Gilt ab 1. August - Was die uneingeschränkte Masern-Impfpflicht bedeutet

Do 28.07.22 | 16:56 Uhr
  15
Symbolbild: Impfpass, Spritze mit Masernimpfstoff. (Quelle: imago images/J. Track)
Bild: imago images/J. Track

Bisher galt für die Masern-Impfpflicht eine Übergangslösung. Ab kommendem Montag müssen Eltern die Impfung ihrer Schul- und Kitakinder nachweisen können. Sie gilt aber auch noch in anderen Bereichen. Ein Überblick.

Das sogenannte Masernschutzgesetz tritt am 1. August uneingeschränkt in Kraft. Kinder und Personal in Schulen und Kitas, Menschen in Flüchtlingsunterkünften und das Personal in Arztpraxen und Krankenhäusern müssen dann nicht nur - wie seit dem 1. März 2022 - geimpft sein, sondern diese Impfung auch nachweisen.

Was gilt ab August?

Der Bundestag hatte die Masern-Impfpflicht 2019 beschlossen. Seit 1. März 2020 greift sie für neu aufgenommene und mindestens ein Jahr alte Kinder in Kitas und Schulen. In einer zweiten Stufe müssen ab August auch für die Kinder Impfnachweise vorgelegt werden, die am 1. März 2020 schon in den Einrichtungen waren.

Genauso gilt das für alle Beschäftigte, die nach 1970 geboren wurden in diesen Einrichtungen und auch in medizinischen Einrichtungen also in Arztpraxen, Krankenhäusern oder bei ambulanten Pflegediensten. Für die, die bereits vor dem 1. März 2020 in der Praxis beschäftigt waren, galt bisher noch eine Übergangsfrist für den Nachweis einer Masern-Impfung.

Für Beschäftigte in Pflegeheimen und stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe empfiehlt die Ständige Impfkommission laut Bundesgesundheitsministerium eine zweimalige Masern-Impfung [masernschutz.de].

Asylbewerber und Geflüchtete müssen vier Wochen nach Aufnahme in einer Gemeinschaftsunterkunft einen entsprechenden Impfschutz haben [msgiv.brandenburg.de].

Alternativ zum Impfnachweis können alle diese Personen, nach überstandener Maserninfektion, ein ärztliches Attest über eine Masern-Immunität vorlegen. Auch ein ärztliches Attest, das bezeugt, dass aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann, ist möglich.

Diejenigen, die keinen ausreichenden Impf- bzw. Immunitätsnachweis haben, dürfen ab dem 1. August in den Einrichtungen nicht betreut, beziehungsweise nicht tätig werden. Die Leitung der Einrichtung ist in so einem Fall verpflichtet, unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt zu informieren.

Nach Ablauf einer Zehn-Tages-Frist kann das Amt die nachweispflichtige Person zu einer Beratung einladen und später auch Tätigkeits- oder Betretensverbote aussprechen [bundesgesundheitsministerium.de]. Ausgenommen hiervon sind schul- oder unterbringungspflichtige Personen. Aber auch hier sind Geldbußen beziehungsweise Zwangsgelder von bis zu 2.500 Euro mögliche Konsequenzen.

Masernimpfung

Die Masern sind eine meldepflichtige, hoch ansteckende Infektionskrankheit, die zu den typischen Kinderkrankheiten gezählt wird, aber auch Erwachsene befallen kann. Hauptsymptome sind Fieber, eine Entzündung der Atemwege und ein großflächiger Hautausschlag. Masern werden durch das Masernvirus ausgelöst, die Infektion erfolgt durch Tröpfcheninfektion.

Eine Impfung sorgt nach aktuellem Wissenschaftsstand für eine lebenslange Immunität. Die erste Masernimpfung erfolgt in Deutschland bei Kindern zwischen 11 und 14 Monaten meist in Form eines Kombinationsimpfstoffs, der gleichzeitig gegen Mumps und Röteln immunisiert, als MMR-Schutzimpfung. Es ist aber auch ein Einzelimpfstoff verfügbar. Eine zweite Impfung sollte laut Stiko im Alter von 15 bis 23 Monaten erfolgen.

Für Erwachsene empfiehlt die Stiko eine Impfung gegen Masern für alle, die nach 1970 geboren wurden und noch gar nicht oder nur einmal in der Kindheit gegen Masern geimpft wurden oder deren Impfstatus unklar ist.

