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Quelle: dpa/Britta Pedersen

Kommentar | Brandenburger Impfgipfel

Keinen Spritzen-Wahlkampf, bitte!

Während die Brandenburgerinnen und Brandenburger auf ihre Impfungen warten, machen die Regierungsparteien Wahlkampf mit der Impfdebatte. Das nervt die Bürger und strapaziert den Koalitionsfrieden. Auch ein Impfgipfel wird da nicht viel heilen. Von Hanno Christ

Seit Monaten reibt sich die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und CDU an zwei Fragen. Erstens: Wie sollen die Impfstoffe von Astrazeneca, Biontech und Moderna am besten und schnellsten in den Oberarmen der Brandenburgerinnen und Brandenburger? Und zweitens: Wer kann das am besten organisieren?

Am Montag wollen die Verantwortlichen von Landesregierung, kreisfreien Städten, Kreisen, Krankenhausgesellschaft, Deutschem Roten Kreuz und der Kassenärztlichen Vereinigung auf einem Impfgipfel beraten, welchen Weg sie dafür einschlagen. Die Zahl der Impfungen hat deutlich angezogen, aber Brandenburg dümpelt im bundesweiten Impf-Vergleich beständig auf den hinteren Plätzen. Der versprochene "Impfturbo" hat in der Mark noch nicht gezündet. Gleichwohl ist das inzwischen zuständige Innenministerium bemüht, jede Woche Erfolgsmeldungen zu verkünden - auch auf Kosten der Koalitionspartner.

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Gezerre um Impfkompetenz

So prangte zuletzt auf der Seite der Landes-CDU ein Foto von Innenminister Michael Stübgen mit der Unterschrift "Der Impfminister liefert". Übersetzt heißt das auch: Andere haben nicht geliefert. Ein Nadelstich Richtung Gesundheitsministerium: Denn dort war die grüne Ministerin Ursula Nonnemacher bis vor kurzem noch für die Impforganisation zuständig, allerdings ziemlich auf sich allein gestellt. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) griff nicht ein, obwohl er wissen musste, dass sich das Gesundheitsministerium über Monate aufrieb.

Weil die Impfkampagne dann mächtig ruckelte, zog der Ministerpräsident schließlich die Reißleine. Fortan sollte es nun das CDU-geführte Innenministerium richten. Dessen Chef lieferte dann aber neue Schlagzeilen, zuletzt am vergangenen Donnerstag: Da forderte er die Gesundheitsminister der Länder auf, Erst- und Zweitimpfung auch an unterschiedlichen Orten zu ermöglichen. Alles andere wirke auf die Menschen wie ein "Schildbürgerstreich". Er habe Verständnis für die vielen Bürgerbeschwerden.

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In Kreisen des Gesundheitsministeriums sei diese Pressemitteilung als Kriegserklärung gedeutet worden, heißt es. Wen wundert es?

In der Landesregierung erliegen die Parteien derzeit der Versuchung, die emotionale Impfdebatte jeweils zu ihren Gunsten auszuschlachten. Dabei ist man bemüht, den Koalitionspartner möglichst unglücklich aussehen zu lassen. Die Bewältigung der Corona-Krise wurde stets als solidarischer Kraftakt ausgelobt. Der zerbröselt nun bei Muskelspielen einzelner Parteien und Ministerien.

Gezänk statt Impffortschritt

In einigen Wochen wird aller Voraussicht nach die Impfstoffknappheit Geschichte sein und das Gezerre darum eine Fußnote. Die Landesregierung hat dieses Zeitfenster zwischen Knappheit und Überfluss nun erfolgreich für Zank und Profilierung genutzt. Es hätte auch eine weitere "Feuertaufe" werden können, so wie die, von der nach der ersten Corona-Welle oft die Rede war. Stattdessen haben SPD, Grüne und CDU Mühe, den Koalitionsfrieden zu wahren.

Dabei muss man bezweifeln, dass sich im September in der Wahlkabine die Bürgerinnen und Bürgern daran erinnern werden, welche Partei und welcher Minister "geliefert" hat. Die Hauptsache ist, sie sind geimpft.

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