Koalitionsverhandlungen in Brandenburg - Rot-Schwarz-Grün einigt sich bei der Polizei

Sa 12.10.19 | 22:28 Uhr
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Symbolbild: Dietmar Woidke besucht die Fachhochschule der Polizei. (Quelle: dpa/Bernd Settnik)
Video: Brandenburg Aktuell | 12.10.2019 | I. Alboga, S. Teistler | Bild: dpa/Bernd Settnik

Bei den Koalitionsgesprächen in Potsdam ging es am Samstag um Inneres. Während der Streit um die dauerhafte Kennzeichenerfassung auf Brandenburger Autobahnen vertagt wurde, einigte sich die Verhandlungsrunde bei der Polizei.

In Brandenburg soll es künftig einen Polizei-Beauftragten und eine Polizei-Beschwerdestelle für Bürger geben. Darauf haben sich die möglichen Koalitionspartner von SPD, CDU und Bündnisgrünen bei ihren Verhandlungen in Potsdam geeinigt. Außerdem soll die Zahl der Stellen bei Polizei und Justiz deutlich steigen.

Die geplante Polizei-Beschwerdestelle für Bürger sei kein Misstrauensvotum gegen die Brandenburger Beamten, so Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Es gehe vor allem um mehr Transparenz. Zudem soll sich der neue Polizeibeauftragte im Landtag speziell um die Belange der Polizeibeamten kümmern und auch einen jährlichen Bericht vorlegen.

Zahl der Polizisten soll um 300 erhöht werden

Brandenburger Polizisten selbst sollen laut rot-schwarz-grüner Vereinbarung künftig im Einzelfall beantragen können, dass sie bei Einsätzen nicht mehr namentlich gekennzeichnet werden – wenn eine konkrete Bedrohung vorliegt. Dies sei auch aus ihrer Sicht eine angemessene Lösung, so Grünen-Verhandlungsführerin Ursula Nonnemacher.

Zudem will eine mögliche Kenia-Koalition die Zahl der Stellen bei der Brandenburger Polizei im Laufe der nächsten fünf Jahre von derzeit rund 8.200 auf 8.500 erhöhen; mehr Justizpersonal soll die oft langen Verfahrenszeiten an den Gerichten deutlich verkürzen. Außerdem wollen SPD, CDU und Grüne die zuletzt eingeführte Retterprämie für ehrenamtliche Brand- und Katastrophenschützer beibehalten und falls möglich ausweiten – dabei gehe es nicht nur um die Höhe der Prämie, so SPD-Chef Woidke, sondern auch um weitere Personengruppen, die dafür in Frage kämen. Ob und welche Vorhaben finanzierbar sind, das will die Verhandlungsgruppe bis zum kommenden Wochenende ausloten.

Aufnahme von 200 Flüchtlingen jährlich

Grünen-Fraktionschefin Nonnenmacher gab außerdem bekannt, dass Brandenburg künftig 200 Flüchtlinge pro Jahr aus humanitären Gründen aufnehmen wird. "Wir haben uns auf zwei sehr ambitionierte Programme verständigt", sagte Nonnemacher nach der Verhandlungsrunde zur Innen- und Flüchtlingspolitik in Potsdam. Diese Programme sollen in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen und den Kirchen umgesetzt werden. In diesem Jahr hat in Brandenburg bereits die Aufnahme von mehr als 70 bedrohten und traumatisierten Jesidinnen aus dem Irak begonnen.

Koalitionsrunde vertagt Streit über "KESY"

Einer der Haupt-Streitpunkte wurde derweil vertagt: die dauerhafte Kennzeichenerfassung ("KESY") auf Brandenburger Autobahnen. Hier soll zunächst ein Urteil des Landesverfassungsgerichts und ein Gutachten der Landes-Datenschutzbeauftragten Dagmar Hartge abgewartet werden. Das teilte Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher nach der Verhandlungsrunde mit.

Die SPD sieht in "KESY" ein wichtiges Hilfsmittel für die Brandenburger Polizei, um Straftaten aufzuklären. Die Grünen wollen die automatische Erfassung stoppen. Die Piratenpartei hat gegen das Projekt Klage beim Landesverfassungsgericht eingereicht.

Bis nächste Woche soll der Koalitionsvertrag stehen

Am vergangenen Montag waren die Gespräche in die entscheidende Phase gegangen. Nachdem die Fachpolitiker zwei Wochen lang in sieben Arbeitsgruppen diskutiert hatten, kommen SPD, CDU und Grüne seitdem wieder täglich in der großen Verhandlungsrunde zusammen. Zuletzt ging es unter anderem um Arbeit, Gesundheit und Soziales, um Schulen und Kitas sowie um die Stärkung der Regionen durch sogenannte Regionalkoordinatoren.

In der kommenden Woche will Rot-Schwarz-Grün die Gespräche abschließen. Dann entscheiden die drei Parteien, ob ihre Vereinbarungen finanzierbar sind und stimmen getrennt über einen Koalitionsvertrag ab.

Sendung: Inforadio, 12.10.2019, 17.00 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    In NRW sollen in denn Jahren bis 2022 wieder deutlich mehr Polizisten eingestellt werden. Aber nach Berechnungen der GdP werden bis 2022 nur 450 zúsätzliche Polizisten in NRW verfügbar sein als in den Ruhestand gehen. Eigentlich sollten knapp 1000 zusätzliche Polizisten bis dahin ausgebildet sein. Es fallen aktuell mehr als 16 Prozent der Anwärter durch das Studium oder brechen vorzeitig die Ausbildung ab. Somit wird es nichts, mit mehr Polizisten auf der Strasse und in den Revieren. Denn verteilt man mal 450 Polizisten auf ganz NRW, wird man sich denken können, wieviele Beamte dann auf den Revieren auch ankommen.

  2. 5.

    Mehr Polizei ist sicherlich ein guter Anfang. Aber: bei soviel Misstrauen und bundesweit äußerst geringer Besoldung, wer möchte noch zur Polizei nach Brandenburg? Die Qualität der Bewerber ist seit Jahren abnehmend. Wie wäre es denn mit einem Beauftragten für Ehrlichkeit? Der könnte dann den tatsächlichen Zustand der Polizei kommunizieren.

  3. 4.

    Die Grünen verraten einfach mal alle ihre Wähler xD

  4. 3.

    So hätte es bereits seit 2011 aussehen müssen wenn man bis 2025 auf 8500 Polizisten kommen will...
    Entwicklung Personal der Polizei 2010 bis 2025
    5511 Summe der regulären Pensionäre bis 2010-2025
    476 vorzeitiges Ausscheiden
    100 Neueinstellungen im Jahr 2010
    4788 Neueinstellungen im Jahr 2011-2025 (342 Beamte x 14 Jahre)
    8509 Personalbestand 2025 9 Beamte über der Sollzahl 8500
    Leider sind seit 2011 kaum mehr als 200 Polizisten p.a. jährlich im Dienst angekommen... Die hätten mal sagen sollen wie viele die jährlich einstellen wollen....

  5. 2.

    Mehr Personal statt immer mehr Eingriffe in die Bürgerrechte ist der richtige Weg um Polizei und Justiz zu stärken.

  6. 1.

    Wo man neue Anwärter für den Beruf der Polizist*en finden wird, wie die Ausbildungsstätten verbessert und angepasst werden und dergleichen mehr, darüber wird wohl noch nicht verhandelt.?

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