Zwischen Beschluss und Umsetzung fiel eine ganze Pandemie – mit Folgen

Dieser Nachweis sollte eigentlich schon seit August 2021 gelten. Doch in die Zeit der Umsetzung fiel die Ausbreitung eines neuen Virus – des Corona-Virus. Zweimal wurde die Frist deshalb schon verlängert. Die letzte Verlängerung wurde im "Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19" festgelegt, das im Dezember 2021 von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde, um den Umständen der Corona-Pandemie Rechnung zu tragen.

Laut dem Bundesgesundheitsministerium können sich "die vom Gesetz erfassten Personen teilweise nicht selbst vor Masern schützen, zum Beispiel weil sie schwanger sind oder ein sehr schwaches Immunsystem haben. Sie sind darauf angewiesen, dass sich andere solidarisch verhalten und sich impfen lassen", so das Ministerium auf der eigenen Webseite [bundesgesundheitsministerium.de].

Für eine erfolgreiche Eliminierung der Masern bräuchte es laut Ministerium eine Impfquote von mindestens 95 Prozent. Aktuell liegt sie demnach bei knapp 75 Prozent. "Die bisherigen Maßnahmen zur Steigerung der Impfquoten haben nicht dazu geführt, dass sich ausreichend Menschen in Deutschland impfen lassen", heißt es.

Von Nationalplänen und Präventionsgesetzen

Bereits im Juni 1998 hatte die Gesundheitsministerkonferenz der Länder zu einem verstärkten Engagement gegen Masernerkrankungen aufgerufen und ein Jahr später erstmals Leitziele für eine Eliminierung der Masern festgelegt: Durch konsequentes Impfen sollte die Maserninzidenz deutlich sinken.

Nach Jahren stark schwankenden Inzidenzen kam 2012 der Nationale Impfplan, in dem Bund und Länder das Ziel einer Masernelimination nochmals bekräftigten [aerztezeitung.de]. Vor allem die Quote bei der zweiten Masernschutzimpfung sollte erhöht werden. Die Maserninzidenz sank 2012 auf zwei, aber ein Jahr später (2013) lag sie schon wieder bei 21,6.

2015 folgte nach dem größten Ausbruch von Masererkrankungen in Deutschland seit 2006 ein weiterer Nationaler Aktionsplan. Darin standen auch konkretere Maßnahmen, die über Impfwerbung hinausgingen - zum Beispiel Erinnerungssysteme in den Praxen und eine stärkere Sensibilisierung der Ärzte als Multiplikatoren.

Gleichzeitig kam das Präventionsgesetz. Damit mussten Eltern für ihre Kinder bereits einen Nachweis über eine ärztliche Impfberatung in der Kita vorlegen. Allerdings waren diese nicht verpflichtet, das Gesundheitsamt bei Nicht-Vorlage zu informieren. Die Maserninzidenz schwankte laut RKI-Daten weiter: 2017 bei 11,4 je eine Million Einwohner, 2018 bei 6,6.

2017 wurde das Präventionsgesetz dann verschärft: Beratungsresistente Eltern sollten ab jetzt ans Gesundheitsamt gemeldet werden. Zu wenig, fand Gesundheitsminister Jens Spahn 2018: "Wir brauchen bundesweit eine Impfquote von 95 Prozent für die zweite Impfung, damit diese ansteckende Virus-Erkrankung ausgerottet wird."

Es folgte das Masernschutzgesetz, das ab August uneingeschränkt gelten wird.

 

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.08.2022, 10 Uhr

15 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 15.

    Man kann einen Antikörper-Nachweis über das Blutbild z.B. beim Hausarzt machen lassen und kostet, nach meinen Informationen, um die 25 Euro.

  2. 14.

    Es ging mir eigentlich darum das ich nur durch Aussagen meines Bruders weiß das ich die Masern hatte. Ich war damals (in der DDR) erst um die fünf Jahre alt und kann mich nicht mehr daran erinnern.
    Ich habe keine Ahnung woher ich den Nachweis bekommen kann. Im Sozialversicherungsausweis steht auch nichts darüber geschrieben weil man den, in der DDR, ja erst mit Beginn der Lehre bekam und in meinem alten Impfausweis steht auch nichts drin da man ja nur Eintragungen bekam wenn man geimpft wurde.
    Ich habe ansonsten alle Impfungen erhalten nur die eine (durch die Erkrankung durch Masern bedingt) ist nirgendwo registriert.
    Ich habe gehört das man anhand eines Blutbildes nachweisen kann ob man gegenüber den Masern immun ist. Tja, doch wer fertigt so etwas an und was kostet dieses?

  3. 13.

