Kommentar | Brandenburger Impfgipfel - Keinen Spritzen-Wahlkampf, bitte!

Mo 10.05.21 | 16:41 Uhr
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Dietmar Woidke ( SPD. m), Ministerpräsident von Brandenburg, und Michael Stübgen (CDU), Minister des Innern und für Kommunales, und Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen) (Quelle: dpa/Britta Pedersen)
Bild: dpa/Britta Pedersen

Während die Brandenburgerinnen und Brandenburger auf ihre Impfungen warten, machen die Regierungsparteien Wahlkampf mit der Impfdebatte. Das nervt die Bürger und strapaziert den Koalitionsfrieden. Auch ein Impfgipfel wird da nicht viel heilen. Von Hanno Christ

Seit Monaten reibt sich die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und CDU an zwei Fragen. Erstens: Wie sollen die Impfstoffe von Astrazeneca, Biontech und Moderna am besten und schnellsten in den Oberarmen der Brandenburgerinnen und Brandenburger? Und zweitens: Wer kann das am besten organisieren?

Am Montag wollen die Verantwortlichen von Landesregierung, kreisfreien Städten, Kreisen, Krankenhausgesellschaft, Deutschem Roten Kreuz und der Kassenärztlichen Vereinigung auf einem Impfgipfel beraten, welchen Weg sie dafür einschlagen. Die Zahl der Impfungen hat deutlich angezogen, aber Brandenburg dümpelt im bundesweiten Impf-Vergleich beständig auf den hinteren Plätzen. Der versprochene "Impfturbo" hat in der Mark noch nicht gezündet. Gleichwohl ist das inzwischen zuständige Innenministerium bemüht, jede Woche Erfolgsmeldungen zu verkünden - auch auf Kosten der Koalitionspartner.

Gezerre um Impfkompetenz

So prangte zuletzt auf der Seite der Landes-CDU ein Foto von Innenminister Michael Stübgen mit der Unterschrift "Der Impfminister liefert". Übersetzt heißt das auch: Andere haben nicht geliefert. Ein Nadelstich Richtung Gesundheitsministerium: Denn dort war die grüne Ministerin Ursula Nonnemacher bis vor kurzem noch für die Impforganisation zuständig, allerdings ziemlich auf sich allein gestellt. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) griff nicht ein, obwohl er wissen musste, dass sich das Gesundheitsministerium über Monate aufrieb.

Weil die Impfkampagne dann mächtig ruckelte, zog der Ministerpräsident schließlich die Reißleine. Fortan sollte es nun das CDU-geführte Innenministerium richten. Dessen Chef lieferte dann aber neue Schlagzeilen, zuletzt am vergangenen Donnerstag: Da forderte er die Gesundheitsminister der Länder auf, Erst- und Zweitimpfung auch an unterschiedlichen Orten zu ermöglichen. Alles andere wirke auf die Menschen wie ein "Schildbürgerstreich". Er habe Verständnis für die vielen Bürgerbeschwerden.

Solidarität wird von Wahlkampf verdrängt

In Kreisen des Gesundheitsministeriums sei diese Pressemitteilung als Kriegserklärung gedeutet worden, heißt es. Wen wundert es?

In der Landesregierung erliegen die Parteien derzeit der Versuchung, die emotionale Impfdebatte jeweils zu ihren Gunsten auszuschlachten. Dabei ist man bemüht, den Koalitionspartner möglichst unglücklich aussehen zu lassen. Die Bewältigung der Corona-Krise wurde stets als solidarischer Kraftakt ausgelobt. Der zerbröselt nun bei Muskelspielen einzelner Parteien und Ministerien.

Gezänk statt Impffortschritt

In einigen Wochen wird aller Voraussicht nach die Impfstoffknappheit Geschichte sein und das Gezerre darum eine Fußnote. Die Landesregierung hat dieses Zeitfenster zwischen Knappheit und Überfluss nun erfolgreich für Zank und Profilierung genutzt. Es hätte auch eine weitere "Feuertaufe" werden können, so wie die, von der nach der ersten Corona-Welle oft die Rede war. Stattdessen haben SPD, Grüne und CDU Mühe, den Koalitionsfrieden zu wahren.

Dabei muss man bezweifeln, dass sich im September in der Wahlkabine die Bürgerinnen und Bürgern daran erinnern werden, welche Partei und welcher Minister "geliefert" hat. Die Hauptsache ist, sie sind geimpft.

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17 Kommentare

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  1. 16.

    Werden seit gestern die Coronazahlen manipuliert, um schnell alles öffnen zu können ?

  2. 15.

    Und in einem sind sich alle sicher:

    Wir wern belochen und betrochen.

    Zumal "die Brandenburgerinnen und Brandenburger auf ihre Impfungen warten".

    Mit Verlaub, man kann dieses ewige Genörgele nicht mehr ertragen.
    Da wird gemeckert das Hausärzte nicht impfen. Und das man keine Behandlungstermine bekommt, weil Hausärzte nur noch impfen.
    Da wird gemault das Impzentren nicht fußläufig erreichbar sind und gemeckert, warum sie nicht endlich geschlossen werden, weil sie ja nur ganz doll viel kosten und den Ärzten den Impfstoff wegnehmen.
    Und die Brandenburgerinnen und Brandenburger warten auf ihre Impfungen. Genau so wie die Bayerinnen und Bayern, die Hamburgerinnen und Hamburger usw usf. Nur dort konstruiert man daraus nicht den ewigen Opfermythos.
    Andererseits: Die Bekämpfung der nächsten Pandemie sollten wir konsequent der versammelten Youtubeintelligenzia überlassen.
    Dann werden wir schon sehen, was wir davon haben.

  3. 14.

    Man kann es nicht mehr hören, es fehlt Impfstoff, aber nur in Brandenburg, im NRW wird er sogar über Ebay kostenlos angeboten. Was hat denn Herr Stübgen mit seiner großen Kommission bisher erreicht, eigentlich gar nichts, was Frau Nonnemacher schon gemacht hat. Seit 26. April bemühe ich mich täglich telefonisch und online um einen Termin, zähle zur Prioritätenliste 3, ohne Erfolg. Traurig armes Brandenburg.

  4. 13.

    Der MP von SH erklärt, dass er AZ von Dänemark geliehen bekommt. Zum totlachen. Dänemark hat AZ und JJ gestrichen, da die verantwortungsvoll handeln.

    Aber was soll er als Politiker denn sonst sagen? Wenn er einräumt, dass er die Brotkrumen vom dänischen Tisch bekommt, kommt er in Erklärungsnot. Würden sie sich an seiner Stelle vor den Medien hinstellen und das einräumen?
    In der Endkonsequenz fragt noch jemand, weshalb man in D die deutschen Rentner als Versuchskaninchen einsetzen und weshalb v.d.L. neue Verträge über 1,8 Mrd. Dosen Biotech geschlossen hat und kein AZ mehr kaufen wird. Das wäre ja ein Politikum höchstem Range.
    Und Spahn maßt sich an, dazu Entscheidungen zu fällen.

  5. 12.

    ... Öffnungs-Wahlkampf.. alles schon seit Monaten im Gange.

  6. 11.

    Mit Sicherheit, man hätte es nur organisieren müssen. In MeckPom war die Bereitschaft der nicht mehr praktizierenden Ärzte auch sehr hoch. Nur gab/gibt es in Brandenburg kein vernünftiges Management.

  7. 10.

    "Sie haben das in ihrem Kommentar sehr gut zusammengefasst." Danke!
    Zu glauben dass dieses Desaster vom Wähler vergessen wird ist doch wohl ein Witz.
    Die Pandemie, Maskenaffaire, das Impfstoffdesaster und die Terminvergabe werden die Bürger noch lange in Erinnerung behalten.

  8. 9.

    Im Impfgipfel-Resumee befürchtet KVVB Ärztemangel durch den Einsatz der Ärzte in Praxis und Impfzentrum. Als Arzt i.R. wäre ich zum ehrenamtlichen Einsatz im Impfzentrum bereit und die Praxisärzte entlastet. So wie ich denkt sicher eine große Zahl von Ärzten im Ruhestand.

  9. 8.

    Da ich dieses monatelange ImpfDesaster in Brandenburg verfolgt habe, werde ich dies in der Wahlkabine bestimmt nicht vergessen. Eine Landesregierung die so Überfordert, stümperhafte Handlungen und unsinnige Entscheidungen trifft, da wird mir Angst wenn es mal richtig schlimm werden könnte/sollte. Wenn die Brandenburger das in der Wahlkabine vergessen, na dann kann es ja nicht so schlimm mit dem Impfen sein, dann brauch man sich auch nicht aufregen.
    Es wurde Zeit das das RBB24 endlich ein wenig in die Wunde sticht, ich hab mich schon gefühlt wie vor der Wende.

  10. 7.

    "In einigen Wochen...". Das hören die Bürger*Innen nun schon die ganze Zeit in Brandenburg. Fakt ist, der MP Woidke (SPD) trägt die Verantwortung für sein Kabinett und dem Impfdesaster. Fazit: Nicht geliefert. Frau Nonnemacher (Grüne)? Fazit: Nicht geliefert. Herr Stübgen (CDU)? Fazit: Nicht geliefert. Und keine der drei Parteien oder Personen sollte über die anderen herziehen geschweige mit diesem unsäglichen Thema Wahlkampf betreiben. Alle drei haben es an wirklichen Initiativen fehlen lassen.

  11. 6.

    Ich schäme mich mitnichten Brandenburger zu sein. Das einzige worüber man sich schämen könnte ist das man von soetwas Unfähigem regiert wird.

  12. 5.

    Dabei muss man bezweifeln, dass sich im September in der Wahlkabine die Bürgerinnen und Bürgern daran erinnern werden, welche Partei und welcher Minister "geliefert" hat. Die Hauptsache ist, sie sind geimpft.
    Ich hoffe Sie haben nicht recht. Ich fürchte aber das dem so sein wird. Falls überhaupt in diesem Jahr "Pandemie bedingt" Wahlen stattfinden werden. Erinnert sich jemand an das Gedicht Denk ich an Deutschland in der Nacht... Na dann, Gute Nacht

  13. 4.

    Na endlich findet auch der rbb24 das richtige Thema! Viel zu lange habt Ihr gezögert. Man schämt sich, Brandenburger zu sein. Die sollten endlich alle zurück treten!!

  14. 3.

    Nach den ganzen Desastern,würde ich keinen Mucks mehr von mit geben und einfach demütig meine Arbeit machen...
    Ob wohl dieses Jahr der Wahlkampf Face(Politiker) to Face (Bürger)stattfindet?
    Ich hätte sehr viele Fragen ...

  15. 2.

    Keine Angst, die Bürger werden sich erinnern, vor allem welche Personen aus welchen Parteien in Sachen Beschaffung, Verteilung und Organisation der Impfung so erfolgreich geliefert haben. Nicht zu vergessen, die Parteimitglieder, die sich als erste Amtshandlung bereichert haben. Auch über die Verantwortung für das fast explodierte Gesundheitssystem im stationären Bereich dürfte noch zu reden sein.

  16. 1.

    „Brandenburg. Es kann so einfach sein“, steht zu lesen... den Bürger im Stich zu lassen, möchte ich dazufügen. Streitigkeiten und Kompetenzgerangel auf Kosten des Impffortschritts. "Weiter so Brandenburg" vielleicht der neue Slogan.

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