Interview | Ökobilanz E-Roller - "E-Roller sind da sinnvoll, wo sie Autofahrten ersetzen"

So 22.08.21 | 08:27 Uhr
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Eine Frau faehrt am 11.08.2020 in Berlin mit einem E-Scooter (gestellte Szene). (Quelle: dpa/Christin Klose)
Bild: dpa/Christin Klose

Dass es Spaß macht, mit ihnen durch die Stadt zu flitzen, ist offensichtlich. Aber wie steht es mit der Ökobilanz der E-Roller, die man an jeder Ecke mieten kann? Da kommt es vor allem darauf an, welches Verkehrsmittel ersetzt wird, sagt Miriam Dross vom Umweltbundesamt.

rbb24: Können E-Roller wirklich irgendeine Rolle bei der Verkehrswende spielen oder sind sie schlicht kleine Spaß-Mobile?

Miriam Dross: Nach unserer Auffassung tragen die E-Roller im Moment noch nicht zur Verkehrswende bei. Das liegt an verschiedenen Faktoren. Mittelfristig können sie aber im Rahmen von multimodalen Wegeketten durchaus Funktionen übernehmen. Wenn sie beispielsweise für die "letzte Meile" zwischen der S-Bahn-Endhaltestelle und Zuhause benutzt werden oder zur Überwindung von Zwischenstrecken, damit dann nicht die ganze Strecke mit dem Auto gefahren werden muss.

Zur Person

Miriam Dross (Quelle: Miriam Dross)
Miriam Dross

Umweltbundesamt - Miriam Dross

Miriam Dross leitet das Fachgebiet "Nachhaltige Mobilität in Stadt und Land" im Umweltbundesamt. Sie ist Volljuristin und hat zuvor viele Jahre beim Sachverständigenrat für Umweltfragen gearbeitet.

Wie muss man einen E-Roller nutzen, um ihn umweltfreundlich zu nutzen? Kann man ihn auch statt der S-Bahn wählen?

Vereinfacht kann man sagen: in dem Moment, wo man statt des E-Rollers eigentlich zu Fuß gegangen oder Fahrradgefahren wäre, hat die Nutzung keinen Mehrwehrt. Im Prinzip ist der E-Roller nur dann sinnvoll, wenn er Autofahrten ersetzt - ohne jetzt im Detail auf Ökobilanzen einzugehen. Für welche Strecken die E-Roller derzeit genutzt werden, wissen wir aber nicht genau. Es gibt Anbieter, die von 18 Prozent sprechen, in denen PKW-Fahrten ersetzt werden. Wir kennen aber auch Erhebungen, die eher drei Prozent nennen. Wenn wir zur Nutzung unabhängige empirische Erhebungen hätten, könnten wir vieles besser beurteilen. Existierende Studien sind derzeit stark auf Annahmen gestützt.

Spielen denn auch Herstellung, Wartung und solche Dinge eine Rolle?

Das alles spielt mit hinein. Bei den E-Rollern ist der wichtigste Umweltfaktor der Akku. Es spielt eine große Rolle, wie die Akkus produziert wurden – das ist eine Diskussion, die wir ja auch bei anderen Batterien haben. Wichtig ist auch, ob die E-Roller, wenn sie ausgemustert werden, weitergenutzt oder, falls nicht, richtig entsorgt werden. Bei den Rollern selbst hat sich die Nutzungsdauer verlängert. Das liegt vor allem daran, dass die E-Scooter inzwischen robuster sind und besser für den kommerziellen Verleih geeignet.

Es gibt zudem Anbieter, deren Akkus austauschbar sind. Das macht einen großen Unterschied bei der Frage, wie sie "betankt" werden. Es hängt auch viel davon ab – sowohl hinsichtlich der Emissionen als auch hinsichtlich der Frage, welche Flächen in der Stadt in Anspruch genommen werden – ob immer der ganze Roller mitgenommen oder nur der Akku geladen werden muss.

Wichtig ist auch, womit die E-Scooter geladen werden. Am besten natürlich mit Strom aus erneuerbaren Energien. Aber es kommt auch darauf an, welche Fahrzeuge die Anbieter dazu nutzen, zum Beispiel Diesel-Transporter, um die Roller einzusammeln und wieder zurückzubringen. Manche Anbieter streben an, dafür ausschließlich E-Fahrzeuge zu nutzen. Tauscht man nur die Akkus aus, reichen ja sogar Cargo-Bikes, um diese zu transportieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch die Lebensdauer des ganzen Geräts.

Ich sehe in Berlin oft Menschen auf E-Rollern, bei denen ich das Gefühl habe, sie wären sonst vielleicht eher zu Fuß gegangen.

Miriam Dross, Umweltbundesamt

Es gab Berichte, in denen von nur einem Monat Lebensdauer die Rede war.

