Nachfolgelösung für Neun-Euro-Ticket
Seit Mittwoch beraten die Verkehrsminister der Länder über eine Nachfolgelösung für das Neun-Euro-Ticket. Favorisiert ist wohl ein bundesweites 49-Euro-Ticket. Berlins Verkehrssenatorin Bettina Jarasch zeigte sich am Nachmittag optimistisch.
Die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister von Bund und Ländern haben sich mehrheitlich auf ein bundesweites 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr verständigt. Das berichtete der ARD-Sender "Radio Bremen" unter Berufung auf ein Eckpunktepapier vor dem Treffen der Verkehrsminister der Länder mit Bundesminister Volker Wissing (FDP) in Bremerhaven am Mittwoch. Das "Klimaticket Deutschland" soll es demnach im Jahresabo geben. Die Einigung steht aber noch aus.
Berlins Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) zeigte sich im Interview mit dem rbb am Mittwochnachmittag zuversichtlich, dass eine Einigung über ein bundesweites Nachfolgeticket für das Neun-Euro-Ticket zeitnah gelingen könnte. "Ich bin inzwischen wirklich zuversichtlich: Wir werden das hinbekommen", sagte Jarasch. Ihrer Einschätzung nach gebe es inzwischen eine breite Mehrheit für das 49-Euro-Ticket.
Der sich abzeichnenende Preis hätte den Vorteil, dass 49 Euro auch in einer Stadt wie Berlin noch für viele Menschen attraktiv wären, vor allem wegen der bundesweiten Gültigkeit. Außerdem deutete sie an, dass es möglich sein wird, das Ticket regional weiter auszugestalten. "Wir können ein solches Ticket nutzen, um es vor Ort noch mal zusätzlich zu rabattieren, also zusätzlich noch Angebote für soziale Gruppen zu machen, die jetzt schon zu anderen Konditionen unterwegs sind", sagte Jarasch. Als Beispiele nannte sie mögliche Job-Ticket-Angebote in Zusammenarbeit mit großen Arbeitgebern (wie bisher) und vergünstigte Tickets in Zusammenarbeit mit der Sozialverwaltung für Menschen, die aktuell den Berlin-Pass nutzen könnten.
Vor dem Treffen am Mittwoch hatte sich Jarasch noch etwas zurückhaltender ob des 49-Euro-Tickets geäußert. Auch weil es in einer Großstadt wie Berlin viele Menschen gebe, für die dieser Preis schon mehr sei, als sie sich leisten könnten. Sie hatte auch im Vorfeld deshalb bereits ein Ticket gefordert, auf dem die Länder aufsetzen könnten. Das ist nun offenbar in Aussicht.
Mit dem sich abzeichnenden Modell könne das Land Berlin den ÖPNV zu "einem ganz neuen Hebel machen für die Art von Mobilitätswende, an der wir schon so lange arbeiten", sagte Jarasch. Allerdings gebe es auch weiterhin Länder, die skeptisch seien. Deshalb müsse nun erst einmal der Beschluss gefasst werden, bevor sie ein konkretes Angebot für Berlin präsentieren will. Die Chance auf das Ticket nannte sie "einmalig".
Für Jaraschs Amtkollegen in Brandenburg, Guido Beermann (CDU), steht vor allem die Finanzierung eines länderübergreifenden Tickets im Vordergrund. Die steigenden Energiekosten würden ein erhebliches Loch in die Kassen der Verkehrsunternehmen reißen, teilte Beermann dem rbb im Vorfeld des Ministertreffens mit. "Wir brauchen dringend Klarheit darüber, wie die Finanzierung des ÖPNV aussehen soll."
Allein um das aktuelle Angebot des öffentlichen Nahverkehrs aufrechtzuerhalten, bräuchte man wegen der Energiekosten vom Bund zusätzlich 1,65 Milliarden Euro. Auch der nachhaltige Ausbau bedürfe weiterer Finanzierung, so der CDU-Politiker. "Die Länder bleiben bei Ihrer Forderung nach weiteren 1,5 Milliarden Euro Regionalisierungsmitteln, wenn die Verkehrswende ernsthafte Fortschritte machen soll."
Am Mittwochmorgen wurde Wissing im NDR gefragt, ob es ein 49-Euro-Ticket geben werde. "Das ist mein Plan, aber es gibt noch keine Einigung zwischen Bund und Ländern, weder über den Zeitpunkt, noch über einige Details des Tickets", sagte der Bundesverkehrsminister. Auf die Frage, ob er die Höhe des Preises von 49 Euro für zutreffend erklären könne, antwortete Wissing: "Ich kann bestätigen, dass das mein Wunsch ist und ich halte das auch für finanzierbar."
Der Verkehrsverbung Berlin-Brandenburg (VBB) teilte auf Nachfrage des rbb mit, dass man die Nachfolge-Diskussion um das Neun-Euro-Ticket regional wie auch auf Bundesebene beobachtet und begleitet. "Grundsätzlich setzen wir als Verkehrsverbund für zwei Bundesländer auf gebietsübergreifende Lösungen für alle", teilte ein Sprecher mit. Wegen der aktuellen Diskussion sei eine abschließende Bewertung noch offen und ohne finale Entscheidungen noch nicht möglich.
Das millionenfach gekaufte Neun-Euro-Ticket hatte im Juni, Juli und August für je einen Monat bundesweit Fahrten in Bus und Bahn ermöglicht. Die Ampel-Koalition im Bund hatte sich bereit erklärt, den Ländern für ein bundesweites Nahverkehrsticket jährlich 1,5 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen, wenn die Länder mindestens den gleichen Betrag zur Verfügung stellen. Als Zielvorgabe war ein Ticketpreis zwischen 49 und 69 Euro im Monat anvisiert worden.
Als vorübergehende Nachfolgelösung für das Neun-Euro-Ticket hatte der Berliner Senat das Angebot eines 29-Euro-Tickets eingeführt. Es gilt generell nur in Berlin und nur für die Tarifzonen A und B während der Monate Oktober, November und Dezember im Abo. Die Nachfrage ist groß. Bis Anfang Oktober wurden bereits 30.000 Tickets verkauft. Mit Brandenburg konnte man sich nicht auf eine gemeinsame Zwischenlösung einigen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 12.10.2022, 06:25 Uhr
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