rbb24
  1. rbb|24
  2. Wirtschaft
Quelle: dpa/Christin Klose

Interview | Ökobilanz E-Roller

"E-Roller sind da sinnvoll, wo sie Autofahrten ersetzen"

Dass es Spaß macht, mit ihnen durch die Stadt zu flitzen, ist offensichtlich. Aber wie steht es mit der Ökobilanz der E-Roller, die man an jeder Ecke mieten kann? Da kommt es vor allem darauf an, welches Verkehrsmittel ersetzt wird, sagt Miriam Dross vom Umweltbundesamt.

rbb24: Können E-Roller wirklich irgendeine Rolle bei der Verkehrswende spielen oder sind sie schlicht kleine Spaß-Mobile?

Miriam Dross: Nach unserer Auffassung tragen die E-Roller im Moment noch nicht zur Verkehrswende bei. Das liegt an verschiedenen Faktoren. Mittelfristig können sie aber im Rahmen von multimodalen Wegeketten durchaus Funktionen übernehmen. Wenn sie beispielsweise für die "letzte Meile" zwischen der S-Bahn-Endhaltestelle und Zuhause benutzt werden oder zur Überwindung von Zwischenstrecken, damit dann nicht die ganze Strecke mit dem Auto gefahren werden muss.

Zur Person

Miriam Dross

Wie muss man einen E-Roller nutzen, um ihn umweltfreundlich zu nutzen? Kann man ihn auch statt der S-Bahn wählen?

Vereinfacht kann man sagen: in dem Moment, wo man statt des E-Rollers eigentlich zu Fuß gegangen oder Fahrradgefahren wäre, hat die Nutzung keinen Mehrwehrt. Im Prinzip ist der E-Roller nur dann sinnvoll, wenn er Autofahrten ersetzt - ohne jetzt im Detail auf Ökobilanzen einzugehen. Für welche Strecken die E-Roller derzeit genutzt werden, wissen wir aber nicht genau. Es gibt Anbieter, die von 18 Prozent sprechen, in denen PKW-Fahrten ersetzt werden. Wir kennen aber auch Erhebungen, die eher drei Prozent nennen. Wenn wir zur Nutzung unabhängige empirische Erhebungen hätten, könnten wir vieles besser beurteilen. Existierende Studien sind derzeit stark auf Annahmen gestützt.

Spielen denn auch Herstellung, Wartung und solche Dinge eine Rolle?

Das alles spielt mit hinein. Bei den E-Rollern ist der wichtigste Umweltfaktor der Akku. Es spielt eine große Rolle, wie die Akkus produziert wurden – das ist eine Diskussion, die wir ja auch bei anderen Batterien haben. Wichtig ist auch, ob die E-Roller, wenn sie ausgemustert werden, weitergenutzt oder, falls nicht, richtig entsorgt werden. Bei den Rollern selbst hat sich die Nutzungsdauer verlängert. Das liegt vor allem daran, dass die E-Scooter inzwischen robuster sind und besser für den kommerziellen Verleih geeignet.

Es gibt zudem Anbieter, deren Akkus austauschbar sind. Das macht einen großen Unterschied bei der Frage, wie sie "betankt" werden. Es hängt auch viel davon ab – sowohl hinsichtlich der Emissionen als auch hinsichtlich der Frage, welche Flächen in der Stadt in Anspruch genommen werden – ob immer der ganze Roller mitgenommen oder nur der Akku geladen werden muss.

Wichtig ist auch, womit die E-Scooter geladen werden. Am besten natürlich mit Strom aus erneuerbaren Energien. Aber es kommt auch darauf an, welche Fahrzeuge die Anbieter dazu nutzen, zum Beispiel Diesel-Transporter, um die Roller einzusammeln und wieder zurückzubringen. Manche Anbieter streben an, dafür ausschließlich E-Fahrzeuge zu nutzen. Tauscht man nur die Akkus aus, reichen ja sogar Cargo-Bikes, um diese zu transportieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch die Lebensdauer des ganzen Geräts.

Es gab Berichte, in denen von nur einem Monat Lebensdauer die Rede war.

Ja. Aber dazu muss man sagen, dass sich das gerade ändert. Die E-Roller sind ja erst vor wenigen Jahren eingeführt und fortentwickelt worden. Den Anbieterangaben nach sind die Roller inzwischen deutlich länger nutzbar: etwa zwischen zwei und fünf Jahren. Das können wir nicht überprüfen, aber die Vermieter haben ja ein Interesse daran, dass ihre E-Roller möglichst lange halten, denn die Anschaffung ist ein wichtiger Kostenfaktor für sie. Es gibt auch Konzepte, bei denen die E-Roller nach ihrem Einsatz als Leihfahrzeug an private Nutzer weiterverkauft und so nachgenutzt werden, was auch auf eine verlängerte Nutzungsdauer hinweist.

Was zusätzlich sehr wichtig ist: je besser man die einzelnen Bauteile auswechseln kann, desto länger lebt der Roller insgesamt. Das ist natürlich nachhaltiger, als im Schadensfall das ganze Gerät wegwerfen zu müssen.

Sollten potenzielle Mieter also gut recherchieren, wie der Anbieter, den sie wählen, die E-Roller anschafft, wartet und so weiter?

Ja, durchaus. Aber das ist der zweite Schritt. Im ersten Schritt sollte man sich schon kritisch fragen, ob man den E-Roller in einer sinnvollen Weise nutzt. Die E-Roller finden sich inzwischen in sehr viel mehr – auch kleineren – Städten als früher. Ich sehe selbst in Berlin oft Menschen auf den E-Rollern, bei denen ich das Gefühl habe, sie wären sonst vielleicht eher zu Fuß gegangen.

Auf dem Land sind die E-Roller also keine wirklich ökologisch nutzbare Alternative zum Auto?

Da gibt es schlicht noch keine wirklich guten Konzepte. Was aber vorstellbar wäre, ist, dass auch dort Leih-Roller eine Zubringer-Funktion haben könnten zu beispielsweise S-Bahn oder Regionalbahn-Haltestellen. Für Pendler könnte das eine sinnvolle Alternative sein, weil sie so ihr Auto zuhause stehen lassen können.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

Sendung:  

Artikel im mobilen Angebot lesen