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Quelle: imago images/J. Track

Gilt ab 1. August

Was die uneingeschränkte Masern-Impfpflicht bedeutet

Bisher galt für die Masern-Impfpflicht eine Übergangslösung. Ab kommendem Montag müssen Eltern die Impfung ihrer Schul- und Kitakinder nachweisen können. Sie gilt aber auch noch in anderen Bereichen. Ein Überblick.

Das sogenannte Masernschutzgesetz tritt am 1. August uneingeschränkt in Kraft. Kinder und Personal in Schulen und Kitas, Menschen in Flüchtlingsunterkünften und das Personal in Arztpraxen und Krankenhäusern müssen dann nicht nur - wie seit dem 1. März 2022 - geimpft sein, sondern diese Impfung auch nachweisen.

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Was gilt ab August?

Der Bundestag hatte die Masern-Impfpflicht 2019 beschlossen. Seit 1. März 2020 greift sie für neu aufgenommene und mindestens ein Jahr alte Kinder in Kitas und Schulen. In einer zweiten Stufe müssen ab August auch für die Kinder Impfnachweise vorgelegt werden, die am 1. März 2020 schon in den Einrichtungen waren.

Genauso gilt das für alle Beschäftigte, die nach 1970 geboren wurden in diesen Einrichtungen und auch in medizinischen Einrichtungen also in Arztpraxen, Krankenhäusern oder bei ambulanten Pflegediensten. Für die, die bereits vor dem 1. März 2020 in der Praxis beschäftigt waren, galt bisher noch eine Übergangsfrist für den Nachweis einer Masern-Impfung.

Für Beschäftigte in Pflegeheimen und stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe empfiehlt die Ständige Impfkommission laut Bundesgesundheitsministerium eine zweimalige Masern-Impfung [masernschutz.de].

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Alternativ zum Impfnachweis können alle diese Personen, nach überstandener Maserninfektion, ein ärztliches Attest über eine Masern-Immunität vorlegen. Auch ein ärztliches Attest, das bezeugt, dass aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann, ist möglich.

Diejenigen, die keinen ausreichenden Impf- bzw. Immunitätsnachweis haben, dürfen ab dem 1. August in den Einrichtungen nicht betreut, beziehungsweise nicht tätig werden. Die Leitung der Einrichtung ist in so einem Fall verpflichtet, unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt zu informieren.

Nach Ablauf einer Zehn-Tages-Frist kann das Amt die nachweispflichtige Person zu einer Beratung einladen und später auch Tätigkeits- oder Betretensverbote aussprechen [bundesgesundheitsministerium.de]. Ausgenommen hiervon sind schul- oder unterbringungspflichtige Personen. Aber auch hier sind Geldbußen beziehungsweise Zwangsgelder von bis zu 2.500 Euro mögliche Konsequenzen.

Masernimpfung

Zwischen Beschluss und Umsetzung fiel eine ganze Pandemie – mit Folgen

Dieser Nachweis sollte eigentlich schon seit August 2021 gelten. Doch in die Zeit der Umsetzung fiel die Ausbreitung eines neuen Virus – des Corona-Virus. Zweimal wurde die Frist deshalb schon verlängert. Die letzte Verlängerung wurde im "Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19" festgelegt, das im Dezember 2021 von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde, um den Umständen der Corona-Pandemie Rechnung zu tragen.

Laut dem Bundesgesundheitsministerium können sich "die vom Gesetz erfassten Personen teilweise nicht selbst vor Masern schützen, zum Beispiel weil sie schwanger sind oder ein sehr schwaches Immunsystem haben. Sie sind darauf angewiesen, dass sich andere solidarisch verhalten und sich impfen lassen", so das Ministerium auf der eigenen Webseite [bundesgesundheitsministerium.de].

Für eine erfolgreiche Eliminierung der Masern bräuchte es laut Ministerium eine Impfquote von mindestens 95 Prozent. Aktuell liegt sie demnach bei knapp 75 Prozent. "Die bisherigen Maßnahmen zur Steigerung der Impfquoten haben nicht dazu geführt, dass sich ausreichend Menschen in Deutschland impfen lassen", heißt es.

Von Nationalplänen und Präventionsgesetzen

Bereits im Juni 1998 hatte die Gesundheitsministerkonferenz der Länder zu einem verstärkten Engagement gegen Masernerkrankungen aufgerufen und ein Jahr später erstmals Leitziele für eine Eliminierung der Masern festgelegt: Durch konsequentes Impfen sollte die Maserninzidenz deutlich sinken.

Nach Jahren stark schwankenden Inzidenzen kam 2012 der Nationale Impfplan, in dem Bund und Länder das Ziel einer Masernelimination nochmals bekräftigten [aerztezeitung.de]. Vor allem die Quote bei der zweiten Masernschutzimpfung sollte erhöht werden. Die Maserninzidenz sank 2012 auf zwei, aber ein Jahr später (2013) lag sie schon wieder bei 21,6.

2015 folgte nach dem größten Ausbruch von Masererkrankungen in Deutschland seit 2006 ein weiterer Nationaler Aktionsplan. Darin standen auch konkretere Maßnahmen, die über Impfwerbung hinausgingen - zum Beispiel Erinnerungssysteme in den Praxen und eine stärkere Sensibilisierung der Ärzte als Multiplikatoren.

Gleichzeitig kam das Präventionsgesetz. Damit mussten Eltern für ihre Kinder bereits einen Nachweis über eine ärztliche Impfberatung in der Kita vorlegen. Allerdings waren diese nicht verpflichtet, das Gesundheitsamt bei Nicht-Vorlage zu informieren. Die Maserninzidenz schwankte laut RKI-Daten weiter: 2017 bei 11,4 je eine Million Einwohner, 2018 bei 6,6.

2017 wurde das Präventionsgesetz dann verschärft: Beratungsresistente Eltern sollten ab jetzt ans Gesundheitsamt gemeldet werden. Zu wenig, fand Gesundheitsminister Jens Spahn 2018: "Wir brauchen bundesweit eine Impfquote von 95 Prozent für die zweite Impfung, damit diese ansteckende Virus-Erkrankung ausgerottet wird."

Es folgte das Masernschutzgesetz, das ab August uneingeschränkt gelten wird.

 

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.08.2022, 10 Uhr

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