Ja. Aber dazu muss man sagen, dass sich das gerade ändert. Die E-Roller sind ja erst vor wenigen Jahren eingeführt und fortentwickelt worden. Den Anbieterangaben nach sind die Roller inzwischen deutlich länger nutzbar: etwa zwischen zwei und fünf Jahren. Das können wir nicht überprüfen, aber die Vermieter haben ja ein Interesse daran, dass ihre E-Roller möglichst lange halten, denn die Anschaffung ist ein wichtiger Kostenfaktor für sie. Es gibt auch Konzepte, bei denen die E-Roller nach ihrem Einsatz als Leihfahrzeug an private Nutzer weiterverkauft und so nachgenutzt werden, was auch auf eine verlängerte Nutzungsdauer hinweist.

Was zusätzlich sehr wichtig ist: je besser man die einzelnen Bauteile auswechseln kann, desto länger lebt der Roller insgesamt. Das ist natürlich nachhaltiger, als im Schadensfall das ganze Gerät wegwerfen zu müssen.

Sollten potenzielle Mieter also gut recherchieren, wie der Anbieter, den sie wählen, die E-Roller anschafft, wartet und so weiter?

Ja, durchaus. Aber das ist der zweite Schritt. Im ersten Schritt sollte man sich schon kritisch fragen, ob man den E-Roller in einer sinnvollen Weise nutzt. Die E-Roller finden sich inzwischen in sehr viel mehr – auch kleineren – Städten als früher. Ich sehe selbst in Berlin oft Menschen auf den E-Rollern, bei denen ich das Gefühl habe, sie wären sonst vielleicht eher zu Fuß gegangen.

Auf dem Land sind die E-Roller also keine wirklich ökologisch nutzbare Alternative zum Auto?

Da gibt es schlicht noch keine wirklich guten Konzepte. Was aber vorstellbar wäre, ist, dass auch dort Leih-Roller eine Zubringer-Funktion haben könnten zu beispielsweise S-Bahn oder Regionalbahn-Haltestellen. Für Pendler könnte das eine sinnvolle Alternative sein, weil sie so ihr Auto zuhause stehen lassen können.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

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40 Kommentare

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  1. 40.

    Ich verstehe nicht das die E Roller den Weg zur S Bahn oder u Bahn eine Zubringerrolle spielen sollen.Da jetzt auch die Autofahrer nicht nur zum nächsten Bahnhof fahren und ihr Auto da abstellen und dann mit der Bahn weiterfahren. Ausserdem weiss ich als Fußgänger gar nicht wie ich den Roller benutzen kann.Die Firmen haben die Dinger auf die Straße gestellt und keine Einweisung für den Gebrauch gemacht.

  2. 39.

    Tja, die PKW legen aber anders als viele der hier von diversen Kommentatoren Kritisierten nicht einen Großteil des Weges auf dem Gehweg zurück.

  3. 38.

    Von daher stellt die Angelegenheit mit den E-Rollern faktisch ein Widerspruch in sich dar. Wenn der Weg für die Anbieter und Betreiber kalkulatorisch "zu weit" ist, scheidet das Argument mit der "letzten Meile" faktisch aus.

    In hochverdichteten Lagen sind die E-Roller hingegen überflüssig wie ein Kropf und verhelfen mit künstlich erzeugter Energie Menschen zu einer Bewegung, die sie vorher ohne das auch schon hatten.

  4. 37.

    Mir ist noch keine Situation begegnet, in der ein Roller das Auto ersetzt hätte. Außerhalb des S-Bahn Rings gibt es an den Bahnhöfen keine Roller. Ist logisch. Der Weg, um die wieder aufzuladen, wäre für die Betreiber unwirtschaftlich weit.

  5. 35.

    Ja, da fängt das Problem ja an und führt zu immer weiterführenden Problemen. Rasen auf dem Bürgersteig ist ja „ cool „. Hatte auch schon bei einem Unfall beigewohnt! Der ältere Herr würde rücksichtslos angefahren, weil dieser nicht schnell genug zur Seite gehen könnte.

  6. 34.

    Warum ist der Roller auf dem Bild dann auf dem Bürgersteig? Passt nicht zur Überschrift.

  7. 33.

    Ah, das ist wieder Ihre Phopie vor der, wie Sie sich ausdrücken, "Fremdlandbude" für E-Fahrzeuge, die Sue nicht mögen. Immerhin haben Sie erkannt, dass es sich um ein anderes Bundesland dreht. Dabei verbieten Sie gerne anderen, die nicht aus Brandenburg kommen, das Wort. Der Rhein, in dem hunderte Stehroller vermutet werden, fließt allerdings in Köln.

    Wie man diesem langen Artikel entnehmen kann, wäre es umweltfreundlicher, wenn man diese Roller Autofahrten substituieren würden. Deshalb wurde deren Einführung parteiübergreifend jenseits der Anhänger von Vernunftkraft und Co gefeiert, insbesondere auch von den Großstadt-Grünen.

