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Audio: Inforadio | Di 02.08.22 | Weiskirch, Ph. | Quelle: IMAGO/Picture Point

Unions Spielsystem

Mit drei Stürmern zur taktischen Varibialität

Union lag in Chemnitz hinten. Dann setzte Urs Fischer auf eine Formation mit drei Angreifern und seine Mannschaft traf. Dieses Beispiel könnte schon im Derby gegen Hertha BSC Schule machen, denn der Wechsel passt zum Kader. Von Till Oppermann

In der 63. Minute des Erstrunden-Pokalspiels gegen den Chemnitzer FC hatte Union-Trainer Urs Fischer genug gesehen. Direkt nachdem der Regionalligist nach einer Ecke die 1:0-Führung erzielt hatte, wechselte er den blassen Mittelfeldspieler Janik Haberer aus.

Für diesen kam Angreifer Andreas Voglsammer, Union stellte vom 5-3-2-System mit drei Mittelfeldspielern auf ein 5-2-3-System mit drei Angreifern um. Sekunden später tauchte Voglsammer links im Strafraum auf und spitzelte den Ball auf Mittelstürmer Jordan Siebatcheu. Der US-Amerikaner verwandelte mit einem artistischen Fallrückzieher zum Ausgleich.

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Drei Lehren aus dem Tor in Chemnitz

Spätestens seit dem Abgang von Spielmacher Max Kruse war in der Vorsaison an Unions 5-3-2-System mit drei Innenverteidigern, drei zentralen Mittelfeldspielern und zwei Sturmspitzen nichts mehr zu rütteln. In dieser Saison könnte sich das aus verschiedenen Gründen ändern, diese lassen sich gut mit der Szene nach Voglsammers Einwechslung erklären.

Erstens ist Unions neuer Mittelstürmer Jordan Siebatcheu ein anderer Spielertyp als sein Vorgänger Taiwo Awoniyi, zweitens hat Union seit diesem Sommer noch mehr Spieler, die gerne auf der Außenbahn spielen und drittens können variable Mannschaften, die gerne verschiedene Systeme spielen ihre Gegner besser überraschen – wie Union die Chemnitzer mit dem schnellen Ausgleich.

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Der Unterschied zwischen Siebatcheu und Awoniyi

Jordan Siebatcheu ist nicht Taiwo Awoniyi. Was klingt wie der trivialste Satz, hat direkte Auswirkungen auf den Fußball der Eisernen. Awoniyi ist am besten, wenn er viel Platz vor sich hat und in die Tiefe starten kann. Siebatcheu zeigte eine seiner Spezialitäten bei seinem Tor in Chemnitz: Mit dem Rücken zum Tor drehte er sich artistisch in der Luft und traf per Volley. Der 26-Jährige fühlt sich im Strafraum wohl und ist dank seines beeindruckenden Körperbaus (1,90 Meter, 90 Kilogramm) in der Lage, sich Platz zu verschaffen.

Seine starke Technik erlaubt es ihm, trotz wenig Platz zum Abschluss zu kommen. Damit er diese Stärken optimal ausspielen kann und sich nicht in deutlich tieferen Zonen beim Spielaufbau verausgabt, braucht es gute Zuspiele. Mit zwei Flügelstürmern an seiner Seite fühlt sich Siebatcheu besonders wohl – also in Formationen wie dem 5-2-3 in Chemnitz oder einem 4-3-3, das Union in der Vorbereitung bereits testete.

Die neue Kaderstruktur

Und jenes 4-3-3-System passt zu den Transfers, die Oliver Ruhnert im Sommer tätigte. Denn insbesondere im zentralen Mittelfeld hat Union derart fleißig nachgelegt, dass eine Aufstellung mit nur zwei Zentralen für einigen Frust im Kader sorgen könnte. Rani Khedira, Genki Haraguchi, Andras Schäfer, Levin Öztunali und Kevin Möhwald haben mit Haberer, Morten Thorsby, Paul Seguin und Milos Pantovic gleich vier neue Konkurrenten auf die zwei bis drei Plätze bekommen. Hier sei der Kader "eindeutig zu groß", sagt sogar Trainer Urs Fischer.

Dafür hat er auf den offensiven Flügelpositionen endlich mehr Auswahl. Mit Voglsammer, Sheraldo Becker und Sven Michel standen in der letzten Saison drei Angreifer zur Verfügung, die auch auf dem Flügel spielen können. Im Sommer wurde das Trio um Tim Skarke und den U-21-Nationalspieler Jamie Leweling ergänzt. Letzterer sagt: "Ich bin schon der Flügelspieler, ich komme sehr gerne über außen." Siebatcheu würde sich darüber sicherlich freuen.

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Union muss variabler spielen

Nach dem Spiel in Chemnitz sparte Manager Ruhnert nicht an Kritik. Im Ballbesitz habe die Mannschaft "ungenügend" agiert. "Wir haben wir uns schwergetan und nicht das umgesetzt, was wir machen wollten", ergänzte Trainer Fischer. "Aber die Mannschaft hat gut reagiert, gerade nach dem Rückstand." Auch weil sie der Trainer mit seinem Wechsel etwas geschubst hat.

Wenn sich Union nach dem hervorragenden fünften Platz in der Bundesliga als Mannschaft noch weiterentwickeln kann, dann in Bezug auf die taktische Variabilität. In der letzten Saison setzte der 1. FC Union in 44 von 45 Pflichtspielen auf eine Variation des 3-5-2-Systems. Gerade gegen Gegner, denen es gelang Union die Ballkontrolle aufzuzwingen und hinter der Abwehr den Raum für Awoniyis und Beckers Tiefenläufe zu schließen, tat sich die Mannschaft her.

Hier brauchen die Eisernen einen Plan B. In Anbetracht der Transfers rechnen sie sich dabei wohl auch druckvolle Angriffe über Flügelstürmer in einem Dreierangriff aus. Wechsel zwischen dem gewohnten 5-3-2 und Varianten mit drei Stürmern sorgen dafür, dass Gegner die Fischer-Elf schwerer ausrechnen können. Oliver Ruhnert erklärte die Schwierigkeiten in Chemnitz folgendermaßen: "Wir haben die Tiefe nicht gefunden, sind nicht nachgerückt und standen mit vier, fünf Leuten teilweise hinten."

Auch gegen Hertha ist die Umstellung eine Option

Sollte das auch in der Bundesliga passieren, stehen Urs Fischer nun mehr Möglichkeiten zur Verfügung, mit einer neuen Formation zu reagieren. Schon im Stadtderby gegen Hertha BSC am kommenden Wochenende ist das denkbar. Nach Herthas Aus in Braunschweig versprach der neue Trainer Sandro Schwarz eine genaue Analyse und kritisierte die Konterabsicherung seines Teams. Auch Urs Fischer sah nach dem Union-Auftritt in Chemnitz Gesprächsbedarf und kündigte ebenfalls eine akribische Analyse an. "Wir müssen uns steigern", fuhr er fort. In Chemnitz verhalf seine Umstellung auf drei Stürmer der Mannschaft immerhin zumindest zu einer kleinen Steigerung.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.08.2022, 09:15 Uhr

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