rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Video: Brandenburg Aktuell | 22.07.2021 | Theresa Majerowitsch | Quelle: dpa/Robert Michael

Sommerferien

Brandenburger Arztpraxen melden weniger Impfungen

Erst mangelte es an Impfstoff, nun fehlen die Impfwilligen: Die Impfkampagne wird in den Sommerferien spürbar ausgebremst. In den Brandenburger Arztpraxen werden Termine nicht wahrgenommen, Impfzentren schließen wegen fehlender Auslastung.

Die Zahl der Corona-Impfungen in den Brandenburger Arztpraxen ist in den Sommerferien weiter deutlich zurückgegangen. In der vergangenen Woche seien rund 68.000 Menschen in Praxen geimpft worden und in der Vorwoche 62.000, teilte die Kassenärztliche Vereinigung Berlin-Brandenburg (KVBB) auf Anfrage mit, wie die DPA am Donnerstag berichtete.

Damit mache sich die Ferienzeit bei den Impfungen deutlich bemerkbar: In der Woche vor den Sommerferien seien in den Brandenburger Arztpraxen rund 81.000 Corona-Impfungen erfolgt.

Brandenburg hinkt beim Impfen hinterher

Laut KVBB hatten die Vertragsärzte zum Stand 25. Juni 1,6 Millionen der bis dahin rund zwei Millionen Impfungen im Land verabreicht. Inzwischen liegt die Zahl der Impfungen in den Arztpraxen und Zentren sowie durch mobile Teams nach Angaben des Gesundheitsministeriums bei gut 2,4 Millionen.

54,9 Prozent der Brandenburger Bevölkerung sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) mindestens einmal geimpft, damit liegt Brandenburg auf dem drittletzten Platz der Bundesländer. Bei den vollständig Geimpften liegt Brandenburg mit einer Quote von 44,1 Prozent auf dem vorletzten Platz. In Berlin sind 59,3 Prozent der Menschen einmal geimpft, 46,8 Prozent zweimal.

Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt seit mehr als zwei Wochen kontinuierlich an. Nach RKI-Angaben von Donnerstagmorgen liegt sie deutschlandweit bei 12,2 - am Vortag betrug der Wert 11,4 und beim jüngsten Tiefststand am 6. Juli 4,9. Demnach meldeten die Gesundheitsämter in Deutschland dem RKI zuletzt binnen eines Tages 1.890 Corona-Neuinfektionen. Berlin hat mit einer Inzidenz von 22,6 den bundesweit höchsten Wert, Brandenburg liegt derzeit bei 3,8 Infektionsfällen pro 100.000 Einwohner.

Kreatives Impfen beginnt am Freitag

Unkomplizierte Impfangebote in Berlin und Brandenburg im Überblick

Ein Piks beim Einkauf auf dem Neuköllner Hermannplatz oder vorm Shoppen bei Ikea: Ab Freitag macht Berlin neue Impfangebote - ganz ohne Termin. Brandenburg impft Studierende direkt auf dem Uni-Campus. Ein Überblick.

Impfzentren schließen, mobile Impfaktionen nehmen zu

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung forderte mehr Engagement von großen Unternehmen und Universitäten bei der Corona-Impfkampagne. "Große Arbeitgeber können noch stärker eingreifen, genau wie die Universitäten, wenn die Semester wieder losgehen", sagte Vize-Chef Stephan Hofmeister der DPA. "Das halten wir für geeigneter, als mit dem Impfbus abends vor der Disco zu stehen." Derzeit zeichne sich in einigen Regionen eine Impfmüdigkeit ab, insbesondere in den Impfzentren gehe die Frequenz der Impfungen deutlich nach unten.

Die Bundesländer setzen dagegen immer häufiger auf flexible Lösungen, um mehr mit der Impfkampagne Menschen zu erreichen. In vielen Ländern sind mobile Impfteams unterwegs, oder es gibt Impfungen bis in die Nacht hinein. In Berlin gibt es Drive-In- oder Walk-In-Impfungen an einer Ikea-Filiale. Bremen impft ausländische Seeleute direkt an ihren Schiffen. In Thüringen kann man sich in Sonneberg mit der Spritze eine Bratwurst abholen. Vielerorts kann man auch ohne Termin in Impfzentren eine Spritze bekommen.

Impfzentren werden hingegen immer öfter wegen geringer Auslastung geschlossen. In
Berlin schloss das Impfzentrum Tempelhof am Mittwoch, drei weitere sollen bis Ende August folgen. In Thüringen soll von vier überregionalen Impfzentren nur das in Erfurt über den Sommer hinaus fortgeführt werden. Baden-Württembergs regionale Zentren sollen Mitte August schließen. Andere Länder wie Hessen, Schleswig-Holstein oder Sachsen wollen ihre Zentren bis Ende September offen halten. Brandenburg hält derweil an seinen Impfzentren fest.

Geringe Astrazeneca-Nachfrage

Ärzte ohne Grenzen kritisiert drohende Impfstoffvernichtung

Der Impfstoff von Astrazeneca ist gut geeignet, um schnell viele Menschen zu impfen. Doch in Berlin und Brandenburg ist die Nachfrage so gering, dass Impfstoff wohl ungenutzt vernichtet werden muss - während andere Länder ihn dringend brauchen.

Kassenärzte warnen vor Verfall von Impfstoff

Kassenärzte-Chef Andreas Gassen sagte, es gebe "eine relevante Zahl von Menschen, die sich schlicht nicht impfen lassen will". Desinteressierte könne man "schon ein bisschen schubsen", etwa indem Bürgertests bald für alle kostenpflichtig würden, die sich theoretisch auch impfen lassen könnten. "Impfen ist der beste Individual-Schutz", betonte er.

In den Praxen besteht laut Gassen die Gefahr, dass Impfstoff weggeschmissen werden müsse, weil er nur in größeren Fläschchen angeboten werde. Um ein Fläschchen voll zu nutzen, müssten in kurzer Zeit sechs Impfpatienten kommen. Das sei aber immer seltener der Fall. "Wichtig wäre, dass die Industrie diesen Impfstoff in Einzeldosen anbietet", sagte Gassen deshalb. "Sonst wird es zum Verfall von Impfdosen kommen." Auch ein Teil der Impfdosen von Astrazeneca und Johnson & Johnson, die derzeit schwerer vermittelbar seien, müssten vielleicht entsorgt werden. "Damit wird man leben müssen."

Einzelhandel wirbt fürs Impfen

Angesichts rasch steigender Inzidenzzahlen in Deutschland appelliert auch der Einzelhandel an die Bevölkerung, sich gegen Corona impfen zu lassen. "Nur mit einer wirkungsvollen und schnellen Impfkampagne können wir die Pandemie nachhaltig zurückdrängen und uns dauerhaft mehr Normalität auch beim Einkaufen zurückerobern", sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, am Donnerstag in Berlin. "Jetzt heißt
es: Impfen, Impfen, Impfen".

Unterstützt wurde der Aufruf des HDE von Vertretern namhafte deutscher Handelskonzerne wie der Rewe Group, der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland), der Edeka-Zentrale, von Aldi, Otto, Douglas, Galeria Karstadt Kaufhof und Ikea.

Sendung: Inforadio, 22.07.2021, 8 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen