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Video: Abendschau | 10.12.2019 | Boris Hermel | Studiogespräch mit Sawsan Chebli (SPD) | Quelle: imago images/Olaf Wagner

rbb-Umfrage

Fast jeder Berliner Politiker wird beschimpft oder beleidigt

Wer in die Politik geht, braucht ein dickes Fell: Eine rbb-Umfrage unter Berliner Politikern zeigt, dass die allermeisten im Laufe ihrer Karriere schon beschimpft oder beleidigt wurden. Oft bleibt es nicht dabei. Von Florian Eckardt, Boris Hermel und Götz Gringmuth-Dallmer

Mehr als 90 Prozent der Berliner Politikerinnen und Politiker wurden im Laufe ihrer politischen Karriere schon beschimpft oder beleidigt. Das zeigt eine exklusive Umfrage des rbb. Befragt wurden die Parlamentarier des Abgeordnetenhauses, die Berliner Abgeordneten im  Bundestag, alle Bezirksbürgermeister und die Mitglieder des Senats.

Die Auswertung zeigt, dass Mitglieder aller Parteien von Beschimpfungen betroffen sind. Mehr als die Hälfte der PolitikerInnen wurde auch schon bedroht. Besonders stark betroffen sind Mitglieder der Parteien am linken und rechten Rand.

Insgesamt fragte der rbb 205 Berliner Politiker und Politikerinnen aller Parteien an, ob sie im Laufe ihrer politischen Karriere schon einmal beschimpft oder beleidigt worden sind – oder gar Opfer von Bedrohungen wurden. 157 Antworten gingen ein. Dabei ergibt sich ein klares Bild:  

Auf die Frage, ob sie schon einmal beschimpft oder beleidigt worden seien, antwortete eine große Mehrheit mit "Ja". 93,6 Prozent gaben an, schon einmal beschimpft oder beleidigt worden zu sein. Am stärksten trifft das Mitglieder der Parteien aus dem linken Spektrum. Alle befragten Politiker der Linken erklärten, beschimpft oder beleidigt worden zu sein. Dicht darauf folgen Politiker und Politikerinnen der SPD: Unter ihnen beantworteten 97,2 Prozent die Frage mit "Ja". Dahinter liegen die Grünen mit 96,7 Prozent und die AfD mit 90,5 Prozent. Bei der CDU gaben 84,6 Prozent an, schon einmal beschimpft oder beleidigt worden zu sein. Bei der FDP waren es 81,8 Prozent.

Offenbar bleibt es in vielen Fällen auch nicht bei der bloßen Beschimpfung: Mehr als die Hälfte der Politikerinnen und Politiker, die an der Umfrage teilnahmen, waren auch bereits Ziel von Bedrohungen.  

Besonders stark betroffen sind hier Politiker der AfD und der Linken: 76,2 Prozent der befragten AfD-Politiker und -Politikerinnen und 63,6 Prozent bei der Linken wurden im Laufe ihres politischen Lebens bedroht. Bei den Grünen waren es 60 Prozent, bei den SPD-PolitikerInnen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, waren es 44,4 Prozent.

Unter den Befragten von der CDU gaben 42,3 Prozent an, bereits bedroht worden zu sein,  bei der FDP sagten das 27,3 Prozent.

Mehr als die Hälfte wird regelmäßig bedroht

Die Antworten bei der Befragung zeigen auch, dass es sich bei den Beschimpfungen keineswegs um seltene Erlebnisse handelt: Mehr als die Hälfte der Befragten - 52,9 Prozent - gab an, dass sie fast täglich beschimpft und beleidigt werden, nämlich bis zu fünf Mal die Woche.

Besonders regelmäßig werden offenbar Mitglieder der Parteien des linken Spektrums beleidigt und beschimpft: Bei den Linken sind es 63,6 Prozent, gefolgt von der SPD mit 58,3 Prozent, die Frage entsprechend beantworteten.

Dahinter liegt die CDU: 57,7 Prozent der CDU-Politiker, die an der Umfrage teilnahmen, gaben an, sie würden bis zu fünfmal pro Woche beschimpft oder beleidigt. Bei den Grünen sind es 43,3 Prozent, bei der FDP 45,5 Prozent und bei der AfD 38,1 Prozent.

Die meisten Politiker erreichen die Beschimpfungen, Beleidigungen und Bedrohungen per E-Mail: 71,3 Prozent bekommen sie auf diesem Weg. Dahinter rangieren die Sozialen Medien:  Über Kanäle wie Facebook oder Twitter erreichen 68,2 Prozent der Teilnehmer Bedrohungen, Beschimpfungen oder Beleidigungen.

66,2 Prozent der teilnehmenden PolitikerInnen gaben an, auch schon bei persönlichen Treffen oder öffentlichen Veranstaltungen mit solcher "Kritik" konfrontiert worden zu sein. Auch mit der herkömmlichen Post kommt der Shitstorm an - und zwar bei 52,9 Prozent der Befragten.

Beitrag von Florian Eckardt, Boris Hermel und Götz Gringmuth-Dallmer

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