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Quelle: IMAGO / Günter Gueffroy

Nadel im Heuhaufen

10 Dinge, die man in Berlin vergeblich sucht

Auf 1.400 Kilometern Strecke suchten australische Einsatzkräfte nach einer winzigen radioaktiven Kapsel - und fanden sie. Ein Hoffnungsschimmer für alle Suchenden? Laura Kingston über Dinge, denen viele Berliner bislang vergeblich nachgehen.

Es war einmal eine radioaktive Kapsel, nur 0,6 Zentimeter groß. Die ist eines Tages im westaustralischen Nirgendwo verloren gegangen. Eine Gefahr für Mensch und Umwelt. Also musste nach ihr gesucht werden - auf einem Streckenabschnitt von 1.400 Kilometern, also der gleichen Entfernung, die zwischen Hamburg und Pisa liegt. Nach nur wenigen Tagen wurde sie gefunden - wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Macht das nicht Hoffnung für die Dinge, die wir in Berlin bislang vergeblich suchen?

rbb-Umfrage

Bürgerämter fahren wegen Wiederholungswahl Leistungen runter

Die Vorbereitungen für die Wiederholungswahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksversammlungen werden die Berlinerinnen und Berliner direkt zu spüren bekommen, wenn sie einen Termin auf den Bürgerämtern haben wollen.

1. Termine beim Amt

In Berlin kommen die unterschiedlichsten Menschen zusammen: Arme und Reiche, Linke und Rechte, Junge und Alte. Es gibt eines, das sie alle gemeinsam haben: Keiner von ihnen bekommt einen Termin beim Amt. Vor allen Dingen nicht, wenn auch noch eine Wiederholungswahl ansteht, und alle Kräfte der Berliner Bürokratie gebündelt werden müssen, um bloß nicht noch eine Wahl zu versemmeln. Da stehen Um- und Anmeldungen erst einmal hintenan. Die angespannte Personallage sorgte aktuell beispielsweise auch dafür, dass Angehörige von Verstorbenen mehrere Wochen warten müssen, bis sie eine Sterbeurkunde bekommen.

2. Eine Kleingartenparzelle

Eine eigene grüne Oase - mitten in der Großstadt. Wäre das nicht schön? Doch wäre es, kann man sich in Berlin aber abschminken - die Wartezeiten auf eine Laube belaufen sich auf mittlerweile bis zu 12 Jahre. Das gab der Kleingartenbezirksverband Wedding im Jahr 2020 an. Nach einer rbb|24-Recherche bewerben sich 5.000 Menschen für einen der 1.954 Kleingärten, die aber alle verpachtet sind. In Charlottenburg dauert es mindestens zehn Jahre. Und das, obwohl es in keiner deutschen Stadt mehr Kleingärten als in Berlin gibt: Ganze 66.000 Parzellen sind über die gesamte Stadt verteilt. Durch Corona und die damit einhergehenden Reisebeschränkungen hat der Run noch einmal zugenommen. Da hilft nur viel Geduld - oder eben doch mit der Decke unterm Arm in die Hasenheide.

Quelle: imago stock&people

3. Die große Liebe

Wenn Paris die Stadt der verliebten Pärchen ist, dann ist Berlin die Stadt der frustrierten Singles. Dating in Berlin bietet Stoff für ganze Bände urbaner Horrorgeschichten. In denen zählt Ghosting, also der nicht angekündigte plötzliche Kontaktabbruch, noch zu den leichtverdaulichen Geschichten. Wer in Berlin auf Dating-Apps unterwegs ist, der findet so ziemlich alles von Geschlechtskrankheiten über Sexpartys bis hin zu süßen Hundebildern. Nur eins nicht: echte Verbindungen. Berliner Dating verläuft nach eigenen Regeln: Bloß nicht festlegen, auf keinen Fall Gefühle zeigen und eine gepflegte Selbstdarstellung geht über alles. Aber kann man nicht auch außerhalb von Dating-Apps jemanden kennenlernen? Stichwort: Nadel im Heuhaufen.

Berliner Handwerksbäcker in der Krise

"Das Brot müsste eigentlich doppelt so teuer sein"

Die Berliner Bäcker-Innung feiert am Mittwoch ihr 750-jähriges Bestehen, doch die Stimmung in den Betrieben ist alles andere als feierlich. Die stark gestiegenen Gaspreise bedrohen eine ganze Zunft. Von Freya Reiß

4. Bäckereien, die weder Backshops, noch Hipsterläden sind

"Hallo, ich hätte gern ein Brot!" "Bittesehr, 12 Euro macht das." Klassische Unterhaltung in einer Neuköllner Hipsterbäckerei mit einem französischen Namen und wunderschönen Verkäuferinnen hinter der Theke. Ist lecker, aber eben auch teuer und das Klientel entstammt einer wohlhabenden hippen Bubble. Auf der anderen Seite der Fahnenstange: Backshops, bei denen es den Kaffee für 1,50 Euro gibt. Die Brötchen sind aus industrieller Herstellung, schmecken auch so. Ein richtig ehrliches, gut gemachtes Brot findet der Berliner Backwarenfan eher selten in dieser Stadt.

