Koalitionsverhandlungen in Brandenburg - Kenia-Unterhändler setzen Signale bei Mindestlohn und Pflege

Do 10.10.19 | 20:36 Uhr
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Michael Stübgen (li.), kommissarischer Landesvorsitzender der CDU, Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg und Ursula Nonnemacher, Spitzenkandidatin der Brandenburger Grünen (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Video: rbb24 | 10.10.2019 | 13 Uhr | Bild: dpa/Monika Skolimowska

Bei den Koalitionsgesprächen in Potsdam ging es am Donnerstag um Arbeit, Gesundheit und Pflege. Unter anderem haben sich SPD, CDU und Grüne dabei auf einen höheren Mindestlohn bei öffentlichen Aufträgen und auf einen Pflegepakt verständigt.

In ihrer aktuellen Verhandlungsrunde zu einer möglichen Kenia-Koalition in Potsdam haben sich die Vertreter von CDU, SPD und Grünen am Donnerstag auf eine Anhebung des Mindestlohns bei öffentlichen Aufträgen auf 13 Euro und auf einen "Pakt für Pflege" geeinigt. Zudem sollen im Rahmen der Gesundheitsversorgung alle Krankenhausstandorte in Brandenburg erhalten bleiben. Das sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nach dem Treffen von Schwarz-Rot-Grün zu Arbeits- und Gesundheitspolitik.

Mindestlohn-Erhöhung auch ein Signal an den Bund

Die Verhandlungsrunde habe eine Anhebung des Mindestlohns bei öffentlichen Aufträgen in einem Schritt von derzeit 10,50 Euro auf 13 Euro in der kommenden Legislaturperiode beschlossen, sagte Woidke. Einen Zeitpunkt konnte er nicht nennen. "Das kann in ein oder zwei Jahren passieren", meinte der Regierungschef.

Die Erhöhung sei auch ein Signal an den Bund, beim Mindestlohn weiterzugehen. Allerdings müsse der bürokratische Aufwand für die Kommunen bei der Vergabe von Aufträgen beachtet werden, betonte Woidke. Zudem sollen die Unternehmen auf die Zahlung von Tariflöhnen verpflichtet werden. Derzeit liegt der Vergabe-Mindestlohn in Brandenburg bei 10,50 Euro und bundesweit bei 9,19 Euro.

"Wir wollen diesen Vergabe-Mindestlohn und wir wollen auch die Tariftreue", sagte auch der kommissarische CDU-Landeschef Michael Stübgen. Allerdings müsse darauf geachtet werden, dass Kleinunternehmer nicht zu sehr belastet würden. Daher sei eine entscheidende Frage, ab welchem Auftragsvolumen diese Regelungen greifen sollten. Derzeit liegt die Grenze in Brandenburg bei 3.000 Euro. Auch bei den Grünen gibt es positive Signale für die Anhebung des Mindestlohns und die Tariftreue-Klausel.

Förderprogramm für Pflegefachkräfte

Ferner verständigten sich SPD, CDU und Grüne am Donnerstag auf einen "Pakt für Pflege". Unter anderem beinhaltet dieser ein Förderprogramm für die "Pflege vor Ort" und eine Unterstützung der Ausbildung von Pflegefachkräften, sagte Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher. Zudem seien ein Investitionsprogramm für Kurz- und Tagespflegeplätze sowie ein Ausbau der Pflegestützpunkte auf dem Land geplant. Dafür sei ein zweistelliger Millionenbetrag vorgesehen. "Wir denken, dass wir damit ein deutliches Zeichen setzen, dass uns die Situation der Pflegebedürftigen sehr am Herzen liegt", sagte Nonnemacher.

Darüber hinaus hätten die Mitglieder der potenziellen Kenia-Koalition den Erhalt aller Krankenhausstandorte im Land beschlossen, sagte Woidke. In die Klinken sollen demnach jährlich mehr als 100 Millionen Euro investiert werden. Allerdings sollen Kliniken auf dem Land zu Gesundheitszentren ausgebaut werden, in denen die Ärzte neben der stationären Behandlung auch ambulante Behandlung anbieten, wie Nonnemacher erläuterte.

Eigener Beauftragter für Jugendliche und Senioren

"Wir haben in Brandenburg sehr viele Menschen im hohen Alter, und wir haben jetzt schon massive Probleme bei der Fachkräftegewinnung", sagte Nonnemacher. An den Bund gehe die Forderung, die Pflegekosten zu deckeln, betonte sie. "Wir haben seit vielen Monaten das massive Problem, dass Angehörige und Pflegebedürftige durch Tarifsteigerungen und andere Kostensteigerungen einen immer höheren Eigenanteil zu zahlen haben und daher ist so ein Appell ein sehr wichtiger."

