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Tagesthemen | 26.02.2024 | Joe Chialo | Quelle: IMAGO

Nach Vorfällen bei Berlinale

Berliner Kultursenator Chialo will erneut Antisemitismusklausel diskutieren

Antiisraelische und antisemitische Äußerungen blieben bei der Berlinale-Preisverleihung unwidersprochen. Seitdem wird über die Kulturszene diskutiert. Berlins zuständiger Senator Joe Chialo will Fördermittel als Druckmittel einsetzen.

Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) hat nach den Vorfällen bei der Berlinale-Preisverleihung erneut die Einführung einer Antisemitismusklausel für die Kulturförderung ins Gespräch gebracht. In den ARD-Tagesthemen sagte Chialo am Montagabend, er arbeite senatsübergreifend an einer rechtlichen Regelung, "damit diejenigen kein Geld mehr vom Staat bekommen, die antisemitisch sind, aber auch sonst sich diskriminierend verhalten".

Finanzielle Mittel der Steuerzahler dürften nicht "denen zugute kommen, die Demokratie zersetzend unterwegs sind", so Chialo, es brauche auf der einen Seite Dialog und auf der anderen Seite klare Regeln. Seinen ersten Versuch einer Antidiskriminierungsklausel hatte Chialo erst im Januar nach rechtlichen Bedenken zurücknehmen müssen. Er hatte Kulturförderung von einem Bekenntnis gegen Antisemitismus abhängig machen wollen, daraufhin wurde ihm ein Angriff auf die Meinungsfreiheit vorgeworfen.

Nahostkonflikt

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Chialo: "Publikum nicht so divers, wie man es selbst gerne sähe"

Von den Vorfällen bei der Berlinale-Verleihung, als unwidersprochen teils antiisraelische Positionen auf der Bühne vorgetragen und mit Applaus quittiert worden waren, zeigte sich Chialo nicht überrascht. Er wolle aber auch nicht pauschalisieren, so der Kultursenator. Es gebe auch viele Kulturinstitutionen, die sich gegen Antisemitismus stemmten.

Während der Berlinale-Preisverleihung war der israelische Staat von mehreren Kulturschaffenden heftig kritisiert worden, unter anderem warf der US-Amerikanische Regisseur Ben Russell Israel vor, einen "Genozid" in Gaza zu begehen. Der israelische Journalist Yuval Abraham sprach von einer "Apartheid" im Westjordanland und forderte Deutschland auf, keine Waffen mehr an Israel zu liefern.

Die Äußerungen bei der Preisverleihung blieben unerwidert und bekamen Applaus. Auch nonverbal positionierten sich Kulturschaffende im Konflikt, beispielsweise mit Ansteckern. Eine Einordnung der Aussagen, beispielsweise durch Hinweis auf den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober durch die Moderation der Gala erfolgte nicht.

"Wir haben in der Kulturszene - insbesondere bei solchen Ereignissen - ein Publikum, was vielleicht nicht ganz so divers ist, wie man es selbst gerne sähe, wo nicht alle unterschiedlichen Perspektiven zu einem Thema repräsentiert sind sondern sich Gleichgesinnte treffen, das führt dazu, dass diese Dinge unwidersprochen bleiben", sagte Chialo dazu. Er habe es als "belastende Situation" empfunden.

Bundesjustizminister sieht Strafrecht beim Thema Antisemitismus gut aufgestellt

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sieht durch die Ereignisse auch eine Gefahr für die Institution Berlinale. Diese habe "schweren Schaden genommen", sagte Buschmann am Dienstag der Funke Mediengruppe.

Er äußerte sich auch zu möglichen Konsequenzen, blieb dabei aber vage: Buschmann sagte, das Strafrecht sei gut aufgestellt, um antisemitische Äußerungen zu ahnden. Parolen wie "Free Palestine - from the river to the sea" könnten etwa bereits als Billigung der Tötungsdelikte verstanden werden, die die Hamas am 7. Oktober in Israel beging. "Eine Belohnung und Billigung von Straftaten ist strafbar", so Buschmann. Angesprochen auf den konkreten Berlinale-Vorfall sagte er allerdings, die strafrechtliche Beurteilung der Aussagen sei Sache der zuständigen (Berliner) Behörden und Gerichte.

Am Montag hatten bereits Kulturstaatssenatorin Claudia Roth (Grüne) und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) angekündigt, die Vorfälle miteinander und mit der neuen Berlinale-Leitung aufarbeiten zu wollen.

 

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