunden möchten ja eine Werbewirkung haben, und wenn Prospekte an Menschen verteilt werden, die das alles grundsätzlich ablehnen, wäre das ein Verlustgeschäft."

Quelle: rbb/SUPER.MARKT

Der "Blickpunkt" ist mit 385.000 Exemplaren eines der größten Anzeigenblätter in Brandenburg. Werbeverweigerungen werden hier eigentlich ernst genommen, sagt Verlagschefin Rebecca Schenkelberg dem rbb. Die Info, wer eine Zeitung will und wer nicht, bekommen die rund 1.000 Zusteller auf einer Liste, erklärt sie. "Wir haben Karten, darin werden die Gebiete gezeichnet. Dazu bekommt der Zusteller einen idealen Wegeplan innerhalb seines Zustellgebietes, dann bekommt er noch eine Auflistung der Straßen- und Hausnummern. Und zu guter Letzt bekommt er dann noch eine Liste derjenigen, die eben keine Zeitung haben wollen."

Gaby Gonschorek kann das bestätigen, sie weiß genau, wer in ihrem Zustellgebiet keine Zeitung bekommen möchte. Für kurzfristige Vertretungen, die etwa im Krankheitsfall einspringen, kann das allerdings kompliziert werden. Aber Anfragen, dass jemand sein Blatt vermisst, seien weitaus häufiger als Beschwerden über zu Unrecht zugestellte Blättchen.

Jährlich mehr als eine Million Tonnen Werbeprospekte

Finanziert werden die kostenlosen Zeitungen über Werbung. Die Anzeigenblätter bestehen etwa zur Hälfte aus Anzeigen. Dazu kommen noch Prospekte von Discountern oder Möbelhäusern, die maschinell eingelegt werden. Die Preise verhandeln Agenturen, sie richten sich nach dem Gewicht der Prospekte und der Auflagestärke des Blattes. Aber wie viel Werbung braucht so ein Blatt, um zu überleben?

Verlagschefin Schenkelberg erklärt, dass die Zustellung in der Stadt natürlich günstiger ist als auf dem Land, es gibt also eine Quersubventionierung. "Daher kann man nicht genau sagen: 'Ich brauche so und so viele Beilagen, und dann ist mein Produkt finanziert'", sagt Schenkelberg.

Dass Anzeigenblätter und Werbeprospekte oft direkt im Müll landen, ist Umweltverbänden seit längerer Zeit ein Dorn im Auge. Nach ihren Schätzungen werden in Deutschland im Jahr 1,06 Millionen Tonnen Werbeprospekte produziert, für deren Herstellung 42 Milliarden Liter Wasser verbraucht werden. Den Verlagshäusern ist das Problem bewusst. Sie argumentieren deshalb gern damit, dass ihre Zeitungen aus Recyclingpapier bestehen.

Sendung: Super.Markt, 22.02.2021, 20:15 Uhr

Beitrag von Jördis Götz

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