Beschlossen wurde nach Angaben von Stübgen auch die Bestellung von einem Jugend- und einem Seniorenbeauftragten. Diese sollen bei der Landesregierung angesiedelt werden und die Interessen dieser Bevölkerungsgruppen vertreten.

Bis nächste Woche soll der Koalitionsvertrag stehen

Am Samstag sollen die rot-schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen mit Beratungen zur Innenpolitik fortgesetzt werden. In den Sondierungen hatten sich die Parteien bereits auf eine Anhebung der Zahl der Polizisten von derzeit 8.250 auf 8.500 geeinigt.

Am vergangenen Montag waren die Gespräche in die entscheidende Phase gegangen. Nachdem die Fachpolitiker zwei Wochen lang in sieben Arbeitsgruppen diskutiert hatten, kommen SPD, CDU und Grüne nun wieder täglich in der großen Verhandlungsrunde zusammen. Zuletzt ging es unter anderem um Schulen und Kitas, sowie um die Stärkung der Regionen durch sogenannte Regionalkoordinatoren.

In der kommenden Woche will Rot-Schwarz-Grün die Gespräche abschließen. Dann entscheiden die drei Parteien, ob ihre Vereinbarungen finanzierbar sind und stimmen getrennt über einen Koalitionsvertrag ab.

Sendung: rbb24, 10.10.2019, 13 Uhr

8 Kommentare

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  1. 8.

    Und gibt es jetzt Westlohn für alle Brandenburger Arbeitnehmer per Gesetz. Wäre doch mal ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung und gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

    Immerhin sind es ja die 3 Mainstream Parteien die sich da zusammen tun Liberale Grùne, liberalkonservative Cdu und difusse Spd .

  2. 7.

    Die Vergütungsbedingungen für zahlreiche Pflegekräfte sind unakzeptabel. Die Löhne für ausgebildete Fachkräfte die auch Sonntags und in den Nächten arbeiten sind ungenügend. Hier müssen flächendeckend Tariflöhne durchgesetzt werden um die Ausbeutung (menschlich gemeinnütziger) Arbeit zu beenden. / Die SPD hat Ausnahmen von Mindestlöhnen bei Pflichtpraktikanten, Freiberuflern, Selbstständigen, Langzeitarbeitslosen, Zeitungszustellern zugestimmt. Das muss korrigiert werden. / Die kriminelle Behinderung von gewerkschafticher und betriebsrätlicher Betätigung muss viel öffentlicher und bestraft werden. Das sogenannte "Union-Busting" verbreitet sich immer mehr. / Ausbeutung durch Lohndumping und Werkverträge breiten sich immer weiter aus.
    Es gibt noch sehr viel zu tun bzw. zu bekämpfen.

  3. 6.

    Das Vorhaben ist zu begrüßen.

    Dass Tarifbeschäftigte fast immer mehr verdienen als Nichttarifbeschäftigte ist Fakt. Die schwindende Tarifbindung bedeutet nicht nur weniger Netto bei den Beschäftigten, sondern auch weniger Einzahlungen in die Sozialversicherungen (Arbeitslosen-, Renten-, Pflege- und Krankenversicherung) und weniger Steuereinnahmen (Einkommensteuer).
    Der DGB hat nun berechnet, wie hoch diese „Kosten“ sind. Bei einer flächendeckenden Tarifbindung hätten die Sozialversicherungen deutschlandweit jährliche Mehreinnahmen von knapp 25 Milliarden Euro, die Einnahmen aus der Einkommensteuer lägen knapp 15 Milliarden Euro höher, die Kaufkraft der Beschäftigten wäre gut 35 Milliarden Euro stärker!(Quelle: DGB klartext, 9.10.19)
    Die kleinen und mittleren Einkommen geben das Geld meist sofort wieder aus und sorgen so für zusätzliche Steuereinnahmen.
    Daher sollte die Politik vor allem auch die flächendeckende Tarifbindung fördern.

  4. 5.

    Das darf natürlich auch nicht sein. Die Menschen mit einer abgeschlossenen Ausbildung müssen dem entsprechend mehr verdienen.

  5. 4.

    Die Erfolgsstory vergabefremder Aspekte bei der Vergabe von Aufträgen kann man sich anschauen: Flughafen BER

  6. 3.

    Wenn das so weiter geht, dann verdiene ich als Facharbeiter ja auch bald nur noch Mindestlohn. Wo bleibt denn da der Abstand zur Ausbildung

  7. 2.

    Die wollten dort bei diesem Thema nichts anderes beschließen!

  8. 1.

    Das sollte Berlin gleich nachmachen.

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