    "... Wer eine Masern-Erkrankung überstanden hat, ist lebenslang vor einer erneuten Infektion geschützt. ..."
    https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/masern/#c916
    Lt. BZgA: "Ein ausreichender Masernschutz besteht auch, wenn eine Immunität gegen Masern vorliegt, zum Beispiel aufgrund einer zurückliegenden Infektion mit Masern. Die Immunität kann durch eine Blutuntersuchung im Labor festgestellt werden."

  4. 12.

    Ich war als Kind an Masern in den Sechzigern erkrankt.
    Ist eigentlich eine Erkrankung von damals im jetzigen Immunsystem noch nachweisbar?
    Kennt sich da jemand aus?

  5. 11.

    Wie peinlich, wenn man mit Falschbehauptungen polemisiert! Nicht zu übersehen die Einblendung links:
    "... Die erste Masernimpfung erfolgt in Deutschland bei Kindern zwischen 11 und 14 Monaten meist in Form eines Kombinationsimpfstoffs, der gleichzeitig gegen Mumps und Röteln immunisiert, als MMR-Schutzimpfung. Es ist aber auch ein Einzelimpfstoff verfügbar. Eine zweite Impfung sollte laut Stiko im Alter von 15 bis 23 Monaten erfolgen. ..."

  6. 10.

    Wer lesen kann (und will?), ist klar im Vorteil:
    "... Es ist aber auch ein Einzelimpfstoff verfügbar. ..."

    Manchmal ist Polemik ja soo leicht durchschaubar:)
    Haben Sie überhaupt (zwei erkrankte) Kinder?

  7. 9.

    Es gibt angeblich keinen Impfzwang, aber man wird systematisch finanziell kaputt gemacht wenn man es nicht tut. Ab 14 verschulden sich dann die Kinder. Da es keinen Einzelimpfstoff in Deutschland gibt, bestimmt die Pharma? Mit einer Gesetzesänderung müsste auch ein Einzelimpfstoff zur Verfügung stehen! Was erhofft man sich mit dem Gesetz? Jeder der seine Kinder nicht impfen lassen will wird wieder Masernpartys feiern, Atteste fälschen oder sich einen Kleber in den Impfpass kleben lassen bzw. sich aus Deutschland mit Kind abmelden.

  8. 8.

    Dieser unterstellte Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Diabetes mellitus Typ 1 bei Kindern und Impfmaßnahmen in der frühen Kindheit wird in der Öffentlichkeit immer wieder diskutiert. Es liegen jedoch international bereits eine Reihe von epidemiologischen Studien vor, die einen solchen Verdacht nicht belegen konnten bzw. ihn sogar als sehr unwahrscheinlich erscheinen lassen.

  9. 7.

    Dann soll der Staat auch dafür sorgen, dass auch ein Monoimpfstopf gegen Masern erhältlich ist. Bisher gibt es nur einen Mumps-Masern-Röteln Impstoff. Nachdem 2 meiner Kinder nach der Kombiimpfung an Diabetes
    erkrankten (Mitauslöser war wohl der Mumpsimpfstoff) werden die anderen keine Impfung dieses Impfstoffes erhalten. Es besteht keine Impfpflicht gen Röteln und Mumps

  10. 6.

    Wenn ich die Voraussetzung für eine Arbeitsstelle nicht erfülle, muss der Arbeitgeber mir kündigen. Die beschriebenen anderen Möglichkeiten fallen unter den Begriff 'Politische Verfolgung nach Art der Demonkratie'.

  11. 4.

    Na und? Oben drüber steht doch "Ein Überblick". Da müssen nicht alle Einrichtungen aufgezählt werden. Die, die es betrifft, werden den Gestzestext schon beachten.
    Endlich werden mal Nägel mit Köppen gemacht und umgesetzt, was die Legislative beschlossen hat.
    Bin jetzt schon gespannt, was hier gleich wieder für ein Gezeter und Politikerbashing losgeht ...

  12. 3.

    Achso, die Grünen oder die Alternative Liste haben früher alles abgeschafft, jetzt wird alles neu entdeckt? Also diese Regierung in Berlin geht gar nicht

  13. 2.

    Meines Wissens betrifft die Regelung nicht alle ambulanten Pflegedienste. Im IfSG Paragraph 23, Abs. 3, Punkt 11 steht nur etwas von
    "ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen, ..."

  14. 1.

    @rbb Für Personal in Pflegeheimen greift das Masernschutzgesetz nicht. Das sollte im Text korrigiert werden.

Nächster Artikel