    Seit mehreren Wochen ist aber das wilde Parken verstärkt nicht nur in der Hauptstadtpresse Thema, jetzt auch beim RBB. Ihr Wunsch, die Dinger wieder loszuwerden ist jedoch Ihrer typische Bigotterie. Sonst würden Sie sich ebenso dafür einsetzen, dass auch man auch Verbrenner-PKW wieder loswerden müsse, die hier falsch abgestellt werden.

  8. 32.

    Man sind Radfahrer blind oder nur bloed oder bestehen wie an Kreuzungen einfach auf ihr Vorfahrtsrecht, auch wenn es absolut nicht geht.

  9. 31.

    Dann nochmal für Begriffsstutzige:

    Müslim: Für mich ist E Scooter viel besser als Autos, in Berlin sind viel zu viele Autos unterwegs

    Sie: Auch auf den Gehwegen?

    Ich: Auch auf Gehwegen, Zufahrten, Radwegen, Radspuren und in zweiter Reihe.

    Wenn sie irgendwann mal verstanden haben, können sie sich ja noch mal melden. Oder fliegen KfZ zu den o.g. Orten? Irgendwie müssen die ja dort hinkommen.

  10. 30.

    Kurz gesagt sind die Finger Umwelttechnisch gesehen eine Katastrophe und bringen keinerlei Entlastung. Mehr gibt es nicht zu sagen.

  11. 29.

    Mag alles sein. Aber was wollen sie den Mitlesern nun klar machen ? In Berlin haben wir es mit einer derart verfahrenen Kiste zu tun, dass da nur noch Teslas aus Grünheide die Situation retten können ? Aber bitte nur mit Schutzmaske in der Stadt der Zukunft. Der Reifenabrieb ist nicht lungenfreundlich.

  12. 28.

    Aus den Duden: Unterwegs - sich auf dem Weg irgendwohin befindend
    Es kam aber schon zu schweren Unfälle, weil Radfahrer, die auf dem Gehweg unterwegs gewesen sind, einen illegal dort abgestellten PKW rammen.

  13. 27.

    Die Roller sind einfach nur Spaß-Fahrzeuge, die gehören nur auf private Flächen. Das einzige was Sinnvoll ist den ÖPNV in den Randbezirken und ins Umland massiv ausbauen. Da braucht man auch keine Roller in den Randbezirken.

  14. 26.

    "Ich sehe in Berlin oft Menschen auf E-Rollern, bei denen ich das Gefühl habe, sie wären sonst vielleicht eher zu Fuß gegangen." (angeführtes Zitat von Miriam Dross, Umweltbundesamt)

    Genau dieses Gefühl habe ich zu 95 % auch.
    Zu 5 % mag es anders sein, doch da sehe ich keine Änderung und auch keinen Willen zur Änderung - nicht in der grundsätzlichen Ausrichtung der Politik und erst recht nicht bei den Anbietern.

    Insofern ist die Ausbreitung der E-Roller umweltpolitisch schlichtweg kontraproduktiv.

  15. 25.

    Von mir aus können diese MIstdinger verboten werden, die nerven nur noch mehr durch die eigenen "regeln", den der/die Fahrer/in andere in Gefahr bringt!

  16. 23.

    10 km auf einem schmalen Brett sind nicht unbedingt das, was man unbedingt mit Komfort verbindet.

    Die Größe der Räder, in meinem Fall 10 Zoll Bereifung, macht aufmerksames Fahren unbedingt notwendig.
    Sie müssen am Gerät „arbeiten“, Kanten im Blick haben und vorausschauend fahren. Das Ganze auch bei 20 km/h.

    Insgesamt bekommen sie ein gutes Gefühl dafür, wie schnell 20 km/h insgesamt sind.

    Ich bin in meiner Kindheit lange und gern Roller gefahren.

    Für die Langstrecke (10 km +) muss man wirklich gern E-Scooter fahren wollen.

    Letzte Meike oder als Stadtflitzer allg. auch mal zwischen den Bezirken, tip top.
    Mit einem Rucksack kann auch ordentlich eingekauft werden. 120 kg sind in etwa die Belastungsgrenze bei guten E-Scootern.

  17. 22.

    Für die Anfahrt zu Bahnhöfen (z.B. Arbeitsweg) stehen sie nicht zu Verfügung, so daß man da eh ein Fahrrad braucht.
    Sinnvoll sind sie für den Umsteigeweg zwischen ÖPNV-Haltestellen, wo die Anbindung schlecht ist oder als es wegen des Zeitverlustes sinnvoll ist und für die Anfahrt zum Ziel von der Endhaltestelle bei Gelegenheitsfahrten, aber da ist das Fahrrad schneller und hat eine bessere Öko-Bilanz, so daß bestenfalls noch die Platzersparnis oder Versorgungskosten der Verleihstationen übrig bleiben.

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