5. Berliner Dialekt

"Kennste, weeßte, kennste?" Wenn Mario Barth auch sonst nicht viel zur deutschen Kulturlandschaft beigetragen hat, dann zumindest, dass Fernsehzuschauer von der Nordsee bis zu den Alpen den Berliner Dialekt mitbekommen haben. Bis auf ihn, Kurt Krömer und den einen miesepetrigen S-Bahn-Fahrer, der die Fahrgäste anschnauzt, sie sollen von den Türen wegtreten, "sonst jeht hier nischt weiter" - spricht gefühlt niemand mehr innerhalb des S-Bahn-Rings Berliner Schnauze. Das liegt zum einen an der enormen Zuwanderung aus dem Schwabenland und anderen Ecken der Welt liegt. Zum anderen gehen Dialekte generell verloren. Wer also einen Wochenendtrip nach Berlin plant, um sich eine Portion "kennste, weeßte, kennste", abzuholen, sollte nicht zu viel erwarten.

Quelle: IMAGO / Steinach

6. Freundlichkeit

Wenn es um Berliner Spezialitäten geht, denken viele an Currywurst und Döner. Eine andere ist die Berliner Schnauze. "Berliner Schnauze" ist Code für "Es ist vollkommen o.k., unfreundlich zu allem und jedem zu sein, der einem über den Weg läuft." Wer keinen Bock hat, angeschnauzt zu werden und sich auch noch über die Berliner Unfreundlichkeit beschwert, kann ja "zurück auf sein Dorf ziehen". Das Totschlagargument ist übrigens vielseitig einsetzbar: Auch dann, sollte sich jemand darüber beschweren, dass auf den Berliner Bürgersteigen so viel (Sperr-)Müll vergammelt - "Geh halt zurück auf dein Dorf."

7. Eine (bezahlbare) Wohnung

Ja, dass man in Berlin keine Wohnung findet, ist kein neues Phänomen und haben wir alle schon viel zu häufig gelesen. Aber eine Liste mit Dingen, die man in Berlin vergeblich sucht, ohne den Punkt "Wohnungen" zu veröffentlichen, wäre auch falsch. Und: Die Wohnungssuche in Berlin hat sich in den vergangenen Jahren für viele zu einer schier unlösbaren Aufgabe entwickelt. Zwischen 2011 und 2019 ist die Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner Berlins um rund 340.000 Menschen gestiegen – der Wohnungsbestand nahm im gleichen Zeitraum aber nur um etwas weniger als 100.000 zu. Außerdem - und da wären wir wieder bei Punkt 3 - neigen die Berliiner immer mehr dazu, alleine zu wohnen. Singles brauchen im Schnitt mehr Platz pro Kopf als ein Einfamilienhaushalt. Preise für Mieten steigen seit Jahren, ebenso die Anzahl an absurden Angeboten auf Immobilienportalen und auf "WG gesucht".

Ergebnisse einer Bertelsmann-Studie

In Brandenburg und Berlin fehlen 20.000 Kitaplätze und 35.000 Fachkräfte

Auch im nächsten Jahr fehlen in der Region tausende Kitaplätze. Zudem müssten viele tausend Pädagogen eingestellt werden, um dem Bedarf gerecht zu werden, geht aus einer Studie hervor. In Brandenburg ist demnach die Lage noch prekärer als in Berlin.

8. Einen Kitaplatz

Wer schwanger ist und in Berlin wohnt, dem steht oft noch vor der Verkündung der frohen Botschaft an Freunde und Familie eins bevor: die Suche nach einem Kita-Platz. "Je früher, desto besser", ist die Devise, denn: Es gibt zu wenig Kita-Plätze in Berlin - und auch zu wenige Erzieher. Der Bertelsmann-Stifung zufolge fehlen in Berlin trotz des massiven Kita-Ausbaus im nächsten Jahr rund 17.000 Kita-Plätze. Außerdem bräuchte es fast 3.800 Fachkräfte, um den Bedarf zu decken.

9. Günstige Second-Hand-Läden

In Berlin ist eines besonders wichtig: cool sein. Und wer cool sein möchte, der sollte Second-Hand-Kleidung tragen - oder eben "Vintage", wie richtige Modekenner das nennen. Und nachhaltig ist das auch noch. Mit diesem Trend verhält es sich aber so wie mit allen: Wenn die Coolen alle drauf fliegen, kann man auch mehr Geld dafür verlangen. Das geht zum Leidwesen derjenigen, die vielleicht wirklich nicht so viel Budget haben.

Quelle: www.imago-images.de

10. Sichere Radwege

ÖPNV zu nervig, Auto zu klimaschädlich? Der umweltbewusste und fitte Berliner fährt schon lange mit dem Rad überall hin. Ist auch am aufregendsten: jedes Mal der Nervenkitzel, ob man lebendig ans Ziel kommt. Es gibt heute dank des Mobilitätsgesetzes mehr Radwege in Berlin als noch vor einigen Jahren. Inzwsichen gibt es sogar auch einige Fahrradstraßen - das garantiert aber noch lange nicht, dass sie nicht auch von Autofahrern genutzt werden. Und: Der Ausbau des Radwegnetzes in Berlin geht nur langsam voran: Bis 2030 sollen in der Hauptstadt ein riesiges Netz, Radschnellwege und Routen an allen Hauptstraßen für den Radverkehr auf einer Länge von 2.700 Kilometern entstehen. Doch fertiggestellt sind davon nach Informationen der Organisation "Changing Cities" davon seit 2018 bislang nur 113 Kilometer; also 4,2 Prozent des Zielwerts.

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