rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Quelle: dpa/Daniel Reinhardt

Neue Verbindungen von Berlin

Flixtrain erweitert sein Netz auf der Fernstrecke

Nach Stillstand in der Corona-Pandemie läuft auch bei Flixtrain das Geschäft wieder. Zurzeit baut das Unternehment sein Fernstrecken-Netz aus - und macht damit der Deutschen Bahn Konkurrenz. Seit Juni gibt es neue Verbindungen ab Berlin. Von Annika Krempel

Die Strecke von Berlin nach Wiesbaden ist nur eine von drei neuen Flixtrain-Verbindungen aus der Hauptstadt. Schon seit ein paar Wochen fahren außerdem Züge zwischen Stuttgart und Hamburg. Außerdem verdichtet Flixtrain seinen Takt auf den Verbindungen von München über Köln nach Hamburg sowie zwischen Hamburg, Berlin und Leipzig.

"Tatsächlich sind wir dabei, unser Angebot zu verdoppeln", sagt Matthias Müller, Geschäftsführer von Flixtrain. "Ab Sommer werden wir 70 Halte mit Flixtrain anbieten." Das sei das "größte Flixtrain-Netz in Deutschland, das es jemals gab".

In Brandenburg 90 Prozent veräußert

Die Deutsche Bahn hat einen Großteil ihrer Bahnhofsgebäude verkauft

Seit der Jahrtausendwende hat die Deutsche Bahn zahlreiche Bahnhofsgebäude verkauft. Nur noch jedes fünfte Gebäude gehört der Bahn. In Brandenburg wurden besonders viele Bahnhöfe abgestoßen.

Nach dem Bus-Markt zieht es Flix in den Bahnverkehr

Das private Unternehmen Flixtrain ist Teil von Flix. Dieses hatte mit Fernbussen erst vor wenigen Jahren sein Geschäft aufgenommen. Seit 2013 ist Flix in über 30 Länder expandiert, auch nach Nord- und Südamerika. In den USA hat das Unternehmen erst im vergangenen Jahr die Traditionsmarke Greyhound übernommen.

Doch in Europa, wo Flixbus nach eigenen Angaben das größte Fernbusnetz des Kontinents aufgebaut hat, ist für Flix weiteres Wachstum schwierig. Schließlich beherrscht das Unternehmen vielerorts bereits den Markt. So wie in Deutschland, wo Flixbus 2018 rund 95 Prozent Marktanteil hatte, wie eine Auswertung des IGES-Instituts zeigt. Neuere Zahlen gibt es keine.

Für Wachstum in Europa setzt Flix deshalb auf die Schiene. Seit 2018 fahren grüne Züge für das Unternehmen im Fernverkehr. Damals ging der private Anbieter Locomore pleite, das neue Bahnunternehmen Flixtrain hat die Strecke Stuttgart-Berlin übernommen und das Streckennetz dann Zug um Zug ausgebaut. Selbst im europäischen Ausland gibt es Verbindungen.

"Definitiv sehen wir Flixtrain als europäischen Player." Seit vergangenem Jahr sei man in Schweden unterwegs. "Wir starten jetzt auch unsere ersten Verbindungen ein Stück weit zumindest über die Grenze. Also Berlin-Basel startet in drei Wochen. Und wir wollen einfach das Netz so gestalten, wie wir auch den Kundenbedarf beziehungsweise die Nachfrage sehen. Und das beinhaltet natürlich auch grenzüberschreitende Verkehre."

Kaum Konkurrenz für die Deutsche Bahn

1999 wurde durch eine Bahnreform das Schienennetz der früheren Bundesbahn vom Bahnbetrieb getrennt. Seitdem können auch Wettbewerber die Gleise gegen ein Entgelt nutzen. Im Regional- und Güterverkehr zeigte das den gewünschten Effekt und erhöhte den Wettbewerb. Private Konkurrenz hat der Deutschen Bahn bereits beträchtliche Marktanteile abgejagt. Doch auf der Fernstrecke sind alle Versuche bislang immer irgendwann gescheitert. Neben Locomore hat zum Beispiel auch der Hamburg-Köln-Express (HKX) wieder aufgegeben. Doch Flixtrain ist auf Wachstumskurs. Selbst die erzwungene Pause von vier Monaten zu Beginn der Corona-Pandemie hat dem Unternehmen nicht den Garaus gemacht.

Das Besondere an dem Geschäftsmodell ist, dass Flix, bei der Bahn genauso wie bei den Bussen, eigentlich kein Verkehrsunternehmen ist, sondern eine Plattform, wie Geschäftsführer Müller erklärt. "Wir organisieren die Verkehre. Wir planen auch die Verbindungen und den Fahrplan entsprechend der Kundenbedürfnisse. Und haben dann aber einzelne Partner, die uns bei der Durchführung der Verkehre unterstützen. Beispielsweise Wagenbeschaffung, Instandhaltung oder Reinigung oder ähnlichen Dienstleistungen für den Zugbetrieb."

Partnermodell von Flixtrain

Konkret heißt das: Flixtrain least seine Züge von einem Partnerunternehmen. Subunternehmer betreiben die Fahrten, stellen zum Beispiel die Zugführer und Schaffner. Auf der neuen Strecke ab Berlin ist die Netzwerkbahn Sachsen das Partnerunternehmen. 140 Züge sind mit diesem Modell bereits für das Unternehmen in Deutschland und Schweden unterwegs. Über 250 Millionen Euro hat Flixtrain zusammen mit seinen Partnern dafür investiert. Vor drei Jahren wurden zum Beispiel die Züge für die aktuelle Expansion angeschafft, die jetzt schrittweise in Betrieb genommen werden. Für weiteres Wachstum sollen noch mehr Fahrzeuge besorgt werden. Genaueres will Müller dazu aber noch nicht berichten.

In der Vergangenheit sind für Flixtrain oft Wagen gefahren, die von der Deutschen Bahn aussortiert wurden. Nicht selten hatte es daher Beschwerden über fehlenden Komfort oder Defekte an Bord gegeben. Die erzwungene Corona-Pause hat das Unternehmen genutzt, um die Wagen innen aufzumöbeln. Alte Abteile wurden zum Beispiel zu Großraum-Wagen umgebaut. Auf ein Bordbistro oder Erste-Klasse-Abteile müssen Passagiere aber weiterhin verzichten. Dafür sind die Ticketpreise in der Regel günstiger als bei der Deutschen Bahn.

Sendung:

Beitrag von Annika Krempel

Artikel im mobilen Angebot lesen