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Quelle: dpa

Interview | Amri war in Moscheeverein

Was wissen wir über die Fussilet-Moschee?

Vorstände bezeichneten ihren "Fussilet 33"-Moscheeverein in Moabit selbst als "Moschee der ISIS-Leute". Laut Ermittlern gehöre der Verein schon längst verboten. Die Berliner Behörden wollen ein Verbot nun prüfen.

Der Berliner Senat will erneut ein Verbot des Moscheevereins "Fussilet 33" in Berlin-Moabit prüfen. Man werde sich den Verein "Fussilet 33" noch einmal besonders anschauen, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) nach einer Sitzung des Innenausschusses im Abgeordnetenhaus. Zu einem möglichen Verbot werde man sich voraussichtlich im Frühjahr 2017 äußern.

Am Freitagmorgen war die Berliner Polizei zu einem Einsatz in dem Moschee-Verein ausgerückt. Mehrere Männer wurden aus dem Haus zu einem Taxi geleitet, der Moschee-Verein habe von sich aus beschlossen, vorerst zu schließen, hieß es vor Ort. Die Polizei äußerte sich nicht zu dem Einsatz und verwies auf die Bundesanwaltschaft, die die Ermittlungen führt.

Ermittler sind frustriert, dass der Verein "Fussilet 33" noch nicht verboten wurde.

Warum das so ist, erläutert der rbb-Reporter Jo Goll, der über mehrere Monate hinweg in der Islamistenszene recherchierte:

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Der Generalbundesanwalt hat am Freitag bestätigt, dass der mutmaßliche Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, in Mailand erschossen wurde. Jetzt suchen die Ermittler nach Amris möglichen Helfern und Hintermännern.

Was wissen wir über die Moschee, vor der der mutmaßliche Attentäter Anis Amri gefilmt wurde?

Der Moscheeverein heißt "Fussilet 33" und ist nach einer Koransure benannt. In Ermittlerkreisen ist die Moschee als die IS-Moschee der Hauptstadt bekannt und die Moscheevorstände selbst bezeichnen ihr Haus als "Moschee der ISIS-Leute Berlin". Das geht aus Abhörprotokollen von Telefonaten hervor.

Gegen mehrere Ex-Vorstände laufen zudem Verfahren, zum Beispiel gegen Ismet D., der sich selbst als den "Kalifen von Wedding" bezeichnet. Ein Vorstandsmitglied sitzt nach seinem Prozess bereits in Haft. Der Vorwurf lautet: Rekrutierung von jungen Leuten für den sogenannten Heiligen Krieg und Schleusung dieser Anhänger nach Syrien und in den Irak.

In der Moschee sollen außerdem Märtyrer-Videos produziert worden sein, wie sie im Zusammenhang mit Selbstmordattentaten immer wieder auftauchen. Ein weiterer Verdacht: Kämpfer in Syrien sollen mit militärischem Equipment wie Zielfernrohren und Nachtsichtgeräten versorgt worden sein.

"Fussilet 33" ist zudem eine Anlaufstelle für Gläubige, vor allem aus Tschetschenien. Aus Sicherheitskreisen in Brandenburg ist bekannt, dass manche in der Moschee auch mit der organisierten Kriminalität in Verbindung gebracht werden.

Warum ist der Moscheeverein "Fussilet 33" nicht verboten?

Aus Sicherheitskreisen ist zu hören, dass es einen Verbotsantrag gibt, der der Innenverwaltung vorliegt. Einige Ermittler sind stinksauer. Von ihnen heißt es, es würden ständig Beweise und Belege zusammengetragen – das Gleiche gilt auch für die umstrittene Al-Nur-Moschee in Neukölln – aber nichts passiert. Vereinsverbote sind zwar kein Allheilmittel gegen Radikale und Islamisten, dennoch gilt: Wer keine rote Linie zieht, sendet das Signal "Ihr könnt weiter machen". 

Die Observationen rund um die Uhr von Anis Amri wurden im September eingestellt, obwohl er als "Gefährder" galt. Woran liegt das und was lernen wir daraus?

Das Problem ist, dass ausgerechnet die Polizei in der Hauptstadt sich in einer dauerhaften Überlastungssituation befindet. Ich denke nicht, dass man den Ermittlern Vorwürfe machen kann. Klar ist aber, wir haben 150 islamistische Gefährder in dieser Stadt und wir haben acht mobile Einsatzgruppen. Das heißt, wenn zwei oder drei von den Gefährdern in enge Manndeckung genommen werden müssen und das sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag, dann ist die Berliner Polizei an der Belastungsgrenze angelangt. Da muss genau überlegt werden, wo die Prioritäten gesetzt und wer in den Fokus genommen wird. Die Staatsanwaltschaft hat im September angeordnet, die Observationsmaßnahmen einzustellen, weil scheinbar gegen Amri nichts mehr vorlag. Natürlich hat der Mann sich mehrere Monate ruhig verhalten, aber man wusste dennoch: Er ist brandgefährlich.

Innenstaatssekretär Torsten Akmann sagte zu einem möglichen Verbot des Vereins "Fussilet 33" im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses, es werde nun geprüft, ob "Verbotstatbestände" vorliegen, die einen solchen Schritt rechtfertigten. Dazu könnten Strafverfahren gegen Beteiligte gehören oder Hinweise auf Unterstützung terroristischer Vereinigungen. Der Moschee-Verein in Moabit wird im jüngsten Bericht des Berliner Verfassungsschutzes als Islamisten-Treffpunkt geführt.

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