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Audio: Inforadio | 23.04.2021 | Juliane Kowollik | Quelle: rbb|24

Bürgertests in Berlin

So ungleich verteilen sich die Testangebote in Berlin

Drängeln in Rudow, Leere in Mitte. Hunderte Corona-Teststationen sollen den Berlinerinnen und Berlinern mehr Sicherheit bieten und das Shoppen erlauben. Doch das Angebot ist höchst unterschiedlich in den Bezirken. Von Haluka Maier-Borst

Jeden Morgen stehen sie da vor der Dafne-Apotheke in der Badstraße: weiß bemaskt, im Rudel und auf Abstand. Bei Schnee, Regen oder Sonnenschein. Wer shoppen will, wer zum Friseur möchte, oder wer einfach Gewissheit braucht, ob er infiziert ist, steht hier Schlange für seinen Schnelltest.

Es ist, als gäbe es seit der Pandemie ein neues Naturgesetz. Irgendwo steht man immer an. Erst ging es ums Klopapier, dann um Hefe, dann um Masken. Und nun sind es eben die Schnelltests, für die man in manchen Kiezen lange warten muss. Der Gesundbrunnen ist dabei noch nicht einmal das schlimmste Beispiel. Insbesondere in Randbezirken wie Marzahn, Rudow oder Niederschönhausen sind Teststationen rar gesät, wie eine Datenanalyse von rbb|24 zeigt.

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Als Grundlage für die Analyse hat rbb|24 Daten zur Lage von Teststationen von der Seite test-to-go.berlin genutzt und sich angeschaut, wie viele Teststationen sich in jedem der sogenannten "lebensweltlich orientierten Räumen" (LOR) finden. Diese LORs sind die kleinste, offizielle Struktur, in die Berlin aufgeteilt ist. Sie entsprechen in etwa dem, was Berliner und Berlinerinnen als "Kiez" bezeichnen.

Wenig Testmöglichkeiten in Marzahn, viele in Mitte

Bei der Verteilung der Teststationen auf diese LOR-Kieze, zeigen sich deutliche Unterschiede. Zum Bezirk Marzahn-Hellersdorf gehören 29 Kieze. Doch in 19 von ihnen gibt es keine oder nur eine Teststation - entweder im Kiez selbst oder in einem angrenzenden Kiez. Zum Vergleich: In Mitte, das aus 41 Kiezen besteht, haben 15 Kieze sogar mehr als 10 Testmöglichkeiten in direkter Nähe. Denn selbst der unwahrscheinlichste Ort versucht sich aktuell als Testcenter.

Ein Beispiel dafür ist das "Nine Roses", einst Club und Bar auf der Rosenthaler Straße. Ein paar Kilometer entfernt von der Dafne-Apotheke am Gesundbrunnen ist die Lage hier eine vollkommen andere. Wo sonst Türsteher nur wohl dosiert Besucher hinein lassen, schauen zierliche Gestalten in weißen Ganzkörperanzügen die Straße rauf und runter, halten Ausschau nach Kundschaft. "Sie sind gleich dran" statt "Heute leider nicht". Denn alle paar 100 Meter steht die Konkurrenz und wirbt ebenfalls für das Testangebot, das der Bund bezahlt.

Doch was genau bedeutet das für den Marzahner oder die Bewohner in Mitte? Um das herauszufinden und auch sicher zu stellen, dass die Aufteilung der LORs die Analyse nicht verzerrt, hat sich rbb|24 auf eine weitere Art die Verteilung der Teststellen angeschaut: mit sogenannten Voronoi-Flächen. Dahinter steckt eine etwas komplexere Methode: Sie ordnet jeder Teststelle einen Einzugsbereich zu, für den diese Teststelle die nächstgelegene Option ist.

Hat eine Teststelle einen besonders großen Einzugsbereich, deutet das darauf, dass zumindest der Weg zum Test für die dort Wohnenden eher lang ist. Betrachtet man dann noch zusätzlich, wie viele Menschen in diesem Einzugsbereich wohnen, lässt sich ungefähr das Verhältnis von Teststationen zur Zahl der Einwohner berechnen. Und somit auch grob abschätzen, wie groß der Andrang sein könnte.

Auch bei dieser Form der Analyse zeigt sich: Im Stadtzentrum gibt es mehr als genügend Angebot. In den Randbezirken ist es deutlich schwieriger.

Während eine Apotheke am Lichtenrader Damm oder auch eine Teststelle an der U-Bahnstation "Kaulsdorf Nord" rund 40.000 bis 50.000 Menschen im Einzugsbereich abdecken muss, knubbeln sich in Mitte die Angebote so sehr, dass zum Beispiel das Testzentrum "Unter den Linden" für gerade mal ein paar hundert Einwohner die nächste Option ist.

Senatsverwaltung justiert mit einzelnen Teststationen nach

Wie es zu dieser ungünstigen Verteilung kam, darüber lässt sich nur spekulieren. Auffällig ist jedenfalls, dass vor allem die eher gut situierten Gegenden in Mitte und Charlottenburg gut versorgt zu sein scheinen. Auch die Flaniermeilen weisen viele Testzentren auf. Beim Testen scheint es vor allem ums Shoppen zu gehen, weniger um die Gesundheitsvorsorge.

Inzwischen hat die Senatsverwaltung Gesundheit angekündigt, gegenzusteuern. Je ein weiteres Zentrum soll dazukommen in Alt-Heiligensee, Biesdorf, Alt-Rudow, Pankow, Lichtenberg und Spandau. Doch ob das allein für eine bessere Verteilung sorgt angesichts von insgesamt weit über 350 Teststationen ist zweifelhaft.

Sendung: Inforadio, 23.04.2021, 06:20 Uhr

Beitrag von Haluka Maier-Borst

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